Review

Version: 1. Synchro (1972)

"Habt Ihr nicht ein bisschen Munition für mich? Ich hatte eine ziemlich heftige Diskussion, dabei sind mir die Argumente ausgegangen."

Nach dem durchschlagenden Erfolg von Die rechte und die linke Hand des Teufels (mit allein in Deutschland insgesamt ca. 7 Mio. Zuschauer), der die vorhergehende (ernste, zuweilen, aber selten spitzohrige) Colizzi-Trilogie in Sachen Zuspruch beim Publikum noch einmal steigern und übertrumpfen sollte, schnell anberaumte Fortführung der Geschichte und Methodik, gleiches Team vor und hinter der Kamera, und auch tatsächlich noch einmal eine Potenzierung und Erweiterung: In Italien (und in Deutschland) war man erstmals #1 in der Jahresbestenliste, weit vor Leones Todesmelodie auf #9 bspw. Spätestens hiermit war das Genre des Italowesterns nun auch endgültig in die humoristische Komponente angekommen, gab es Mitte der Siebziger zwar noch einige bekannte ernste Variationen, diese aber eher jeweils als Abgesang, als Ausklang, auch die folgende Karriere von Barboni, Spencer und Hill sollte sich ab nun nahezu komödiantisch verhalten; "Die Sache kann nicht schiefgehen, du brauchst kein Lampenfieber zu haben." Spencer selber wird dabei mit der große Gewinner gewesen sein, war sein Part zuvor eher im Schatten von Hill und als dessen Stichwortgeber gehalten; etwas, dass sich nun vermehrt in Sachen Gleichberechtigung verschiebt oder gar zu seinem Vorteil.

Kalifornien, 19. Jahrhundert. Bambino [ Bud Spencer ], ein robuster und streitsüchtiger Bandit, kehrt nacheinander, aber unabhängig voneinander mit seinem Bruder Trinità [ Terence Hill ] bei seinen Eltern [ Harry Carey Jr & Jessica Dublin ] ein, was ihm gar nicht so passt; wird er doch bald 'gezwungen', sich des seiner Meinung nach Nutzlosen anzunehmen und aus ihm einen richtigen Pferdedieb zu machen. Zusammen reiten sie in die nahe gelegene Stadt Tascosa, wo sie sich als Bundesagenten ausgeben, dabei aber von den Männern von James Parker [ Emilio Delle Piane ] belauscht werden, die sie prompt mit einer Bestechung 'kauft'. Den Grund für die Korruption erfahren sie auch bald, Parker ist ein Waffenschmuggler, der keine Zuschauer braucht, und eine Mission samt den dort wohnenden Mönchen als Zwischenlager nutzt, sowie die Ordensbrüder selber drangsaliert.

...continuavano a chiamarlo Trinità, hier vorliegend in der ersten Synchronisation durch Aventin-Filmstudio, München, unter Horst Sommer, der mehr dem Original getreuen, aber weniger beliebten Fassung; sollte gerade im deutschsprachigen Raum die spätere Sprachversion von 1982 durch Rainer Brandt Filmproduktions GmbH, Berlin, wesentlich gängiger werden und quasi selber zum geflügelten Wort, was auch vorhergehende Werke betraf, die erneut in Bearbeitung genommen wurden und im Ton zuweilen arg verändert. Barboni arbeitet dabei auch mit visuellem Witz, geht es bei Rainer Brandt und Co. aber vor allem um die verbale Sprücheklopferei, was hier und im Englischen (oder italienischen) Raum nicht so sehr der Fall ist, und was bei einem direkten Vergleich auch deutlich; je nach Verfassung positiv oder negativ auffällt. Dabei wird im Grundton des Filmes, speziell im musikalischen Bereich auch so etwas wie Sentimentalität, Traum von Verbundenheit und Freiheit, eine Weltenflucht angestrebt; etwas, womit man den Film selbst in der Erinnerung wohl nicht unbedingt in Verbindung bringt.

