Nach der mehr als überzeugenden "Neu-Entdeckung" von "Die Firma" in einer kürzlichen TV-Ausstrahlung, geht's natürlich mit einer wesentlich größeren Erwartungshaltung an "The Interpreter" und entgegen des Trends diverser Enttäuschungen, die auf das Konto unnötig gehypter Produktionen geht, ist Sydney Pollacks Thriller endlich mal wieder ein Lichtblick in Sachen anspruchsvoller Film-Kost...
Nicole Kidman spielt die titelgebende Dolmetscherin, die zufällig ein Mord-Komplott an einen afrikanischen Staatschef belauscht. Dieses Wissen begibt sie natürlich in eine prekäre Lage, in der ihr Sean Penn zuerst skeptisch beseite steht, aber auch der diziplinierteste Cop kann sich nicht gegen die Beschützer-Instinkte gegenüber der blondierten Schönen erwehren...und man kann es vollkommen nachvollziehen - die Kidman wird von Film zu Film attraktiver. Es erinnert kaum noch etwas an das rothaarige Marzipan-Schweinchen aus "einem fernen Land"...
Das sie darüberhinaus zu einer der begabtesten Schauspielerinnen ihrer Generation gehört, hat sie mit "Birth" bereits bewiesen. Sean Penn muss niemanden mehr etwas auf's Brot schmieren - er *ist* einfach gut...und diese Stars im Doppelpack sind einfach ein Genuß!
Sydney Pollack gönnt seinen Darstellern allerdings selten wirklich hochemotionale Momente. Die Figuren der Übersetzerin und des Ermittlers sind von einer übergroßen (beruflichen) Professionalität gekennzeichnet die sich notwendigerweise bis ins Privatleben zieht, bei der sie sich nur unter Qualen zu ihren Gefühlen bekennen können. Pollacks Regie besticht dazu mit einer ungewöhnlichen präzisen Regie, in der kein Bild, kein Schnitt, kein Wort und kein Blick lediglich als Deko fungiert. Alles untersteht der genausten Informationsvermittlung und der Plot wird dadurch mit Höchstgeschwindigkeit vorangetrieben und auf einem hohen Level gehalten.
Dabei ist der Film nichtmal wirklich innovativ...viele Elemente erinnern an "Ausnahmezustand", "Spy Games", "In the Line of Fire" und Konsorten. Sydney erfindet da das Genre in der Beziehung nicht neu, geht dafür wesentlich mehr ins menschliche Detail als seine Kollegen und lässt aufgefuchste Ermittlungs-Arbeit oder High-Tech-Speränsken aussen vor.
Viel definiert sich über das gesprochene Wort in seinem gesamten Spektrum, weshalb es sträflich sein dürfte, sich mit der synchronisierten Version zu befassen - so unterkühlt und unnahbar die Charaktere auch scheinen mögen, es braucht schon einen Penn oder eine Kidman, um den innerlich brodelnden Vulkan so gekonnt durch die Masken schimmern zu lassen. Die Explosion passiert zum Finale, aber auch die hat nur einen unterdrückt-eruptiven Charakter. Bis dahin wird man mit wenigen, spektakulär inszenierten Action- und Suspense-Szene begleitet und man erhält sehr ansehnliche Einblicke ins UNO-Gebäude. Die Kinder-Soldaten-Thematik eröffnet den Film übrigens auf erschütterndste Weise. Ein Aspekt, der leider nicht weiter verfolgt wird - vielleicht/hoffentlich in einem anderen Film...?
Zum Schluss kriecht dem ein oder anderen vielleicht sogar ein Tränchen ins Auge, auf jeden Fall aber hat man zum Abspann das Gefühl, endlich mal wieder für voll genommen worden zu sein! "Die Dolmetscherin" ist gutes Kino für Erwachsene, das vor allem einen schönen Thriller mit ungewöhnlich vielen spannenden Facetten und Nuancen bietet, und der als einzigen haltbaren Kritikpunkt lediglich ein paar unschöne Anschlussfehler auffahren kann. Aber eine paar Frisur-Unstimmigkeiten nimmt man gerade bei der Neo-Blondine Kidman gerne in Kauf - is' halt'n Hingucker...