Unter all den vielen Geisterfilmen, gelungene als auch weniger gelungene, gibt es immer wieder Ausreißer, die nicht eben das Typische bieten, sondern Themen eher auf ungewöhnliche Art dar reichen
„Nomads“ ist sicher einer davon, wobei man eine ganze Weile auf dem Film herumkauen kann, bis man feststellt, dass es tatsächlich eine Mixtur aus Geister- und Besessenheitsthema ist.
Größere Bekanntschaft gewann dieser typische Beitrag zum stylischen Großstadtkino der 80er durch zwei Personalien: es war die erste Hauptrolle für Pierce Brosnan und es war die erste Regiearbeit für John McTiernan, der bald danach mit Filmen wie „Predator“, „Stirb langsam“ und „Jagd auf Roter Oktober“ von sich reden machen sollte.
„Nomads“ war kein großer Erfolg, allein die Personalien haben ihn nicht in Vergessenheit geraten lassen und nur das ungewöhnliche Thema und die untypische Art, einen Film zu erzählen und seinen Plot zu entwickeln, machen seine Hauptqualität aus. Schließlich geht es nicht um einen gewöhnlichen Spuk, sondern um ein archaisches Phänomen, das in unserer modernen Zeit eine neue Form und Gestalt angenommen hat.
In Verkehrung gewöhnlicher Erzählstrukturen beginnt „Nomads“ mit dem Tod seines Protagonisten aus Erschöpfung in der Notaufnahme eines Krankenhauses, praktisch in den Armen seiner behandelnden Ärztin Dr.Flax. Pommier stirbt nach einer plötzlichen Aufwallung, die auch auf Flax übergreift, die in der Folge Anzeichen von Besessenheit zeigt, tatsächlich aber chronologisch die Erinnerungen des verstorbenen Anthropologen Pommier noch einmal durchlebt.
Der war von jahrelangen Forschungen an Nomadenvölkern in der Arktis und den Wüsten gerade wieder mit seiner Frau Niki in einer modernen Stadt heimisch geworden, als er herausfand, dass sein Haus eine Weihestätte für gewisse Kreise darstellt, da es zu Todesfällen in den Mauern gekommen ist. Dabei fällt ihm auch ein schwarzer Van auf, der von wilden Gestalten im erweiterten Punklook gefahren wird, die ständig durch die Straßen fahren und für Unruhe und Vandalismus sorgen (Mord kann auch dabei sein.)
Angefixt von den seltsamen Gestalten entwickelt Pommier mehr als nur ein gesundes Interesse für die seltsame Gruppe und folgt ihnen über mehrere Tage durch die Stadt, wobei die „Nomaden“ niemals zu schlafen scheinen. Er jedoch wird immer unaufmerksamer und nach und nach von ihnen auch bemerkt – allerdings erscheinen sie später nicht auf seinen Fotos.
Da sie nun wissen, dass er von ihnen weiß – einfach weil er sie als das wahrgenommen hat, was sie wirklich sind – bösartige und zerstörungswillige Nomadengeister, folgen sie fortan ihm und treiben ihn erst in die Erschöpfung und dann in den Tod.
Während Dr.Flax das alles nacherlebt, sucht sie nacheinander, den Erinnerungen zufolge, auch alle Plätze auf, die Pommier besucht hat (bzw. sie kommt dort kurz zu sich) und wird so natürlich ebenfalls zum Ziel der „Nomaden“.
Klassisch in der Grundstruktur, aber modern in der Konstruktion gelingt McTiernan zeitweise ein hypnotischer urbaner Alptraum, in dem Pommier durch dunkle Hintergasse, Höfe und neonbeleuchtete Ecken jagt, stets bemüht, den Angreifern zu entkommen.
Eine eingeschobene Episode mit einer geheimnisvollen Nonne, von der nicht ganz klar wird, ob sie selbst ein Geist oder nur eine Wissende ist, soll etwas Licht ins Dunkel bringen, doch der ganze Unterbau des Stoffes bleibt leider nebulös und zu rudimentär entwickelt.
Spaß hätte das Jonglieren mit den nomadischen Geistern schon gemacht, aber die Bedrohung setzt sich leider selbst auf Null, wenn die Angreifer wie eine Horde rebellisch grinsender Slumpunks aufgemacht meistens nur lächelnd und trommelnd in die Gegend starren, wenn sie nicht umher fahren oder alte Omis umschubsen. Mit im Team Nomad ist übrigens auch der New-Romantic-Rocker Adam Ant, der aber kein Wort sagen darf.
So bleibt die Bedrohung eher theoretisch, der Pommier/Brosnan zum Opfer fällt, weder der Prozess der Verfolgung noch der der Auszehrung werden erklärt, das Überspringen der Erinnerungen auf Flax im Moment des Todes hat auch keine erzählerische Basis und das Finale im Haus der Pommiers, wenn die gesammelten Punks das Haus stürmen, findet ebenfalls keine Konklusion, die man mit sicherer Hand durchwinken könnte.
Dennoch fahren so manche auf den Look ab und wenn Pommier seine Eskimobilder anstarrt, dann prickelt es doch unter der ersten Hautschicht, doch einen Schlüssel für eine passende Visualisierung urbanen Horrors (wie einige Jahre später „Candyman“ bewies, besitzt McTiernan leider nicht (er schrieb auch das Drehbuch).
Irgendwo da drin steckt noch ein wesentlich besserer Film (das recht bekannte Plakat mit der Dämonenfratze ist übrigens sehr irreführend), der aber nicht hervorkommen darf.
„Nomads“ muss man wohl zu den eher misslungenen „vergessenen“ Horrorklassikern der 80er zählen (in etwa so rar wie etwa Michael Manns faszinierenden, aber nicht ganz zu Ende gedachten „The Keep“), der trotz Übergewicht der Schwächen dennoch eine Ansicht lohnt, allein, weil er das Zeitgefühl von 1986 ziemlich genau trifft. Leider war das – genau wie die Musik der 80er – nicht von allzu langer Dauer. (4/10)