Es wäre schon schade, wenn man nach all den Jahren mitbekommen würde, dass Einem Regisseur Cheng Kang doch bei weitem nicht so zusagt, wie ehedem angenommen. Sicherlich kann man das noch nicht einschätzen und entsprechend abwerten, wenn man insgesamt nur 4 Arbeiten von ihm kennt; aber immerhin reichte auch nur 1 Film aus, um ihn im Glauben relativ unantastbar zu machen.
Die Rede ist vom auch hierzulande bekannt – berühmten Fourteen Amazons [ DT: Die Rache der Gelben Tiger, 1972 ], der bis heute seine Wirkung und damit verbunden auch seinen Status und den des Filmemachers dahinter beibehalten hat.
Kidnap [ 1974 ] als Thrillermischung aus Dokumentation und Pulp geriet ihm auch durchaus ansprechend, aber King Gambler [ 1976 ] und Gambler‘s Delight sind nicht gerade Werke für Jedermann.
Beide für sich spielen nicht nur mit den gleichen Themen, sondern machen auch genau die gleichen Fehler. Defekte, die ein Wong Jing zu Anfangszeiten bei seinen Gamblingsmovies Challenge of the Gamesters [ 1981 ] und Winner takes All [ 1982 ] nicht gemacht hat und dieser demzufolge Chengs Vorlagen auch zumindest erfüllt; wenn nicht so gar den Maßstab noch etwas weiter höher treibt. Wenigstens ergibt sich ein schönes Stechen zwischen den Regisseuren; Alt gegen Neu erweckt noch zusätzlich das Interesse des inhaltlich oft weniger aufregenden Settings.
Das hiesige Problem ist aber nicht Gleichmut oder Apathie im oder gegenüber dem Drehbuch, sondern dass dort einfach zu viel gewollt wird; Cheng selber füllt die einfachste Prämisse mit Unmengen an anderen Dingen, die entweder gar nicht darein gehören oder man auch so hätte weglassen können. Und wenn er schon den Stoff vollpropft, dann sollte man sich wenigstens die entsprechende Zeit dafür nehmen und nicht in Hektik verfallen.
Bereits nach wenigen Minuten wird es anstrengend, weil der Film rein- und rausspringt, als gäbe es kein Morgen mehr. Fragezeichen entstehen dabei weniger, aber man schafft es einfach nicht, sich die Handlung richtig anzueignen, sich in sie hineinversetzen und teilnehmen zu können. Weil man nicht die nötige Muße dafür bekommt. So sehr um Aufmerksamkeit kämpft, dass man es permanent übertreibt. Und die Figuren nicht zwangsläufig sympathisch gelingen.
Die Geschichte geht um Dragon [ Danny Lee ]. 32 Jahre, arbeitet auf Macau als Aufsicht in einem Casino. Er ist stadtbekannt als Spieler und Schummler – etwas, dass anscheinend fliessend ineinander übergreifen muss, auch ausgiebig betrieben, aber bei Anderen dennoch nicht toleriert wird. Als die japanische Madam Jin, auch genannt „Goldfinger“ [ Chan Ping ] mit einigen Tricksereien und trotz seiner Überwachung einen ganzen Batzen Geld gewinnt, stinkt ihm das gewaltig. Er fordert sie zu einem persönlichen Duell heraus, dass sie wiedermals für sich entscheidet. Derartig vorgeführt und in der Ehre gekränkt, macht er sich nach HK zu seinem alten Kumpel Sha Tung [ Chung Wa ] und weiteren Freunden auf, um sie gemeinsam hereinzulegen.
Simpler, aber effektiver Ausgangspunkt, leicht verständlich und motivierend, und extrem geeignet, ihn mit allen möglichen Zutaten aufzuwerten. Was auch gtan wird; nachdem das Ziel prompt in den Raum gestellt ist, fehlt ja nur noch das Wie. Und genau das ist der Schwachpunkt, das Wie wandelt sich nämlich in ein „Ist das nötig ?“ und „Was war das jetzt ?“ um.
Alles muss scheinbar zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten passieren, aber damit ist nicht der finale Clou gemeint, der Madam Jin hinters Licht führen soll. Sondern die Erzählführung der Vorbereitung, der Planung. Man macht verhältnismässig viele Umwege und eröffnet dort fast immer eigene Filme; natürlich keine Ganzen, sondern nur die Trailer davon.
Die Zusammenfassung vieler verschiedener Elemente zu einer Entität misslingt dabei. Rückblenden, Vor- und Nachgeschichten, Ahnungen, Angenommenes, Spekulatives und knapp Tatsächliches mit wenig erklärenden Hinweisen reihen sich in wilder Ordnung nacheinander an. Schon soweit verständlich gehalten - bis auf eine kurze Verwirrung, in welcher Zeit man sich jetzt befindet, ob in der fortschreitenden oder in der zurückschauenden -, aber immer mit zuviel Druck und zuwenig Geduld.
