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Allein schon auf dem Papier wirkt „the Interpreter“ äußerst viel versprechend: Zwei der besten Schauspieler unserer Zeit (die Oscar-Gewinner Nicole Kidman („the Hours“) und Sean Penn („Mystic River“)) unter der Regie des Preis-gekrönten Sydney Pollack („Out of Africa“), bebildert von Kamera-Ass Darious Knondii („Evita“) sowie nach einem Drehbuch (ua) von Steven Zaillian („Schindler´s List“), welcher eine brisante und hoch-aktuelle Geschichte über eine internationale Krise im von den Auswirkungen des Terrors geprägten 21.Jahrhundert zu Papier brachte…
Zugegeben: Erwartungen dieser Art sind leicht zu enttäuschen, doch in diesem Fall konnte ich erfreut feststellen, dass der Film tatsächlich die meiste Zeit über seiner Prämisse gerecht wird…

Per Zufall wird die UN-Dolmetscherin Silvia Broome (Nicole Kidman) Zeuge eines Gesprächs, bei dem es um die Ermordung eines afrikanischen Staatsoberhaupts (dem Diktator des (fiktiven) Landes Matobo) geht, welcher in wenigen Tagen vor der UN-Vollversammlung eine Ansprache halten will, um so einer Anklage des internationalen Gerichtshofs zu umgehen. Anfangs meldet sie den Vorfall nicht, doch als sie am nächsten Tag Anhaltspunkte für den Wahrheitsgehalt des Überhörten erkennt, wendet sie sich an ihre Vorgesetzten, welche die beiden „Secret Service“-Agenten Tobin Keller (Sean Penn) und Dot Woods (Catherine Keener) auf den Fall ansetzen.
Vor allem Keller, der mit dem kürzlichen Tod seiner Frau zu kämpfen hat, steht Silvias Aussagen eher skeptisch gegenüber, schließlich ist es in seinen Augen unwahrscheinlich, dass ausgerechnet ein derartiges Gespräch im Konferenzsaal voller Mikrofone stattgefunden haben soll – darüber hinaus auch noch in der Sprache „Ku“, welche nur von wenigen Menschen gesprochen wird, zu denen Silvia ebenfalls zufällig gehört. Darüber hinaus ist ihm nicht ganz klar, welche Rolle sie in der ganzen Sache spielt, denn ihre Verbindungen nach Afrika sind extrem undurchschaubar und erwecken Zweifel bezüglich ihren wahren Intentionen – trotzdem setzt sich Keller für sie ein und geht allen Ansätzen nach, während sich Silvia in einer Situation wieder findet, in der sie (je auf unterschiedliche Weise) sowohl von den Verschwörern, der Regierung Matobos sowie den amerikanischen Behörden unter Druck gesetzt wird.
Im Laufe der Ermittlungen deckt sich nach und nach ein schwer durchschaubares Geflecht aus Personen, Motiven und Hintergründen auf, in dessen Zentrum sich Silvia als verbindendes Element zu befinden scheint, weit über die Rolle eines unschuldig Beteiligten hinaus…

Regisseur Sydney Pollack („the Firm“) legt mit „the Interpreter“ einen spannenden Thriller in bester Tradition seines „drei Tage des Kondors“ vor, welcher sich auch von der Art der Inszenierung eher an den Filmen aus den 70ern orientiert: Man bekommt keine ausgefallenen Kameraspielchen zu sehen, Tempo und Schnittfolgen sind ruhig. Das komplexe Storygeflecht aus unterschiedlichen Charakteren, Ansichten und Beweggründen entwickelt sich langsam und subtil, ohne reißerische Spannungs- oder Actionsequenzen. Aus diesem Grund wirken die entscheidenden Szenen besonders intensiv – wenn mal eine Waffe gezogen wird, wird man augenblicklich aufmerksam (da das so selten geschieht), die Schlüsselszene in einem Bus generiert ihre extreme Spannung hauptsächlich aus den Beteiligten und was man über deren Hintergründe weiß, weniger aus ihren Taten. Das vielschichtige Skript lässt den Betrachter etliches hinterfragen, arbeitet mit Metaphern und stellt Bezüge zu aktuellen Geschehnissen her. So entstand ein recht ruhiger Film für ein anspruchsvolles Publikum, quasi ein Thriller für Erwachsene, die des Denkens im Kino noch mächtig sind.

