Es ist schon ein beklemmendes Gefühl, sich in einem Kleinwagen innerhalb einer Engstelle an einem tonnenschweren, schwankenden LKW vorbei zu quetschen. Auch entspannt cruisend kann das Auftauchen eines verdammt nah auffahrenden Straßenmonsters im Rückspiegel beunruhigend sein. Ähnliche Bilder müssen Science-Fiction Autor Richard Matheson, bekannt vor allem für seinen mehrfach verfilmten Roman 'I am Legend' oder auch die Bücher zu einigen Episoden von Unwahrscheinliche Geschichten, durch den Kopf gegangen sein, als er seinen Entwurf zu Duell schrieb. Obwohl als Drehbuch geplant, fand sich jedoch zunächst kein Studio, welches Potential in einer Katz- und Mausjagd zwischen Truck und Auto sah, weshalb Matheson daraus eine Kurzgeschichte formte, welche im Playboy veröffentlicht wurde.
Der blutjunge Regisseur Steven Spielberg war direkt vom College zu Universal geholt worden, wo er sich mit TV-Serien seine Sporen verdiente und das tägliche Frühstück sicherte. Seine Columbo Episode Tödliche Trennung war noch nicht fertig geschnitten, da kam er Connections sei Dank und ein paar Zufälle später schließlich ins Gespräch für dieses Projekt. Duell sollte keine große Produktion werden, sondern ein TV-Film. Als 'ABC Movie of the Week' wurden zirka 75 Minuten Film benötigt, für die Spielberg eine Drehzeit von 10 Tagen genehmigt bekam. Aufgrund der Zeitknappheit stieß er mit seinem Wunsch, keine Studioaufnahmen zu machen, bei den Produzenten auf wenig Gegenliebe. Um dem Realismus aktueller Roadmovies jedoch entsprechen zu können, setzte er sich unter der Bedingung durch, daß er einige wichtige Filmarbeiten zuerst in einem bestimmten Zeitfenster erledigte. Zwar überzog Spielberg dann trotzdem um 2-3 Tage, hält mit diesem Film aber immernoch seinen Geschwindigkeitsrekord.
Die Umsetzung eines derartigen Plots ist auch ohne Zeitnot ein kniffliges Thema. Dennis Weaver, der auf besonderen Wunsch von Steven Spielberg eingesetzt wurde, da er dessen Performance als Nachtmanager des Motels in Im Zeichen des Bösen als unmittelbaren Maßstab für den psychischen Streß des Protagonisten sah, gibt den kleinen Bürger David Mann. Verborgen im Namen sind bereits Hinweise auf den Kampf David gegen Goliath, sowie auf das ambivalente Muster des Jedermanns. Als dieser Mann nun in seinem roten Valiant hinter einem schmutzigen Peterbilt-Truck auffährt und den rußigen Abgaswolken entfliehend zum Überholen ansetzt, entbrennt ein Konflikt zwischen dem Autofahrer und dem Trucker, dessen Gesicht wir niemals zu sehen bekommen. Einzig die Front des Trucks, mit allerlei Dreck und toten Insekten beschmutzt, blickt bedrohlich auf das kleine Fahrzeug hinab. Kennzeichen aus verschiedenen Staaten wirken wie Jagdtrophäen aufgereiht am Stoßfänger.
Mathesons Horrorgeschichte wendet sich ab von anarchisch gelebter amerikanischer Freiheit auf den staubigen Highways. Der Zuschauer schlägt sich nicht auf die Seite eines Gesetzlosen, der sich wie Kowalski in Fluchtpunkt San Francisco auf seinem Trip auf der Flucht vor der Staatsgewalt zum Volkshelden entwickelt. Es handelt sich auch nicht um ein zufälliges Zusammentreffen von Fahrern wie in Asphaltrennen, die sich schließlich im Konsens auf einen Wettbewerb einigen. David Mann ist der Spielball zwischen seinem geschäftlichen und familiären Termindruck. Er hat kein Interesse an dieser Auseinandersetzung, sondern möchte die Fahrt nur hinter sich bringen. Der Mann wie du und ich ist der Bezugspunkt für die Masse des Publikums. Er ist kein Draufgänger, kein Held. Das anarchische Element aber, der Trucker, greift in den Frieden der Landstraße ein, spielt mit dem Leben seines Opfers und scheint seinen Manövern zu Folge mit dem eigenen bereits abgeschlossen zu haben.
Der Score von Billy Goldenberg unterstreicht die psychische Anspannung mit dissonanten Klängen im Stile Bernard Hermanns Musik zu Psycho. Überhaupt betont Steven Spielberg den hitchcockianischen Aspekt von Duell in seinem retrospektivischen Interview auf der DVD-Veröffentlichung. Passend sind hier sicherlich die Umstände des Jedermanns, dem ungewöhnliche Dinge wiederfahren. Der Ausgangssituation geschuldet entwickelt sich die Suspense an dieser Stelle nicht durch ein Mehrwissen des Zuschauers, sondern durch die Assoziation der Bedrohung mit dem Peterbilt-Truck. Dies ermöglicht Spielberg in seinen rasanten Bildern, die von niedrigen Perspektiven und im Hintergrund vorbeirauschenden Felsformationen profitieren, über die gesamte Laufzeit hinweg mit dem Zuschauer zu spielen, der sich nie sicher sein kann, ob der Trucker diesmal nur protzt oder zu einem weiteren, haarsträubenden Manöver ansetzt. Für die Fahrszenen wurde zum Beispiel auch ein Kamerawagen eingesetzt, der für den Film Bullitt entwickelt worden war.