Dragon geht also nach HK, hat auf der Fahrt Rückblenden wie er mit Sha Tung aus dem Waisenhaus geflüchtet ist wobei sie die passende Situation gefunden haben um den Wärter während seines verbotenen Liebesspieles abzulenken und so aufgezeigt wird dass sie kein Schloss und keine Mauer aufhalten kann was als Querverweis auch später noch einmal bei einem Gefängnisausbruch deutlich wird nachdem sie wegen verbotener Vorführung eines Pornos zum Geldverdienen verhaftet wurden Man landet plötzlich bei einer Nutte legt anschliessend den Polizeichef als Bestrafung für die Verhaftung herein um mit dem Geld eine Akrobatentruppe zu gründen Nach einer Wilhelm Tell Nummer mit scharfen Waffen und anschliessender Prügelei mit einer aufmüpfigen Kleingang steht noch die Vereitelung einer Entführung mit hervorbrechender Vergewaltigung auf dem Plan bevor man einen Laster klaut in eine Elektronikfabrik einbricht um Diamanten eines Schmugglerringes zu entwenden den Bankchef mit verräterischen Fotos zu erpressen um Legalität vorzutäuschen und einen augenscheinlich koscheren Spielclub zu eröffnen und damit die umtriebige Madam Jin mit einem gefakten Pferderennen anzulocken.
Positiv dabei ist, dass man sich oft genug vom Spieltisch wegsetzt und analog dazu mehr eine bodenständige Urbanität statt elitäres Distinktionsbedürfnis im Vordergrund steht. Würde man das ansprechend in Szene setzen und nicht mit fliegenden Übergängen und Haste nicht gesehen – Schnitten, käme also sicherlich etwas Wirksames dabei rum. So wie hier präsentiert jedenfalls nicht, zumindest nicht im vollen Grade. Cheng folgt der Handlung wie Dragon am Anfang der verräterischen Madam Jin – misstrauisch, missmutig, forschen Schrittes und prüfenden Blickes. Auf Schritt und Tritt und mit unwiderbringlichen Auflagen. Und nur seine Bedingungen gelten etwas, er führt ja die Aufsicht.
Also diktiert er. Man ist ja noch gar nicht in der jeweiligen Szene drin, als schon in abrupter Manier 4 weitere abgelaufen sind. Der Aufenthalt im Gefängnis nimmt vielleicht 20 Sekunden ein, inclusive der vollständigen Flucht.
Cheng schneidet ganze dreimal, nur wenn Jemand aufsteht, sich kurz zur Begrüssung beugt und eine einladende Handgeste macht. Wenn es eine flüssige Überleitung wäre, die nicht das Auge stört, sondern ihm schmeichelt, wäre das in Ordnung. Aber er nimmt ganz andere Aufnahmen für die zweite und dritte Bewegung, entgegengesetzte, so dass es mehr als abgehackt erscheint und den Rhythmus nicht nur stört, sondern ganz auslöscht. Das kann man machen, um das Interesse des Zuschauer zu erregen und ihm damit zeigen, dass jetzt etwas Wichtiges passiert und er bitte seine Sinne schärfen soll. Aber doch nicht ständig. Vor allem dann nicht, wenn noch eine Vielzahl Zoom Ins, Zoom Outs und Reißschwenks dazu kommen und das Metrum nur betont gehalten wird.
Analog dazu heischen auch die präsentierten Bilder eigenständig nach dem grösstmöglichen Effekt. Dazu gehört vor allem viel frontal Nudity, auch zu den unmöglichsten und / oder nebensächlichsten Momenten; und auch eine kräftige Dosis arg übertriebener Gewalt. Damit sind nicht die Blutpäckchen bei den später eingeschobenen Actioneinlagen gemeint; diese gehören in das Subgenre hinein und nehmen bis auf eine Schraubstockfolter auch keinen ungewöhnlichen Rahmen. Aber das Glied eines Fast - Vergewaltigers abzuschneiden und es gekocht seinen Schergen vorzusetzen, muss nicht unbedingt in einen Unterhaltungsfilm hinein; die Grossaufnahme und das genüssliche Abfahren des pikanten Serviervorschlags zeugt von sehr wenig Fingerspitzengefühl. Auch deswegen mögen einem die Guten in der Erzählung nicht so wirklich als Identifikation geraten; die Helfer und Helfershelfer erfahren sowieso kaum Achtung, das Meiste geht auf Danny Lee und Chung Wa über.
Im letzten Drittel startet dann erneut ein anderer Film; diesmal im Vergleich zu den vorherigen Fragmenten aber in der Extended Ultimate Edition und plötzlich auch viel ruhiger und gleichzeitig dynamischer formuliert. Hierbei kommt auch endlich der lange angekündigte Thrilleraspekt zum Vorschein; der minimalistisch auf Spannung ausgerichtete Score gab bereits im Vorspann die Anzeichen und Rahmenbedingungen vor. Das Setzen in die Modern Day Gesellschaft der frühen 80er - was bei HK Filmen immer eine gefühlte Zeitrechnung mindestens eine Dekade zuvor erwirkt, also optisch die 70er - kommt der rauhbeinigen Attraktivität zugute; nun lässt man auch die Taschenspielertricks sein und legt eine schöne Martial Arts Eingebung in den Showdown.
Besser spät als nie und ein neues Wort lernt man auch noch: Ninconpoop. Einfaltspinsel.