Symbolträchtig ist dabei schon der Prolog, allein die erste Szene, in der durch die endlose Weite und dies zu Fuß, mit dem Sattel über der Schulter gestreift wird, die Sonne knallt, der Weg ist ewig, nicht nur der Boden heiß. Die Waffe wird gezückt, zum eigenen Überleben, man hört erst das Geräusch des gespannten Hahns, dann die Pistole in der Hand; eine leere Waffe, nur zum Schein. Ganz ähnlich arbeitet sowohl das Skript als auch die Inszenierung, eine Vortäuschung von Tatsachen und dann die Fakten selber, gleichzeitig ein direktes Vorgehen und ein Anschleichen, ein Einschleichen in die Herzen des Publikums, mit offenen Wesen. Spencer (gesprochen von Wolfgang Hess noch) ist hier etwas schlanker als sonst, er ist kein "vollgefressener Strumpf", er trägt das Haar länger, er bekommt die ersten und die entscheidenden Szenen, er hat später auch vermehrt die Solokarriere, viel mit Fortsetzungen gehandhabt, ein großer Brocken Sympathie, ein einnehmendes Wesen. Er passt sich den Umständen an, er übernimmt mit die Führung, obwohl die Filme nicht nach seiner Figur, sondern nach der von Trinità benannt sind, er überzeugt hier eingangs einer Gruppe von Banditen, mit Selbstbewusstsein und breiten Schultern, "Du schaffst jetzt die Gäule darüber und montierst einen unter meinem Sattel.", zusätzlich gibt's eine Pfanne gebratener Bohnen.

Dabei bekommt Hill (noch gesprochen durch Hartmut Reck) die Erstnennung und den Vorspann, welcher von den Bildern her deutlich an Die rechte und die linke Hand des Teufels erinnert, gleiche Behandlung, ein Aufgreifen des Gewohnten, eine Variation, das Gefühl der vollkommenen Entspannung in der Situation, ein Ritt zwar durch die Wüste, aber in schlafender, in sich erholender Position. Nicht nur der Colt schleift zwischen Geröll und Sand, auch der Rest an Habseligkeiten, die Kleidung ist noch schmutziger und abgespeckter, rissiger und fleckiger, ein Blick auf das Ganze und die Details, sowie eine Modifizierung des Prologs, unter anderen Umständen, einer gänzlich anderen Herangehensweise, einer Reaktion statt einer Aktion, "Jetzt werden wir uns wohl ein bisschen miteinander schießen müssen.", mit ähnlichem Ausgang. Ein familiäres Gehabe wird hier geboten, man hat Eltern, die einen lieben, man hat mehr Verbindung untereinander, man geht gemeinsame Schritte, wenn auch nur Mutter und Vater – ein altes Weibsbild und ein Saufsack – einen Gefallen zu tun, man vereint sich trotz Widerwillen und Futterneid im gemeinsamen Bestreben der Erzeuger und Erzieher, einem Versprechen in der 'letzten Stunde' wegen. Bisher ein Landstreicherleben, mit Dreckkruste versehen, nun eine Art Kampf für das Gute, aber nur zufällig geschehen, nicht mit vollster Überzeugung geschehen.

Baufällige, dem Einsturz nahe Gebäude werden hier zuweilen gezeigt, der Film von einem beigen bis leicht bräunlichen Ton, die Männer wettergegerbt, die Klamotten wie angewachsen, fast juckend vom Aussehen schon. Aus einem ersten geplanten Raub wird ein Aushelfen armer Leute und ein Geld vergeben, nach außen harter Schale, innen der weiche Kern, nach außen hin der raue, der preiswert karge bis trockene Western, allerdings nur von der Erscheinung her, der öfters verschlissenen bis durch den Gebrauch zerfallenen Dekoration. Selbst die Stadt hier wirkt wie tatsächlich bevölkert und über die Jahre und Jahrzehnte belebt und verlebt, ein Gefühl des tatsächlichen Daseins, welches die Jahre zuvor vor allem dem amerikanischen Western völlig fehlte, ab Ende der Sechziger durch das Schielen die auf Produktionen um Leone, Corbucci und Co. vor allem auch durch das Aufkommen von Eastwood als neuem Star am Horizont wiederbelebt wurde, der letzte neue Stern am Himmel, in Europa aufgeglüht und in Amerika dann weitergebrannt; Komödien waren diesem allerdings fern, es wurde 'der Letzte der Harten Männer' gespielt.

