Review

Mehr schlecht als recht löst Catherine Hardwicke die autobiographisch angehauchte Aufgabe, die Anfänge des Skateboarding zu erzählen.

Gegenstand der Geschichte sind die Z-Boys, die aus der Not eine Tugend machten und das Surfen an den Stränden Kaliforniens wegen Geldmangels in die Straßen verlegten. Originalität und Einfallsreichtum sind Trumpf, und mit brandneuen Moves erobert die Clique bald sämtliche Wettbewerbe - bis große Sponsoren auftreten und mit dem großen Geld winken...

Die auf realen Tatsachen basierte Story wird in einer Mischung aus "Gefährliche Brandung" und "Blow" erzählt und soll vor allem das Gefühl einer Epoche einfangen. Doch alleine optisch stellt sich der Film schon selbst ein Bein. In hochstilisierten Bildern à la "Bad Boys II" lässt sich nur schwer eine Bindung zu den Figuren aufbauen, die sehr eindimensional bleiben - abgesehen vom auftrumpfenden Heath Ledger, der sich offenbar einiges von der Spielweise eines gewissen Johnny Depp abgeguckt hat und eine schön kauzige Vorstellung als Besitzer eines Ladens für Surferbedarf abgibt. Er reißt jede Szene, in der er auftaucht, mit spielerischer Leichtigkeit an sich. Der Rest bleibt plakativ und kalt, was dann zu schmerzen beginnt, als im Abspann der weitere Lebensverlauf der dargestellten Charaktere eingeblendet wird und man erst hier so richtig zu realisieren beginnt, dass es sich um das verfilmte Leben echter Menschen handelt. Menschen, die ihren Sport revolutionierten und den Weg ebneten für andere Ikonen des Skateboardings.

Im Endeffekt verwehrt also schon ein handwerklich recht einfach zu korrigierendes Detail wie ein paar Farbfilter, dass man sich ins Kalifornien der Siebziger Jahre zurückversetzen kann. Dieser Film könnte praktisch überall und in jeder Zeit spielen. Jungs mit nackten Oberkörpern und langen Haaren machen noch keinen Skaterfilm. In Ansätzen kann man zwar das Flair der kalifornischen Drehorte genießen, aber richtig umfassende Einblicke in die Stadt bekommt man nicht, und so zeigt der Film im Grunde nicht viel mehr als eine Clique, die in Vorgärten abhängt und skatet oder in den zugehörigen Häusern Parties feiert.

Ganz schwach der Versuch, die wirtschaftliche Lage in einen Zusammenhang mit der aufkeimenden Leidenschaft für Skateboards zu bringen. Hier muss es genügen, eine faltige, ausgebrannte Rebecca DeMornay (die diese Rolle allerdings so überzeugend spielt, wie ich sie bislang noch nie habe spielen sehen, auch wenn das nicht allzu viel heißen muss) bei der Akkordarbeit zu zeigen und ihren Filmsohn den Standardtext aufsagen zu lassen, dass er bald Geld machen und seine Mutter da herausholen werde. Übelste Milchmädchenkausalität kommt dann zur Anwendung, als die Jungs in leergepumpten Swimmingpools ihr Hobby weiter ausbauen. Ja, Wasser muss gespart werden in den mageren Zeiten, also werden die Swimmingpools ausgepumpt, die wirtschaftliche Lage treibt die Wasserratten von Dogtown ins Trockene und bekanntlich entwachsen wahre Revolutionen der Not. Yeah, got it. Das mag in Ansätzen so gewesen sein, einer der Männer soll laut Texttafel immer noch in fremde Gärten einbrechen und dort in leeren Pools skateboarden, aber letztendlich ist das nur eine aufs wesentlich Emotionalste komprimierte nostalgische Erinnerung der Beteiligten, die in “Dogtown Boys” erzählerisch schwach in eine allzu simple Kausalfolge gesetzt wird. Das kann man machen, wenn die emotionale Note stimmt, doch dass Sterilität schon eher den Ton angibt, kam ja bereits zur Sprache.

Auch über die volle Distanz bietet Hardwicke eine erzählerische Niete auf. Gemessen an einer Autobiographie mit ähnlichen Ansprüchen wie zum Beispiel “Blow”, spielt “Dogtown Boys” mindestens eine Klasse tiefer. Eine Entwicklung, die doch hier so wichtig ist, lässt sich über eine Stunde lang kaum erkennen, und ganz plötzlich ist alles anders, die Zeit ist im Flug vergangen und scheinbar ist von heute auf morgen nichts mehr, wie es einmal war. Beinahe, als würde irgendwo eine halbe Stunde an geschnittenen Szenen fehlen. Keine Dramaturgie, keine Struktur, kein Plan ist der Plan der hauptberuflichen Produktionsdesignerin, die hier ihre zweite Arbeit als Regisseurin nach “Dreizehn” abliefert.

Die Skateszenen gehen sicherlich oberflächlich gesehen in Ordnung. Sie sind zwar für Kenner der Szene vermutlich kaum zu gebrauchen und alles andere als technische Vollendung, doch schließlich geht es ja genau darum, nämlich die Entstehung der Skateboardszene. Ein Tony Hawk, damals gerade mal ein paar Jahre alt, gilt heute als Erfinder von über 80 neuen Tricks; insofern ist von der Vorgeschichte weniger Perfektion, sondern allenfalls eine erste zaghafte Annäherung an diese zu erwarten.

Immerhin gelingt das Kunststück, sich immer gerade noch so über dem Wasserpegel des Interesses zu halten, so dass ungezwungene Abendunterhaltung am Grenzwert gewährt wird. Was auch daran liegt, dass überzogener Rückblendenkitsch und Erinnerungspathos glücklicherweise fernbleiben. Mehr ist da aber nicht. Nur ein großer Pool, der von einer Pfütze abgesehen nur mit Luft gefüllt ist. Schade, dass Pools eigentlich zum Schwimmen da sind und die Regisseurin sich eher wie eine Nichtschwimmerin verhält.

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