Fast erschreckend, welche Begeisterung inhaltlicher Müll erregen kann, der in der Mogelpackung einer leidlich originellen Optik auf den Markt gebracht wird. Zugegenebermaßen ist das visuelle Konzept von Robert Rodriguez' Film nicht ohne jeden Reiz - jedoch hemmungslos überschätzt. Weißes Blut - was eher als Selbstzensur denn als künstlerisches Stilmittel wirkt - und ein lächerlicher gelber Bösewicht, den Bruce Willis in einer 0815-Pseudo-Noir-Rolle zur Strecke bringen darf - sind die fragwürdigen bunten Akzente in einer Schwarzweiß-Welt, deren Farblosigkeit das primitive Weltbild der Comicvorlage unterstreicht, ohne es erträglicher zu machen.
"Sin City" ist von der Grobheit der Figurenzeichnung und der Plattheit seiner Sprüche her ein bestürzendes Zeugnis der letztlich ausschließlich auf "Coolness" angelegten, mit den Mitteln einer billigen, schundigen Ästhetik überfrachteten Filmwelle, in der sich die subversive wie auch die restaurative Popkultur der USA hemmungslos selbst feiert und zitiert. Nie weit entfernt ist hier natürlich der Name Quentin Tarantino, der für die glorifizierende Inszenierung von Trivialität als eigener Kunstform steht. Und einer der Gipfelpunkte trivialer Weltsicht ist das, was einem in diesem Film, auf der Comicvorlage von Frank Miller basierend, entgegenstarrt.
Dabei darf man die Verdienste von Robert Rodriguez nicht vergessen, der immerhin einen ausgezeichneten Film (El Mariachi) sowie ein paar weitaus teurere gedreht hat, denen der erfrischende Charme des letzteren leider abgeht. Aber hiermit hat er einen Streifen geschaffen, der sich unfreiwillig in geradezu zynischer Weise selbst parodiert. Wenn ein Film eine geradezu bildgenaue Umsetzung des gleichnamigen Comics ist - was man oft als Argument für den Film und gleichzeitig als Begründung seiner überzogen-holzschnittartigen Darstellungsweise gelesen hat - wirft das die Frage auf, ob ein solcher Transfer überhaupt einen Sinn hat.
Gewalt wird dumpf glorifiziert, es werden Kannibalen und Kinderschänder zur Strecke gebracht, um ebenso düstere wie einfältige Rächergestalten zu inszenieren, ein Hoch auf die Selbstjustiz und die geistige Stumpfheit gesungen, wie sie einem in der Gestalt eines "Marv" entgegentritt. Mickey Rourke als entstellter Muskel-Felsblock wird auf einem monotonen Rachefeldzug gezeigt, trauernd um den Verlust einer Frau namens Goldie, die "so gerochen hat, wie ein Engel riechen sollte". Frauen sind in diesem Film entweder nur hirnloses Männerspielzeug oder bizarre Amazonen, die allerdings ebenso flach anmuten wie eine "Goldie". Charakterzeichnung ist überhaupt nicht zu finden, stattdessen nur hohle Abziehbilder. Insofern ist der Film typisch Comic.
Das wäre mit ein bisschen schundiger Selbstironie auszugleichen gewesen - diese lässt der Film jedoch völlig vermissen. Kein Augenzwinkern lockert den tristen inhaltlichen Einheitsbrei auf. Dies wird durch die nervigen und hyper-männlich wirken sollenden Off-Kommentare noch verstärkt, in denen harte Typen vom Reißbrett mit gebrochen-rauhem Timbre über die Dicke ihrer Eier und das Kaliber ihrer Wummen pseudophilosophieren. Dieses abstoßende Machotum mag eine gewisse Zielgruppe durchaus ansprechen, was den Film aber eher noch fragwürdiger macht, als ihn aufzuwerten. Es handelt sich einfach um die pompöse Hochstilisierung tierischer Primitivität. Was vielleicht das richtige für Trivialphilosophen und Coolness-Süchtige ist - andere Publikumsschichten jedoch zum Kopfschütteln bewegen sollte.