Zum ersten Mal in der Filmgeschichte durfte ein Projekt in den Räumlichkeiten des New Yorker UN-Hauptsitzes „on location“ gedreht werden – Generalsekretär Kofi Annan höchstpersönlich erteilte dafür die Genehmigung, wodurch sich Regisseur Pollack eine Möglichkeit bot, welcher man selbst Altmeister Alfred Hitchcock im Jahre 1959 für seinen „der unsichtbare Dritte“ verwehrte. Um diese Gelegenheit bestmöglich auszuschöpfen, engagierte man den großartigen Kameramann Knondii, der sich zuvor für die berauschende Optik von Werken wie „Delicatessen“, „se7en“ oder „Panic Room“ auszeichnete, und dementsprechend edel sowie auskostend hat dieser dann auch die gewährten Innenansichten ins Bild gerückt – vor allem die „Kulisse“ des imposanten UN-Vollversammlungssaals vermochte man perfekt (weil beeindruckend, aber unaufdringlich eingefangen) auszunutzen.

Sicher spielte die Geschichte des Films eine entscheidende Rolle bei der Erteilung der Drehgenehmigung: „the Interpreter“ hebt die Bedeutung der UN als internationale politische Instanz ohne eindimensionale Hollywood-Plattitüden hervor und setzt idealistisch auf die Macht der Worte. Die Frage, ob Gewalt ein legitimes politisches Mittel ist oder inwieweit man der Diplomatie den Vorrang geben muss, steht klar im Vordergrund und wird in etlichen Facetten beleuchtet, wobei man den Grundgedanken der UN (quasi als moralische Instanz) jederzeit wahrt – grausame Konflikte oder Krisen sollte man im Sinne der Humanität, also ohne Gewalt, dafür aber mit Verständnis, Einsatz, Nachdruck und Verständigung angehen. Dass es in der Realität teilweise etwas anders aussieht (man denke da nur mal an die unzähligen ineffektiven Resolutionen gegenüber dem Irak nach dem ersten Golfkrieg), ist dagegen kaum eine Randnotiz wert und würde zudem nicht mit der Botschaft des Films harmonieren, weshalb man lieber einige US-kritische Statements einfügte und die UN im Sinne ihres Grundgedankens präsentierte. Absolut Wahrheitsgetreu ist das sicher nicht (Skandale gab es ja auch in jener Institution schon öfters), doch Kofi hat es wohl gefallen, weshalb er dem Deal schließlich zustimmte (positive Werbung ist in der heutigen Zeit immer zu gebrauchen).

Die Hauptdarsteller Kidman („the Others“) und Penn („21 Grams“) tragen diesen Film mit ihren Leistungen. Nicole spielt Silvia recht kämpferisch, was aber aus ihrer Desillusionierung sowie den Erlebnissen in der Vergangenheit resultiert. Sie ist enttäuscht, verletzt, wütend und verängstigt. Kidman vermittelt alle Facetten der Rolle überzeugend und beweist einmal mehr, wie extrem talentiert und vielseitig sie eigentlich ist. Penns Rolle hingegen ist etwas typischer geraten: Ein Cop, der um seine verstorbene Frau trauert und zwischen seinem Beschützerinstinkt und den aufkommenden Zweifeln abwägen muss – Sean holt dabei das Maximum aus dem gebotenen Material heraus. Die Tatsache, dass er mit dem Verlust seiner Frau zu kämpfen hat, wirkt auf den ersten Blick wie ein Klischee, harmoniert aber mit Silvias eigener Trauer, was Verbundenheit zwischen ihnen erzeugt. Ferner verhindert das (sie ist ja erst seit 20 Tagen tot) gleichzeitig das Aufkommen einer (von mir „befürchteten“) Liebesgeschichte.
Gegen die Präsenz der Hauptdarsteller kommen die anderen Beteiligten in keiner Weise an: Niemandem sonst wurden entscheidende Handlungen oder Szenen zugesprochen – was vor allem für Catherine Keener („Being John Malkovich“) als Kellers Partnerin gilt, welche man gnadenlos verschenkt hat.

Leider hat das Werk aber auch mit einigen kleinen Schwächen zu kämpfen: Die hauptsächliche Konzentration auf die Charaktere bremst die Spannung zeitweise, die Nebenrollen sind teils oberflächlich und durchschaubar, die Story wird mit verschiedenen Ebenen, Metaphern und Lektionen fast überbelastet. Hinzu kommt die (überspitzt ausgedrückt) ständige UN-Beweihräucherung mitsamt bestimmter Momente, in denen man dem Zuschauer etwa weismachen möchte, dass man selbst extrem „böse Menschen“ mit Zitaten und Erinnerungen zur ernsthaften Selbstreflexion bewegen kann… Abgesehen von diesen Punkten bleibt am Ende zwar kein Meisterwerk, aber ein ziemlich guter Film.

Fazit: „the Interpreter“ ist ein hochkarätiger, im positiven Sinne fast altmodisch erscheinender Edel-Thriller, der seine Stärke aus den hervorragenden Darstellern, den gut ausgearbeiteten Charakteren sowie der interessanten, vielschichtigen Handlung zieht … 8 von 10.

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