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"Es ist doch eine fremde, seltsame Welt"

Leuchtende, kräftige Farben und ein strahlend blauer Himmel unterstreichen die herrliche Idylle der kleinen Stadt Lumberton. Was zunächst wie ein Werbefilm für amerikanisches Kleinstadtleben anmutet, wird jäh unterbrochen als die Kamera durch das saftige Grün des Rasens sinkt und den Untergrund beleuchtet. Hier herrscht der Kampf der Insekten und der Schein der schönen Welt wird ausgeblendet.

Jeffrey ist auf dem Weg zu seinem Vater ins Krankenhaus. Auf einem in der Nähe liegendem Grundstück, findet er ein menschliches Ohr. Schon bald hat er Interesse am Geheimnis des Fundstücks und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dadurch rutscht er immer tiefer in den Abgrund menschlicher Kälte und Perversion. Doch er scheint trotz großer Gefahr, die neue Welt für äußerst interessant zu halten.

Mit dem Namen David Lynch bringt man inzwischen ja hauptsächlich verschachteltes Kopfkino in Verbindung, dabei lieferte er ja nicht grundsätzlich die gleichen Zutaten ab. "Blue Velvet" ist beispielsweise ein relativ geradliniger Thriller dem man problemlos folgen kann. Trotzdem ist er nicht einfach und hat das damalige Publikum ziemlich schockiert. Für einen "normalen" Film ist er nämlich viel zu bizarr. In vielen Einstellungen kann man nämlich auch schon Verweise für seine späteren Werke finden. Auf der einen Seite gibt es natürlich klassische Thriller-Spannung, aber auf der anderen, dunkleren Seite, gibt es seltsame Charaktere, surreal wirkende Einstellungen und Taten. Beides ist ganz großes Kino!

Dennis Hopper hat hier einen der fiesesten Charaktere der Filmgeschichte zu bieten und das spielt er dermaßen intensiv, das die Figur für immer im Kopf bleiben wird. Er ist nicht der klassische Gangster den man berechnen kann, sondern man hat einfach Angst vor seinen Gewaltausbrüchen. Auch Isabella Rossellini ist in diesem Film einfach atemberaubend. Man nimmt ihr die Frau auf dem absteigenden Ast, in jeder Sekunde ab und ist von ihr und ihren Handlungen völlig irritiert. Irgendwie erwartet man von ihr ein gänzlich anderes Verhalten in verschiedenen Situationen und doch strahlt sie etwas Beschützenswertes aus. Dies sieht auch der Charakter von Kyle MacLachlan so und gibt sein Bestes um ihr Beistehen zu können. Allerdings verliert er sich langsam darin und folgt ihr auf seltsame Art und Weise in eine seltsame Welt. Mit Laura Dern gibt es noch den Part auf der "guten" Seite, der sich bemüht Kyle nicht gänzlich in einsinken zu lassen.

Damit haben wir einen furchterregenden Mikrokosmos, der zwar surreal, aber dennoch greifbar ist. Untermauert wird das von einer weiteren hervorragenden Arbeit Angelo Badalamentis, die für eine unangenehme Atmosphäre sorgt.
Lynch hat mit "Blue Velvet" also eine Art Zwischending seiner eigenen Arbeiten geschaffen. Auf der einen Seite natürlich klar und deutlich verfolgbar, aber durch die Atmosphäre und seine Charaktere, schwer zu packen. Zumindest ist er ein hervorragender Einstieg in die Welt, des wohl interessantesten Regisseurs unserer Zeit.  Ich liebe diesen Film. 

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