Can you start all over again?
Der neueste Film von Großmeister Tsui Hark beginnt mit einer schönen Parabel über die Schöpfungsgeschichte, die in der Behauptung gipfelt, am siebten Tage habe Gott alles über den Haufen geworfen, um nochmal ganz von vorne anzufangen.
Und dieses Thema zieht sich fast wie ein roter Faden durch den ganzen Film; es steht im Hintergrund der Handlungen aller wichtiger Personen. Sei es nun Tyler (Nicholas Tse), der, wie wir in der Vorgeschichte erfahren, versehentlich eine Lesbe geschwängert hat, und am liebsten mit ihr und dem Kind irgendwo weit weg von HK ein neues Leben anfangen würde; sei es Juan (Wu Bai), ein ehemaliger Söldner, der eigentlich nur noch mit seiner ebenfalls schwangeren Frau ins ruhige Privatleben abtauchen möchte; sei es Tylers "Onkel" (Anthony Wong, großartig wie immer!), der als Loan-Shark versagt hat und nun eine illegale Bodyguard-Truppe leitet, bei der Tyler anheuert: sie alle wollen einen kompletten Break weg von ihrem bisherigen Leben schaffen bzw. (Tylers "Onkel") haben ihn vollzogen.
Leider aber haben einige Baddies da doch schwer was dagegen, und durch Intrigen (bei Juan) bzw. durch unglückliche Zufälle (bei Tyler) werden sie in einen wilden Strudel von Fights, Verfolgungsjagden, Explosionen und allgemein einfach harscher Brutalität hineingezogen.
Man merkt Tsui Hark bei TIME AND TIDE seine große Erfahrung aufs positivste an: wie hier die nicht gerade aufregende Story trotz augenscheinlich eher geringen Budgets durch ein schieres Übermaß an grandiosen visuellen Einfällen und durch die routinierte, aber spannungsgeladene Narration in ein Adrenalin- und Dramatik-Fest verwandelt wird, ist größtenteils atemberaubend.
Abzüge gibt es aber allemal für die teilweise unnötig verworrene Story: wer macht hier eigentlich gerade aus welchem Grund was??? Dabei hat bei TIME AND TIDE wohl nicht einmal der HK-Unerfahrene Probleme, die Charaktere (oder zumindest die "Good Guys" und die "Bad Guys") auseinanderzuhalten, da die wichtigsten Schauspieler doch SEHR unterschiedlich aussehen.
Ein wenig mehr Innovation, nicht nur auf der stilistischen, sondern auch auf der inhaltlichen Ebene hätte dem Film auch nicht geschadet.
Insgesamt haben wir somit einen guten, meist atemlos schnellen Actionfilm mit manchmal zu wenig Tiefgang und zuviel Verwirrung. Ganz sicher nicht Tsui Harks bester Film - aber immer noch weit über dem Durchschnitt.