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Man fällt, um dann wieder aufzustehen: Nachdem Joel Schumacher im Gewand des Henkers das von Tim Burton geschaffene "Batman"-Universum mit fürchterlicher Farbenpracht brutal zugrunde richtete und aus den Filmen um den Ritter der Nacht erbärmliche Lachnummern wurden, lag ein ganzer Mythos am Boden. Nach "Batman & Robin" konnte es nur noch bergauf gehen. Und Christopher Nolan hat, acht Jahre nach dem letzten Abenteuer des Flattermanns, es mit "Batman Begins" nun geschafft, die Legende wieder aufzurichten.

Wie der Titel es schon ankündigt, führt uns diese "Batman"-Verfilmung ganz zum Ursprung. Sie gibt Aufschluss über die einschneidende Bekanntschaft des jungen Bruce Wayne mit Fledermäusen, Aufschluss über das Schlüsselereignis in seinem Leben, der Ermordung seiner Eltern, und Aufschluss darüber, wie der Milliardär Wayne ein maskierter Kämpfer für die Gerechtigkeit wurde. Zum ersten Mal wird ein "Batman"-Film hier zu einer Charakterstudie, die uns Einblicke in die Seele des Comichelden gewährt, in diese zunächst so hasserfüllte und rachsüchtige, von Angst und Schuldgefühlen geplagte Seele. Dieses Interesse an der Figur Batman, die sowohl vom Einfluss des Vaterersatzes Alfred als auch des Lehrmeisters Ducard und der Jugendfreundin Rachel Dawes geprägt ist, trägt deutlich die Handschrift Christopher Nolans, der den Charakteren bisher immer viel Platz einräumte.

David S. Goyer, auf den die actionbetonte "Blade"-Trilogie zurückgeht, werkelte allerdings in erster Linie an der Geschichte und so ist das Drehbuch letztendlich eine Koproduktion von Nolan und Goyer. Spürbar wird dies dann, wenn der Film nach der Batman-Werdung Bruce Waynes eine andere Richtung einschlägt und sich der anspruchsvollen ersten Hälfte nicht mehr ganz treu bleibt. Denn nun mehrt sich die Action, während der charakterliche und psychologische Tiefgang weicht. Die Story steuert auf ein übliches Duell zwischen Lehrmeister und Schüler hinzu und wird etwas unoriginell und platt, führt jedenfalls nicht das konsequent fort, womit sie begonnen hat. Das ist ärgerlich, zumal das Actionspektakel oft so unübersichtlich und schwindelerregend geschnitten ist, dass sich kaum etwas erkennen lässt.

Die erste und die zweite Filmhälfte sind äußerst verschieden und lassen das Gesamtkonstrukt sehr unausgeglichen erscheinen. Eine Diskrepanz entsteht auch durch den Realismus auf der einen Seite und der durch die Action hervorgerufenen Übertreibung auf der anderen. Glaubhaft stellt Nolan die äußerliche wie innerliche Verwandlung Bruce Waynes zur menschlichen Fledermaus dar und erschwert ihm die ersten Gehversuche als Held, der sich Prellungen zuzieht und sich vergiften lässt. Nolans Inszenierung ist eine andere als Burtons atmosphärisch brillante und märchenhaft anmutende - der Anblick Gothams bei Tage ist zweifellos beeindruckend, fördert aber nicht gerade das Bild der Stadt als Symbol des Verbrechens, sondern vermittelt eher das einer Finanzmetropole -, doch wenn später ein Batmobil von Hausdach zu Hausdach springt, dann passt das einfach nicht und kann eigentlich nur auf Goyers Mist gewachsen sein - wie auch Batmans fahrbarer Untersatz selbst, der als lauter, klobiger Kleinpanzer im Gegensatz zu dem windschnittigen und eleganten Batmobil aus Burtons Filmen überhaupt nicht zu gefallen weiß.

Und schaut man einmal auf Christian Bale in der Hauptrolle, so reicht dieser auch nicht ganz an Michael Keaton heran, der den Mann mit der doppelten Identität einfach souveräner und markanter zu spielen vermochte. Bales Leistung ist zwar gut, seine besten Momente hat er jedoch als Yuppie mit seinem wie aus dem Ei gepellten Gesicht. Schlüpft er allerdings mit verstellter Stimme in das Fledermauskostüm, liegt doch ein Hauch von unfreiwilliger Komik in der Luft, wenn auch nur ein leichter. Die übrige Besetzung lässt dagegen eigentlich kaum Wünsche offen, wenn man bedenkt, dass kein anderer Charakter mit Bales Freiheiten ausgestattet ist. So spielt Michael Caine Alfred ausgezeichnet, Morgan Freeman mimt sympathisch den Waffenexperten Lucius Fox, Gary Oldman verkörpert fast ein wenig unterfordert den aufrechten Cop Jim Gordon, Katie Holmes ist als junge, idealistische Staatsanwältin lobenswerterweise nicht nur Liebesobjekt und Ken Watanabe und Rutger Hauer überzeugen nicht zuletzt selbst mit ihren nur kleinen Auftritten. Etwas schwer hatte es Liam Neeson, den das Skript mit dem Weisheiten um sich werfenden Ducard nicht gerade zum schillerndsten Gegenspieler der "Batman"-Verfilmungen erkoren hat.

Aber das ist nun der Kompromiss, den man eingegangen ist, um Batman und seine Geschichte auch wirklich in den Mittelpunkt zu stellen - und das ist zweifellos gelungen. Gegenüber Schumachers Werken ist "Batman Begins" qualitativ ein Meilenstein, der Drama und Action allerdings zu radikal trennt. Während Tim Burton die Comicatmosphäre besser zur Geltung brachte, portraitierte Christopher Nolan erstmals den Menschen hinter der Maske. Schumacher brachte den Mythos an den Rand des Abgrunds, Nolan rehabilitierte ihn wieder.

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