Eigentlich sind wir viel zu nett. Wir meinen es zu gut mit den Japanern. Die sind gerade irgendwie in - ganz schlimme Stilverbrechen und regelrechte Scheußlichkeiten werden gerade als letzter Schrei der Nonkonformität, der Todesschrei sozusagen, durch die Straßen getragen, die Vietnamesen in Berlin haben ihr China-Restaurant in eine Sushi-Bar umgehobelt, und, um Gottes Willen, auch an Tokio Hotel tragen die Japaner zumindest eine Teilschuld. Selbstverständlich sind auch japanische Filmfestivals voll der Renner. All das für sich genommen, sind das eigentlich keine üblen Sachen - für sich genommen hat das alles mitunter auch einen wunderbaren Reiz. Längst nur prozessiert hier ein kreischend lauter Trend, ein großer, gieriger Trend, der immer hungrig ist, sich alles einverleibt, was seines Weges kommt, und schlussendlich dann sich selbst auffrisst. Die Andersartigkeit als Programm, in dem dann kein Platz für andere Einträge mehr bleibt.
Um ordentlich Müll auszuwerfen, brauchen die Japaner freilich diesen deutschen Trend nicht und ausgesprochener Dreck wie Katsuhito Ishiis FUNKY FOREST: THE FIRST CONTACT wird von Filmhochschulabgängern und Youtube-Bloggern natürlich ohne Unterlass produziert. Wieso aber gerade um dieses schrecklich anödende Machwerk ein solches Aufhebens gemacht wird, von einem internationalen Publikum und auch von Stars, die sich - u.a. Tadanobu Asano und Susumu Terajima - verwunderlicherweise hierfür offensichtlich nicht zu schade waren, ist mir eines der große Rätsel des zurückliegenden Kinojahres. Der Film sei ein Experiment, wird häufig kolportiert, ein gelungenes - so sprach man von Atombombe und Giftgas auch.
FUNKY FOREST ist seiner vorgeschützten Skurrilität und seiner tatsächlich sehr seltenen Koketterie mit einem Alien-Thema zum Trotz ein Blick in den japanischen Alltag - und zwar auf dessen langweiligste, trostloseste und garantiert humorfreiste Seite. Es geht um alles, es geht um nichts. FUNKY FOREST ist vollgekramt mit Episoden, die so leer sind, dass sogar ein so leicht herausgepfurztes Schmähwörtchen wie doof eine maßlose Übertreibung wäre. Der Film präsentiert sich als eine Nabelschau, auf die hoffentlich auch die verzichten können, die bisher wirklich jedes Detail japanischen Lebensstils zum Kulte kürten - und besser genau so leidenschaftlich mal auf ein Flugticket sparen sollten. Auch in Japan glänzt die Kacke nicht wie Gold. Selbst mit dem Zugeständnis, dass ein erheblicher Reiz eines sich so quer stellenden Filmes wie FUNKY FOREST darin liegen mag, sich dessen nur schwer vermittelbaren Sinn zu greifen und für sich und die Clique, die einem an den Lippen hängt, zu erklären - Distinktionsgewinn, trara - wird der Film nicht empfehlenswert. Denn, wirklich, einen Sinn gibt es hier nicht - es mir daher auch einfach zu müßig über den Inhalt der einzelnen Episoden zu spekulieren. Es gibt keine Agenda, über die sich dieser dreist und weitestgehend zusammenhanglos auf zweieinhalb Stunden gewalzte Dünnpfiff eventuell rechtfertigen ließe - es sei denn, die Direktive hat gelautet, es einmal auszutesten wie lange eine Couchkartoffel benötigt, um sich vom dicken Hintern zu heben und diesen Mist endlich auszumachen. Wie lange man sein Publikum verarschen kann, bis es der Lacher auf seine Kosten genug hat - oder, nein, ihr Deppen, wir stehlen euch doch nicht eure wertvolle Lebenszeit. Ihr habt sie uns aus freien Stücken gegeben. Und sogar noch Geld dafür bezahlt. Haha, ihr Deppen, ihr.