Na endlich.
Unsere Fledermaus hat über die Jahre so einiges wegstecken müssen: Einen wohlgenährten Schmerbauch-Helden in den alten Serials, einen schrillen, nicht minder unsportlichen TV-Hampelmann samt lächerlichem Sidekick (heiliger Trash, Batman!) sowie vier Kinofilme, die in ihrer Ausrichtung von Gothic-Märchen (Burton) bis Starlight-Express (Schumacher) pendelten. Doch sie kamen alle nicht dem wahren Batman nahe, fühlten sich allesamt mehr dem Spektakel verpflichtet als der Hauptfigur selbst. Wer diese ordentlich präsentiert sehen wollte, musste sich an die exzellente Zeichentrickserie BATMAN von 1992 halten. Bis jetzt.
Denn auch wenn man hier und da vielleicht noch ein wenig flicken kann (der Film ist meiner Meinung nach generell eher als Einleitung zu sehen), so ist Regisseur Nolan doch endlich ein unverkitschter und quasi-realistischer Blick auf den wohl zerrissensten Superhelden überhaupt gelungen, ohne gleich sämtliche Comic-Ästhetik über Bord zu werfen. Eine schwierige, doch lohnende Gratwanderung, die uns auf der einen Seite einen verbitterten Waisen zeigt, dessen Leben in Trümmern liegt, ihn auf der anderen Seite aber in einem Panzer über Dächer hüpfen lässt. Gerade diese erzählerische Schizophrenie machte doch immer einen Hauptreiz von Batman aus, und wenn Playboy Wayne auf einer Party über den gestörten Fledermauskerl herzieht, kommt der Film dem Comic schon sehr nahe. Schön ist in dieser Hinsicht auch die korrekte Wiedergabe des Mordes am Ehepaar Wayne, der nicht, wie noch bei Burton, einem Superschurken in die Schuhe geschoben wird. Nein, ein gewöhnlicher Strassengangster ist der Mörder, ein verzweifelter Mann, eine der unzähligen verlorenen Seelen des Molochs Gotham City. Die Stadt kommt endlich so kaputt und korrupt wie in den Comics herüber (richtig gehört, R.Kelly, dies ist keine "city of love, city of peace"), nur hier kann ein Held wie Batman überhaupt erst entstehen. Diese Stadt hat ihn verdient.
Und es dauert, bis wir ihn das erste Mal in Aktion erleben. Nolan lässt sich viel Zeit, uns die Person hinter der Maske zu zeigen, bevor sie aufgesetzt wird. Wir erleben ihn als von Selbstzweifeln und Angst durchsetztes Kind, als rachsüchtigen Mittzwanziger und als abgeklärten Erwachsenen. Anders hätte man das Thema auch nicht angehen können, der Film heisst schließlich "begins". War in früheren Umsetzungen immer unklar, wie Bruce Wayne sich in Kampftechniken geschult hatte, wie er auf die Fledermaus als Symbol kam und wie er an seine Ausrüstung gelangte, so darf man jetzt Stück für Stück die "Fledermauswerdung" der Hauptfigur verfolgen. Zum Teil mit viel Humor, was dem Film gut bekommt. Desweiteren gelingen auch einige elegante Storykniffe, wie zum Beispiel die Verknüpfung eines Unfalls in der Kindheit mit der späteren Bathöhle. Auch hier bewegt sich der Film immer sehr eng an der Atmosphäre der Comics.
Okay, Setting und Ansatz stimmen, aber wird das Ganze auch ordentlich umgesetzt? Darstellerisch auf jeden Fall. Obwohl ich immer noch ein grosser Fan von Michael Keatons Darstellung bin, konnte mich Christian Bale von Beginn an überzeugen. Er schafft es scheinbar spielend, auf der emotionalen Klaviatur zu spielen und schickt seinen Bruce Wayne zwischen EMPIRE OF THE SUN und AMERICAN PSYCHO pendelnd auf eine Reise in die Finsternis der menschlichen Seele. Und dass er dabei nicht verloren geht, hat er seinem Butler Alfred zu verdanken, fabelhaft verkörpert von einem einmal mehr famosen Michael Caine, der im postivsten Sinne very british daherkommt. Und wo wir schon bei souveränen Schauspielern sind, darf auch Liam Neeson nicht vergessen werden, auf dessen Rolle ich hier gar nicht näher eingehen will, der aber all das mitbringt, was seine Rolle benötigt. Und es hört nicht auf: Morgan Freeman, Gary Oldman und der endlich mal nicht im B-Sumpf herumwatende Rutger Hauer sind auch mit an Bord und ebenfalls Idealbesetzungen. Großartig.
Gut, die Rolle von Katie Holmes wirkt schon ziemlich krampfhaft in die Geschichte hineingeschustert, oder vielleicht passt auch sie selbst da nicht so recht hinein, ich weiss es nicht. Hat mich nicht so überzeugt. Gleiches gilt für Cillian Murphy, der zwar gut spielt, aber das Potential von Scarecrow nicht ausnutzt (Fans wissen sicher, was ich meine). Das will ich ihm nicht zum Vorwurf machen, die Rolle ist halt überschaubar. Scarecrow hätte einen gesonderten Film verdient, aber andererseits musste er in einen Film hinein, der sich auf das Grundkonzept "Angst" stützt. Angst in der Kindheit, Angst vor Monstern, Angst um das eigene Leben, Angst vor sich selbst. Nolan hat seinen Frank Miller gelesen, soviel steht fest. Mir persönlich hätte es deswegen auch noch dunkler und beängstigender zugehen können, aber da muss man natürlich auch wieder die Tatsache ins Auge fassen, dass hier ein Franchise saniert werden soll, und das geht nicht mit Hardcore-Psychologie einher. Insofern schon lobenswert, dass das letztendlich typische Comic-Blockbuster-Gerüst (Bösewicht will eine ganze Stadt vergiften) wenigstens einen tiefschwarzen Anstrich verpasst bekommen hat.
Zwei kleine Wermutstropfen noch: Batmans Stimme kommt in der deutschen Fassung stellenweise unfreiwillig komisch rüber, man wünscht ihm einen Hustinetten-Bär. Und sein Kostüm ist meiner Meinung nach immer noch zu sehr an die Filmvorgänger angelehnt, da hätte man vielleicht etwas anderes wagen können, es muss ja nicht gleich Kelley-Jones-Style sein, aber ein wenig in diese Richtung hätte gut zur Geschichte gepasst.
Sei es, wie es sei, einer meiner Lieblingscharaktere hat auf der Leinwand endlich (oder sollte ich sagen: erstmalig) zu alter Form zurückgefunden, und das ist schon mal etwas Tolles. Und Spielraum nach oben ist für die geplanten Fortsetzungen auch noch. Heiliger Blockbuster!