Eine nächtliche, gerade und einsame Straße, ein müder Fahrer und prasselnder Regen, der die Monotonie des Fahrens noch unterstreicht. Plötzlich taucht aus der finsteren Nacht ein Anhalter am Straßenrand auf. Eine scheinbar angenehme Überraschung für den Fahrer, der kurz zuvor noch fast zum Opfer seiner Müdigkeit geworden wäre. Im Glauben mit dem Mitfahrer einen Wächter für seine gefährliche Müdigkeit gefunden zu haben, nimmt er ihn freundlich mit.
Nun, wach soll er gehalten werden, wenn auch auf anderem Wege als er geglaubt hat. Der Anhalter, ein Killer, der mit sadistischer Freude ein „Spiel“ mit seinen Opfern pflegt zu spielen. Sag: "Ich möchte tot sein!“ zwingt er sein bemitleidenswertes Opfer zu sagen. Ein Wahnsinniger, ein mordlüsterner Psychopath und es scheint gewiss was er mit seinen Opfern zu tun pflegt. Nur durch einen beherzten Griff auf des Beifahrers Autotür, der seinem Peiniger aus dem Auto und ihn zumindest vorerst in Sicherheit bringt, entkommt er dieser misslichen Lage.
Diese fast physisch spürbaren Anfangsminuten, die beklemmend und gleichzeitig mitreißend sind, läuten einen der faszinierendsten Thriller/Horrorfilme der 80er Jahre ein. Wie so oft, liegt auch hier in der Einfachheit der Story und Überschaubarkeit der Schlüssel für aufwühlende Spannung mit dennoch intelligentem Subtext. Die simple Situation des Jungen, der auf die Ausgeburt des Schreckens in Gestallt eines einfachen Anhalters stößt, bleibt durch ihre Nachvollziehbarkeit und dezente Narration stets für das Publikum greifbar und dadurch dramatisch aufgeladen.
Neben dem erstaunlich sicheren Händchen von Regisseur Robert Harmon für die höchst atmosphärische Inszenierung, ist er vor allem Rutger Hauer, der in der Rolle des psychopathischen Killers aufblüht. Sein Spiel von dem bedächtig und eiskalt handelnden John Ryder gehört in seiner Intensität zu einer Referenzleistung des Genres. Ein grauer, ausgetragener Trenchcoat und ein geduldiges sowie überlegtes Wesen. Man erfährt so gut wie nichts über ihn oder woher er gekommen ist. Er bleibt eine rätselhafte Figur, sein scheinbar motivloses Morden verstärkt dabei den Eindruck. Seltsam losgelöst wirkt Ryder, der auf rätselhafter Weise über den Dingen zu stehen scheint und sein krankhaftes Spiel mit dem Jungen aus einer erhöhten Warte zu steuern scheint.
Robert Harmon erschuf mit „The Hitcher“ eine, ähnlich einer Lagerfeuermär, schlichte Gut-Böse-Geschichte. Die Rollen sind klar verteilt: Das Gute - in Form des naiven Jünglings Jim Halsey - übernimmt die klassische Opferrolle, naiv, unbedarft und in mehrer Hinsicht unschuldig. Im späteren Verlauf des Films begegnet er der ebenso naiven wie gutgläubigen Nash (Jennifer Jason Leigh). Sie doppelt die von Jim repräsentierte Rolle, wird zum Love-Interrest und später zum Hindernis für John Ryder. Je weiter der Film vorangeht umso mehr wird die, bis zur Selbstaufgabe geartete, Obsession Ryder’s zu Jim deutlich. Die absolute Fixierung auf sein Opfer, die sich in sadistischen Spielchen äußert, wird nicht nur zum Spannungsaufbau genutzt, sondern birgt in ihren heiß schwülen Bildern eine versteckte (Homo-)Erotik. Diese Deutung verstärkt sich noch in dem grausamen Mord an Nash. Verzweiflung und auch Enttäuschung ist in Ryders Augen herauszulesen, wenn er Jims Mädchen also quasi seine Rivalin grausam im Beisein von Jim ermordet. John Ryder, der schwule, dämonische Stalker und brutale Zerstörer jeglicher Unschuld!?
Neben den reizvollen Interpretationen, bezüglich wer John Ryder ist und was ihn motiviert, ist es Harmon gelungen einen angenehm kompromisslosen Thriller zu schaffen. Aus der amerikanisch romantischen Vorstellung des Roadmovie vom unentdeckten Land, wandelnd zu einer ins Gegenteil gekehrten Albtraumvorstellung, des in der Ferne lauernden Schreckens. Damit steht „The Hitcher“ in Tradition von Filmen wie „Duel“, „Deliverance“ und auch „The Texas Chain Saw Massacre“. Wenn auch Letzterer nur in Anbetracht seiner überschaubaren und kompromisslosen Erzählweise und vielleicht noch seiner stark visualisierten, schwülen Atmosphäre.
Geradlinig wie die Straße auf der er spielt, schaltet der Film aber auch mal ein paar Gänge höher. Das Thrillergewand wird für temporeiche und überhöhte Actioneinlagen einige male gewechselt. Das zerstört glücklicherweise nicht die vorher sorgsam aufgebaute Stimmung des Films, sondern fügt sich stringent in das Ganze ein und sorgt für einige Abwechslung. Einige der überbordenden Actionelemente unterstreichen eher noch Ryders übersinnliche, Fähigkeiten und heben dadurch sein scheinbar unbezwingbares Wesen hervor. Hier werden überdies noch einige Horroringredienzien augenfällig.
Will man über „The Hitcher“ schlechte Worte finden, stößt man recht bald auf die Vorstellung von C. Thomas Howell. Es ist natürlich verzeihlich und auch nur zu verständlich, aber neben Rutger Hauer verblasst seine Figur mit zunehmender Dauer. Aber wie gesagt, es mit Hauer in diese Rolle aufzunehmen ist wahrlich kein leichtes und letztlich ist es immer noch eine, zumindest, anständige Leistung die Howell hier abgibt.
„The Hitcher“ ist ein hervorragend und elegant inszenierter, mit sinnlichem Subtext versehener, Hybrid aus Roadmovie, Thriller, Action und Horrorfilm. Rutger Hauer’s unheimliche Präsenz und Robert Harmon’s geschickter weil geradlinig und direkter Suspenseaufbau machen aus dem Film einen der vielleicht eindrucksvollsten Psychothriller der 80er Jahre, dem kaum sein Alter anzusehen ist und heute noch voll zu überzeugen weiß.