Jetzt muss ich dann doch mal eine kleine Lanze für Volker Schlöndorff brechen. Mochte ich seine früheren Werke überhaupt nicht weil sie irgendwie immer furchtbar hochtrabend waren, muss ich da zumindest teilweise jetzt Abbitte leisten. Schon ENIGMA hat mir sehr gut gefallen und „Die Stille nach dem Schuss“ setzt meinen positiven Eindruck durchaus fort, allerdings nicht in allen Belangen
Rita ist eine Terroristin die aufzufliegen droht. Hilfe erhalten sie und ihre Freunde von DDR-Agenten, die den Radikalen zu einer Flucht nach Frankreich verhelfen. Dort kommt es jedoch zu Spannungen innerhalb der Gruppe. Als Ritas Freundin bei einer Routine Straßenkontrolle einen französischen Polizisten erschießt müssen sie erneut untertauchen. Während ihre „Kameraden“ weiterhin ihrem zweifelhaften Lebenssinn nacheifern, entscheidet sich Rita für ein bürgerliches Leben in der DDR unter einem neuen Namen. Schnell fasst sie dort auch Fuß und findet in Tatjana eine richtige Freundin. Als jedoch Ritas Bild in der Presse auftaucht und sie von einer Arbeitskollegin erkannt wird muss sie jedoch erneut flüchten und alles hinter sich lassen….
Ein großes Lob geht an Schlöndorff im Bezug auf die Ausstattung seines Films. Man hat in nahezu jeder Einstellung das Gefühl sich wirklich in der DDR der 70er bzw. später dann 80er Jahre zu befinden. Ich konnte auch keinen der berüchtigten Filmfehler entdecken, alles wirkt absolut zeitgetreu.
Filmisch (und dabei meine ich eher den Unterhaltungswert) gibt es in der Mitte einige Abstriche zu machen., Nach einem recht forschen Beginn, driftet der Film dann doch in recht langatmige Szenarien ab, was man Schlöndorff aber gar nicht mal vorwerfen kann, denn die Integration seiner Hauptfigur erfordert eben einen gewissen filmischen Zeitraum, der dann notgedrungen etwas schleppender ausfällt. Gegen Ende wird’s dann aber wieder deutlich besser.
Interessant ist das Empfinden des Zuschauers was Rita angeht Man ertappt sich ständig dabei, eine große Symphatie für die Dame zu hegen, denn sie wird hier keineswegs als gefühlloses Monster dargestellt, sondern als ein Mensch, der seine Vergangenheit zwar nicht bereut, sie aber trotzdem hinter sich lassen will. Daher ist das (unausweichbare) Nicht Happy End zwar angebracht, dem Zuschauer tut es aber doch irgendwie leid, obwohl die Dame ja immerhin eine gesuchte Terroristin ist. Das liegt wohl auch an der Darstellung von Bibiana Beglau, die mich in der Rolle vollends begeistert.
Andererseits ist das auch ein zweischneidiges Schwert, denn ob dies wirklich der gängige Charakter einer Terroristin ist, bzw. war, wage ich dann doch zu bezweifeln und man könnte dem Regisseur wenn man ihm bös wollte, vorwerfen, Symphatien für radikale Gruppen zu hegen. Der positive Eindruck des Zuschauers rührt wohl auch daher, das Rita in ihrer Zeit bei der Gruppierung eigentlich keine richtig extremen oder brutalen Verbrechen begeht (bzw. der Zuschauer keine im Bild gezeigt bekommt), sondern bestenfalls als eine „anders denkende“ dargestellt wird. Das erscheint mir persönlich doch ein Stück zu inkonsequent, denn genau dieser Punkt führt nämlich zu den hohen Symphatiewerten des Zuschauers.
Auch bei der Eingliederung von Rita in die ostdeutsche Gesellschaft macht es sich Schlöndorff etwas zu leicht. Das geht alles relativ schnell und vor allem reibungslos über die Bühne, was ich für äußerst fragwürdig halte. Das funktioniert vielleicht im amerikanischen Mainstreamkino (unter dem Motto „von der Agentin zur Hausfrau“), hier finde ich es einfach etwas zu unproblematisch dargestellt.
Dennoch kann ich mich den vernichtenden Kritiken der hier als Link angegebenen Fremdrezensionen nicht anschließen. Sicherlich kratzt der Film bestenfalls an der Oberfläche, was die Terrorismus-Problematik betrifft und scheitert daher auch an diesem Anspruch (und ich bin mir sicher dieser war vorhanden). Als eigenständiges Drama weiß er aber durchaus zu fesseln und auch zu unterhalten.
7,5/10 Punkte