Was Hitchcock mißfallen hätte ist schließlich einer der wenigen ernsthaften Kritikpunkte an Duell, welcher sich aber wohl durch die Sehgewohnheiten des amerikanischen Fernsehpublikums erkären läßt. Der großflächige Verzicht auf Dialoge beruht sicher nicht nur auf dem Drehbuch, sondern auch der weniger korrekturanfälligen Umsetzung. Leider läßt man hier die durchaus ausdrucksstarken Bilder nicht für sich sprechen, sondern verwendet nach anfänglich glaubwürdigerem Einsatz eines Radiomoderators einen Ich-Erzähler aus dem Off, der David Manns Gedanken ausspricht. In fast allen Fällen ist dies absolut unnötig und hätte auch über die Bilder selbst erkennbar sein können. Die nachträglich eingefügten Szenen, die nach dem großen Fernseherfolg eine Lauflänge für einen Kinorelease vor allem in Europa ermöglichen sollten, sind hingegen förderlich für die Charakterisierung der Figuren und fügen sich somit nahtlos in den Film ein.
In Duell schließt Spielberg auch an die Maisfeldszene aus Der unsichtbare Dritte an und beweist auf voller Filmlänge, daß sich auch die amerikanische Weite im gleißenden Tageslicht dazu eignet, ein beklemmendes Gefühl der Angst zu schüren. Durch Manns untermotorisierten Valiant schrumpft der Highway zu einem Käfig, in dem er der Repression nicht entrinnen kann. Der Truck zieht mühelos an ihm vorbei, wartet auf ihn, läßt sich zurückfallen und taucht plötzlich wieder auf. Anfangs ist David Mann davon überzeugt, die Polizei würde ihm ohnehin nicht glauben. Obwohl auf kleine Siedlungen treffend, ist der Protagonist stets allein. In einem Diner versucht Mann den Trucker an seinen Cowboystiefeln zu erkennen und das Gespräch zu suchen, scheitert aber letztlich daran, daß alle Anwesenden diese Kluft tragen. Als er schließlich den letzten Strohhalm greifen und die Polizei rufen will, weiß der Trucker das Gespräch zu trennen. Er macht klar, daß diese Konflikt nur sie beide angeht und Mann keine andere Wahl hat, als sich dem Duell zu stellen.
Steven Spielberg hat Duell auch als Zwölf Uhr mittags auf Rädern bezeichnet. Nun deutet der Film an, daß David Mann auch in seinem bisherigen Leben nicht die Hosen an hatte und sich so gegenüber dieser Bedrohung erst zu einer Emanzipation aufraffen muß, was nur indirekt dem Muster gleicht in dem Marshal Kane gegen den Willen seiner Frau Amy auf das Duell wartend in der Stadt bleibt. Dennoch stellen beide Protagonisten eine Unausweichlichkeit der Konfrontation fest, die früher oder später statt finden muß. Mit dem Aufbau der Spannung zwischen Mann und dem Trucker, die sich schließlich in einem furiosen Zeitlupenfinale entläd sowie dem auffälligen Interesse der Kamera für den Gesichtsausdruck der Hauptfigur ist Spielberg der Bildsprache im Westerngenre recht nahe.
Mit diesem Überraschungserfolg begründete Steven Spielberg seine Position als Filmregisseur, erfrischte aber auch gleichzeitig das noch junge, aber konservativ geprägte Format des Fernsehfilms mit seinem minimalistischen Wagemut. Einerseits etablierte Spielberg damit zwar die Option, auch einen künstlerischen Anspruch an ein Fernsehprodukt hegen zu können, setzte andererseits aber zeitgleich durch die relative Massentauglichkeit den Ausverkauf in Gang, welcher durch das Blockbuster-Prinzip nach Der weiße Hai der eher formellosen New-Hollywood-Welle ein jähes Ende bereitete. Tatsächlich finden sich bereits in Duell einige Versatzstücke, die er über die Jahre in seinen Filmen wieder verwendet und ausgearbeitet hat. Durch den nachgedrehten Anruf zuhause taucht eine Familiensituation auf. Letztlich bedroht der Trucker auch die Heimfahrt des Ehemannes und nimmt so Einfluß auf den Familienfrieden. Die Tankstellenbesitzerin und das passierende alte Ehepaar ließ er in späteren Werken erneut erscheinen. Am deutlichsten aber sind wohl die Parallelen zu Spielbergs Haispektakel, wo er zum Beispiel die Schulbus-Szene und das Ende modifiziert einsetzt.
Seine große Wirkung auch oder gerade über die in Produktionsmitteln limitierte Ungeschliffenheit entfaltend ist Duell als Grundstein einer erfolgreichen, wenngleich durch die entstandenen Produkte nicht immer unumstrittenen, Karriere unbedingt sehenswert. Der transzendente Fatalismus, mit dem der Trucker eine aggressive Gegenreaktion David Manns nahezu herbei sehnt ist wohl einzigartig in Spielbergs Schaffen. Nicht nur als respektables Werk sollte der einer abfälligen Bezeichnung als Fernsehfilm erhabene Duell deshalb Interesse wecken, sondern als aus der Filmographie hervorstechendes Frühwerk.