Review

Eine unrühmliche Geschichte umrankt das heiß ersehnte und schließlich dann auch von Paul Schrader („American Gigolo“, „Touch“) realisierte Prequel zu William Friedkins Klassiker „The Exorcist“. Der ohnehin erst nach etlichen Verzögerungen und Besetzungsschwierigkeiten fertiggestellte Film wurde noch vor seiner Veröffentlichung direkt in den Giftschrank verfrachtet, weil Morgan Creek glaubte, dass das Publikum mit Schraders Version gar nichts anzufangen wüsste. Also wurde Renny Harlin („Die Hard 2“, „Cliffhanger“) beauftragt eine ansprechendere Fassung zu drehen, die dann letztlich auch nicht den erhofften Erfolg brachte. Dank einer Petition und Schraders Drängen können wir „Dominion: Prequel to the Exorcist“ nun doch noch auf DVD bewundern.
Vergleiche fallen schwer, weil vom Drehbuch bis zur Besetzung sich letztlich zwei nur noch marginal ähnliche Filme gegenüber stehen. Wer die blutrünstige, effekthaschende Show sehen will, der greift zu Harlins Cut und wer die reifere, aber leider nicht bessere sehen will, der guckt sich Schraders an.

Egal, das Drehbuch von William Wisher Jr. („Terminator 2: Judgment Day“, „The 13th Warrior”) und Caleb Carr nimmt sich des Themas jedenfalls bewusster und ruhiger an, zieht den Film deutlich in eine dramatische Richtung auf und spart sich den Exorzismus, um den es ja eigentlich gehen soll, fast bis zum Schluss auf.
„Dominion: Prequel to the Exorcist“ ist in erster Linie ein Film über Father Merrin, der von Stellan Skarsgård („Ronin“, „King Arthur“) sehr nüchtern und wenig zugänglich gespielt wird. Im übrigen ein riesiges Problem des Films sich von einem Hauptdarsteller leiten zu lassen, dem Emotionen fremd zu sein scheinen und das nicht nur weil dessen Charakter so komplett verschlossen ist.

Lediglich die Darstellung seines Schicksals, die Zusammenkunft mit deutschen Soldaten im Zuge des 2. Weltkriegs und seine daraus resultierende Schuld, die ihn am Glauben und damit auch an der Kirche zweifeln lässt, hinterlässt ihre Spuren. Man schiebt ihn ab, versucht ihn nüchtern als Problem betrachtend anderweitig zu beschäftigen. Für den Zuschauer bedeutet dies, dass er in einer drögen Einsilbigkeit abwärts Richtung Afrika, wo Father Merrin eine verborgene Kirche ausgräbt, die mit untypischen Merkmalen Eindeutiges aussagt, mitreisen muss, um der Inbesitznahme eines ausgestoßenen Eingeborenen durch einen uralten Dämon beizuwohnen.

Doch dies scheint zunächst nicht weiter von Interesse, denn Merrin rückt nahezu gänzlich in den Fokus. Inmitten einer sich zuspitzenden Lage muss er vor Ort zwischen Eingeborenen und bald eintreffenden, britischen Soldaten vermitteln, sich mit dem missionierenden, idealistischen Jung-Pastor Father Francis (Gabriel Mann, „Buffalo Soldiers“, „The Bourne Identity“) herumschlagen und so ganz nebenher noch zu sich selbst finden. Dabei versucht ihm Rachel Lesno (Clara Bellar, „The First 9 1/2 Weeks“), die lokale Krankenschwester, die selbst ihre einschlägigen Erfahrungen aus dieser Zeit mit nach Afrika brachte, zu helfen. Deren zwischenmenschliche Beziehung bleibt leider genauso unterentwickelt wie der Hauptcharakter selbst und der auf dem schwarzen Kontinent schwellende Konflikt zweier Glaubensrichtungen (Heiden vs. Christen). Man könnte von Methode oder einfach einem enorm substanzlosen Drehbuch schreiben. Viel wird in Angriff genommen, nichts wird richtig angepackt. Der Film verweilt in seiner Wüstenoptik und schafft sie nur mühevoll mit dramatischen Elementen zu versehen. Die Kirche wird gänzlich verschenkt.

Für den Zuschauer beginnt damit auch eine Geduldsprobe, denn das sich hier entwickelnde Drama hat weder besonders gut aufgelegte Schauspieler noch stellt es die essentielle Frage nach dem Glauben, von dem Merrin abgefallen ist. Weder kann Schrader inmitten der heißen Wüste die beklemmende, Unheil ankündigende Atmosphäre wesentlich steigern, noch kommt er über die Ansätze intelligenten Horrors hinaus. Hier ein paar unheilschwangere Omen, dort ein wenig mysteriöses, bedeutsames Schwelgen in der Savanne und mies programmierte Hyänen - zu mehr scheint Schrader mit seinem Skript nicht im Stande.
Die Zeichnung dieser Figur bleibt oberflächlich, eine wirkliche Auseinandersetzung findet allein schon deswegen kaum statt, weil Merrin nur ganz wenig über sein Inneres preisgibt und ständig mit der angespannten Situation vor Ort beschäftigt ist. Ein Zwischenfall, ein Streichholz an das trockene Gras und ein Massaker zwischen den leicht zu reizenden Briten und den gläubigen, das Schlimmste aufgrund der geöffneten Kirche befürchtenden Eingeborenen wäre die Folge.

Diese Eskalation, ein totaler Umbruch in Anbetracht des bis dahin gemächlichen Geschehens, zögert der Film dann bis zum finalen, nach Hauruck-Methoden einsetzenden Exorzismus, der dann selbst als Höhepunkt kaum Horror, Grusel und Spannung praktiziert und in seiner Gewöhnlichkeit für Paul Schrader schon fast einen Offenbarungseid bedeutet, weil bis auf die der halben Wahrheit entsprechenden Aussagen des kaum beeindruckenden, keine Angst einflößenden Dämons nie Angst, Schrecken und vor allem Faszination in Richtung Publikum getragen werden, hinaus. Die auch in seiner Version sporadisch einsetzenden, blutigen Momente, inklusive einer fiesen Jesus-Pose, und bedeutungsschwangere, letztlich aber sinnlose Traumvisionen vermögen davon stets nur unzureichend abzulenken.


Fazit:
Ich selbst ziehe Renny Harlins Version vor, auch wenn die ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei und dem Original genauso unwürdig ist. Immerhin wirft der Mann allerdings so effektiv mit Schocks und blutigen Effekten um sich, dass er aus der laschen Vorlage einen konsumierbaren, formelhaften Unterhaltungsfilm fabrizierte.
Paul Schrader hingegen scheitert am Anspruch des Drehbuchs den Exorzismus selbst lediglich als Gimmick zum Schluss einzusetzen, um bis dahin ein vollgepacktes Drama abzuhandeln, das von ethnischen Konflikten über eine Selbstfindung bis hin zum kritischen Umgang mit dem Glauben an sich alle Felder abernten möchte und bravourös scheitert. Wirklich sehenswert ist keiner von den beiden, denn die Misskonzeption der beiden Autoren ist kaum wegzudichten. Den Willen einer intelligenten Auseinandersetzung mit dem Stoff will ich den beiden gar nicht absprechen, doch ihre Niederschrift und die spätere Umsetzung erweist sich als unzureichend.
Deswegen bleiben wir doch lieber beim etwas überschätzten Original und vergessen den Versuch die Vorgeschichte zu erzählen am besten wieder. Lang haften wird dieser Versuch im Langzeitgedächtnis ohnehin nicht.

Details
Ähnliche Filme