Regisseur Alejandro Aménabar ist mit „Öffne die Augen“ ein echtes Meisterwerk gelungen. Seit „Spurlos verschwunden“ von George Sluizer hat mich kein europäischer Film mehr derart in seinen Bann geschlagen.
Zur Handlung: Playboy César (Eduardo Noriega)ist charmant, sieht gut aus und hat jede Menge Geld. Die jungen Damen liegen ihm also zu Füßen.
Doch jetzt sitzt er in einer Nervenklinik einem besorgten Psychiater (Chete Lera) gegenüber. César soll einen Mord verübt haben, doch seine Erinnerungen daran sind wirr und sehr ungenau. Gemeinsam versuchen sie die vergangenen Ereignisse zu rekonstruieren.
Auf seiner Geburtstagsparty lernt César die hübsche Sofia (eine echte Augenweide: Penélope Cruz) kennen. Seine Geliebte Nuria (Najwa Nimri) beobachtet die Szene. Am nächsten Morgen wartet sie mit dem Auto auf ihn und rast, außer sich vor Eifersucht, mit ihm einen Abhang hinunter. César überlebt als einziger, ist aber im Gesicht furchtbar entstellt. Eine Operation soll helfen. Die gelingt auch, doch dann geschehen merkwürdige Dinge. Im Spiegel erblickt César nach einiger Zeit wieder sein entstelltes Gesicht, Nuria kehrt zurück und gibt sich als Sofia aus, und in einer Bar redet plötzlich ein Typ mit ihm, den er nur aus dem Fernsehen kennt. César beginnt an seinem Verstand zu zweifeln...
... und fast genauso ergeht es auch dem Zuschauer, der wie der Hauptdarsteller bis zum Schluss darüber im Dunkeln gelassen wird, was wirklich vor sich geht. Aménaber hat seinen Film meisterlich verschachtelt. Der Übergang zwischen Traum und Realität ist hier mehr als durchlässig: er ist fließend. Nie ist sicher, welche Dinge wirklich passieren oder sich nur in Césars verzerrter Wahrnehmung abspielen. Von Anfang an baut „Öffne die Augen“ eine beklemmende Atmosphäre auf, die an Finchers „The Game“ und Lynchs „Lost Highway“ erinnert. Schon die Eingansszene verdeutlicht, was den Zuschauer hier erwartet. César wacht auf, steigt in sein Auto und fährt durch ein menschenleeres Madrid. Er schreckt hoch, und das gleiche Szenario beginnt mit geringfügigen Veränderungen noch einmal. Doch ist das wirklich Realität? Oder wieder eine Halluzination? Denn nur wenig später sieht man César in einer Zelle sitzen und einem Psychologen wirre Geschichten erzählen. Und er trägt eine Maske. Spätestens jetzt beschleicht einen die Gewissheit: hier stimmt etwas nicht.
Eduardo Noriega spielt den Playboy César, der ein Wechselbad der Gefühle durchläuft. Aus dem selbstbewussten jungen Mann wird ein von Selbstzweifeln zerfressener, unberechenbarer Mensch, der sich am Rande des Wahnsinns befindet und der (vielleicht) einen Mord auf sich geladen hat. Noriega überzeugt in jeder Szene, in jeder Nuance seiner Figur, egal, ob Traum, Realität oder Wahnvorstellung. Dennoch wird er von Penélope Cruz in den Schatten gestellt, und das nicht nur wegen ihrer atemberaubenden Schönheit, sondern wegen ihrer Rolle an sich. Sie ist Sofia, die geheimnisvolle Schöne, die mysteriöse Schlüsselfigur in Césars Leben. Es ist Sofia, an die man sich erinnert, lange nachdem der Fernseher schon aus ist. Dabei ist es fraglich, ob sie in Wirklichkeit überhaupt existiert- oder nur in Césars Träumen vorhanden ist.
Aménabar schafft es, die Spannung stetig zu steigern, bis zur furiosen finalen Auflösung, die César im wahrsten Sinne des Wortes die Augen öffnet. Selbst über das Ende hinaus lässt Aménabar jede Menge Raum für Deutungen und Interpretationen. Und das ist auch gut so. Denn dieser ist Film wie ein Traum, der nicht bis in die letzte Essenz erklärt sein soll, der einen nicht wieder loslässt und den man immer wieder träumen will. Mehr davon! Von mir gibt es für dieses Meisterwerk über einen Trip in die menschliche Seele 10 von 10 Punkten.