Dem ist hier trotz schnellen Fäusten und flinker Handhabe, nicht wirklich der Benutzung auch der Waffe der Fall, anders als noch im Vorgänger wird auch niemand erschossen, ("Um ein Haar hätten Sie ihn umgebracht!" – "Ach was, ich hab ihn nur angekratzt."), der Prankenhieb auf den Kopf im Prolog noch als die einzige schwerwiegende Verletzung, selbst dies wird verharmlost und aufgelöst. Der erste ernste Moment wird so auch genommen und inszeniert, beim Pokerspiel im Salon, "Sie haben falsch gespielt, Mister.", vorher die stille Teilhabe am Spiel, ein stummer, zurückhaltender Blick in die Karten der fünf Beteiligten, eine Regie der Faszination, welche auch weiter mehrere prägnante Sequenzen schafft, das Essen im Restaurant bspw., Vordergrund und Hintergründiges (die vermeintliche Tarnung als Geheimagenten der Regierung) gleichermaßen bereithält. Aus extra kein Aufsehen in der Stadt erregen wird die gesamte Bevölkerung aufmerksam auf die beiden Neuankömmlinge, durch die Präsenz, das ungewohnte Verhalten, die Selbstsicherheit im Umgang mit dem Leben, nun ist auch der anfängliche Zwist zwischen die Brüder vergessen und vergeben. Man achtet aufeinander, man teilt die Gewohnheiten, man hilft sich in Gefahr, man wächst wieder zusammen, wird ein gänzlich neues Paar.

Eine Geschichte auch über Kameradschaft und Zusammenhalt, trotz aller Gegensätze, trotz des sonstigen Alleingänge auch, mehr als eine Freundschaft zwischen den Brüdern, ein enger Verbund, der allem widersteht; wobei die Handlung selber, das Problem hier, erst ab der Hälfte der Laufzeit in den erzählerischen Mittelpunkt rück. Vorher ist Vorstellen, ist Kennenlernen, ist Sketchparade und Running Gag angesagt, dann man Motiv und Hintergrund, mit Für Einander und Für Andere auch einstehen. Inszeniert in zweistündiger, also ausgedehnter Laufzeit ohne Hast und ohne Druck, ganz anders noch als bspw. Barbonis Debüt Django - Die Nacht der langen Messer (1970), unabhängig von der Gewalt dort und auch der steten Unruhe, hier wird die Zweisamkeit und die Gemütlichkeit zelebriert. Viel in Bewegung ist man trotzdem, viel durchquert wird hier, gleich mehrere Stätten und Städte heimgesucht, der Westen 'erobert', sich nicht wie im Vorgänger mit einer Angelegenheit aufgehalten, sondern gleich mehrere (miteinander zusammenhängende) Begebenheiten geklärt, die Pflicht ruft: Kampf gegen Korruption, gegen Waffenhandel, gegen Rassismus, gegen Unterdrückung Schwächerer und gegen Missbrauch von Religionen, letzteres quasi eine Umkehrung der im Original vorhandenen Konstellation, mit vielen Gerüchten und Mysterien umgeben, mal wird dem lieben Gott zugesprochen, mal der Luzifer in die Mission geholt, eine andächtige, aber stuntintensive Massenprügelei Schrägstrich Schlammschlägerei Schrägstrich Footballspiel im Namen Jesus Christus.

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