Man nehme einen Erzbösen, der lukrative Geschäfte mit Drogen und Prostitution macht und der so böse und gewieft ist, dass die Pariser Polizei machtlos ist und deshalb einen chinesischen Spezialagent (Jet Li) anfordert, der ihnen helfen soll. Schon hat man das (nicht gerade innovative) Grundgerüst für diesen Action-Film, das sich übrigens Jet Li persönlich ausgedacht hat. Na ja...
Als Liu Jian (Jet Li) einen Dealer überwacht, der sich mit zwei Nutten in seinem Zimmer begnügt, wird der Dealer inklusive einer Prostituierten erfolgreich aus dem Weg geräumt – und zwar ausgerechnet von Inspektor Richard (Tcheky Karyo), der sich schnell als der Erzböse herausstellt. Er schiebt Liu Jian die Schuld in die Schuhe, der daraufhin fliehen muss, sich zuvor aber noch eine Kassette der Überwachungskamera aneignen kann, die Inspektor Richard als den Mörder zeigt. Freilich ist Inspektor Richard jetzt hinter Liu Jian her, der erst mal untertauchen muss und sich dann ganz zufällig mit der Prostituierten Jessica anfreundet, die in den ganzen Fall verwickelt ist. Sie hat nämlich ausgerechnet mit unserem Erzbösen eine kleine Tochter, die ihr ein und alles ist und natürlich bald als Geisel herhalten muss.
Gleich zu Beginn ist eigentlich klar, wer gut und böse ist. Und auch bei Inspektor Richard muss man nicht lange grübeln. Bei Kiss Of The Dragon gibt es jede Menge Standard-Böse, die eingekleidet mit Bomberjacken, schwarzen Klamotten und mit bösen Blicken versehen als Richards Handlanger fungieren.
Die Story von Drogendealern und Prostituierten ist nicht gerade neu oder innovativ. Was ist also so besonders an dem Film? Ich weiß es nicht, außer dass er vielleicht ausnahmsweise mal in Frankreich statt auf Amerikas harten Straßen oder in Hongkong spielt. Dass der Film in Paris spielt, merkt man aber eigentlich nur am Anfang, als Jet Li vom Taxi kutschiert wird. Denn das fährt selbstverständlich an sämtlichen für Paris typischen Bauwerken vorbei, bevor Jet Li dann in einem heruntergekommenen Rotlichtviertel aussteigt.
Dafür ist Action reichlich vorhanden. Rasant und tatsächlich richtig brutal. Wie es durch einen heruntersausenden Lift einem Bösen den Oberkörper wegfetzt (im Free-TV rausgeschnitten), ist schon recht imposant gemacht. Da werden Leute zu Tode geprügelt, erstochen, erschossen oder mit Bügeleisen und Billardkugeln außer Gefecht gesetzt. Und natürlich auch noch mit Akupunktur-Nadeln, wovon Jet Li stets welche an seinem Handgelenk trägt, um im entscheidenden Fall damit zu lähmen oder gar zu töten. Doch gerade der Tod durch die Nadeln ist nicht gerade sehr toll gemacht. Jet Li erklärt zwar, dass man stirbt, indem einem dann das ganze Blut zu Kopf steigt und aus Nase, Mund und Augen qillt (dieser Todesstich wird titelgebend Kiss of the Dragon genannt, aber das nur so nebenbei), aber zu sehen, wie der Mann dann im Gesicht blutet, mutet wie aus einem extrem billig gemachten Horror-Film an.
Die Fights selbst bestehen oft nur aus stumpfsinnigen Schießereien. Es wird zwar auch mal eine Handgranate geworfen, aber das nur, damit man eine Entschuldigung für eine eindrucksvolle Explosion hat. Mit Drähten wird bei den Fights so gut wie gar nicht gearbeitet, daher sind die Kämpfe relativ „realistisch“, obwohl die Schläge und Kicks der Protagonisten von wahrer Durchschlagskraft zeugen. So wird schon mal ganz lässig durch USB-Platten-Wände gekickt, um den dahinterstehenden Gegner auszuschalten. Und jede Menge Glas geht natürlich auch zu Bruch.
Kiss Of The Dragon ist also insgesamt wirklich brutal, was einem manchmal jedoch schon direkt selbst wehtut bei so viel Stumpfsinn. Sogar einigermaßen spannend ist der Film beim ersten Mal, auch wenn man schon zu Beginn ahnt, wie das alles ausgehen wird. Humor ist fast keiner vorhanden, außer in ein paar unfreiwillig komischen Momenten. Leider kann der Film auch mit etlichen dämlichen bis lächerlichen Szenen aufwarten, die wohl öfters des Humors oder der Coolness wegen eingestreut wurden, aber einfach nicht überzeugen können (etwa als ein riesiger Schläger vor einem Kampf sinnloserweise sein Oberteil auszieht, damit man seinen eingeölten, gestählten Oberkörper sehen kann).
Was weiterhin störend auffallen mag, ist die musikalische Untermalung: Hier bediente man sich größtenteils in der HipHop-Szene, wobei das Gerappe immer dann auftaucht, wenn man irgendwelche (meist Kampf-)Szenen besonders cool stylen wollte. Leider wirkt das dann aber besonders billig und krampfhaft bemüht.
Die Darsteller leiden alle an ihren absolut klischeebeladenen Figuren: Jet Li spielt den ernsten, scheuen Chinesen, dessen Beruf für ihn im Leben alles ist. Teilweise erinnert er mich in diesem Film an einen Bruce Lee-Verschnitt, macht seine Sache insgesamt aber ganz souverän und es macht Spaß ihm zuzusehen. Bridget Fonda verkörpert die Rolle der Hure Jessica ganz okay. Dass ihre Figur absolut klischeehaft und teilweise lächerlich ist, dafür kann sie nichts. Tcheky Karyo als 0815-Oberböser ist natürlich durch und durch böse und absolut unmenschlich.
Zwar waren meine Erwartungen bei Kiss Of The Dragon nicht sonderlich hoch, aber im Endeffekt – und trotz all der oben genannten negativen Punkte – ist der Film insgesamt noch akzeptabel. Er ist einigermaßen spannend, rasant und in seinen ca. 90 Minuten nicht langweilig. Zwar nerven einige Stellen genauso wie die ganzen Klischees für Gut, Böse und Prostituiert und die Schauspieler werden mit ihren Leistungen keinen Oscar gewinnen, aber kurzweilige Unterhaltung ohne Hirn ist Kiss Of The Dragon allemal.