Review

SPOILER!

Tja, wie bewertet man diesen Film? Ich schicke es gleich vorweg, ich halte es für schwierig, eine Punktewertung zu vergeben, da es so etwas wie „Sin City“ schlicht noch nicht gegeben hat.

In erster Linie mache ich diese Aussage an der sehr stilisierten Optik fest. Zwar habe ich keinen der Miller-Comics gelesen, ich nehme jedoch mal an, daß diese Optik dort nahezu 1:1 wiederzufinden ist.
Diese Art der Inszenierung ist derart dominierend, daß sie die Grundlage für die Bewertung der hier versammelten Einzelstories, der Charaktere und auch der Gewaltdarstellung bildet.

Hinsichtlich der hier gezeigten drei Stories hatte ich die Befürchtung, daß Rodriguez diese ähnlich wie in „Pulp Fiction“ gegen Ende in einem großen Clou münden läßt. Ich hatte hier auf der Basis einiger Rezensionen befürchtet, daß Rodriguez die Gelegenheit gesehen hat, eine ganz eigene Version des Tarantino-Films abzuliefern, die comichafte Darstellung würde schon genug über Parallelen hinwegtäuschen.
Nachdem ich den Film gesehen hatte, konnte ich mit Erleichterung feststellen, daß es sich bei „Sin City“ keinesfalls um eine schwarzweiße Version des Tarantino-Stoffs handelte, vielmehr nutzt Rodriguez das Fehlen einer Chronologie in seinem Erzählfluß, um seine Charaktere im Verlauf des Films örtlich zusammenzubringen. Dies wiederum macht dem Zuschauer klar, in welcher Verbindung die einzelnen Figuren zueinander stehen (Beispiele: erst am Schluß wird dem Zuschauer klar, welche Rolle Jessica Alba eigentlich spielt, als Bruce Willis sich auf die Suche nach seiner Nancy macht. Noch eindrucksvoller gestaltet sich die Erkenntnis, wer sich am Ende hinter der Identität des „Yellow Bastard“ verbirgt.)

Alle diese Figuren haben schließlich gemeinsam, daß es in ihren ganz persönlichen Geschichten „unsettled business“ gibt, das sie alle auf die gleiche Weise lösen: mit Gewalt, und hier haben wir wohl den stärksten Diskussionspunkt zu diesem Film, die Darstellung der (durchaus niederen) Beweggründe und der überbordenden Gewalt, in der diese münden.
Da legt sich Mickey Rourke im Zuge der Suche nach dem Mörder seiner Freundin mit einem örtlichen Priester an, der seine schützende Hand über einen kannibalistischen Irren hält. Selbstverständlich wird der Priester von den Ermittlungsbehörden gedeckt, der einsame Rächer Rourke wird genötigt, ein falsches Geständnis zu unterschreiben, was ihn dann auf den elektrischen Stuhl bringt.
Da läßt sich Bruce Willis als Vergewaltiger des Sohns eines einflußreichen Politikers brandmarken, um die Sicherheit des kleinen Mädchens, das eben dieser Sohn in seinen Fängen hatte, gewährleisten zu können.

Da regen sich zahllose Kinozuschauer über den Grad der optischen Gewaltdarstellung auf, ohne auf den stellenweise überaus gepfefferten Inhalt der Stories einzugehen.

Ich habe Sin City auf dieser Ebene (Gewaltdarstellung) offen gestanden nicht als besonders drastisch empfunden. Sicherlich wird hier gemordet, was das Zeug hält, jedoch wirkt diese Gewaltdarstellung nicht brutal oder abstoßend, sondern so maßlos übertrieben, daß zumindest ich sie beim besten Willen nicht mehr Ernst nehmen konnte (Willis wird von Kugeln durchsiebt, und ihm wird gerade mal schwindelig, Rourke wird mehrfach überfahren, um sich hinterher zu fragen, ob er sich alles nur eingebildet hat). Abgesehen davon ist bereits der Look der Figuren so comichaft, daß man hier unausgesetzt daran erinnert wird, welche Basis der Film hat. Allen voran sei hier „Marv“ (Rourke) genannt, der aussieht wie eine Kreuzung aus Frankenstein und dem Elefantenmenschen.

Wem kann man „Sin City“ nun empfehlen?

Wer einen Film sehen möchte, der sich im weitesten Sinne an die Krimis und Thriller der schwarzen Serie der Vierziger anlehnt, oder wem die Zwischensequenzen der Max-Payne-Spiele gefallen haben ;-) , der könnte auch an „Sin City“ Gefallen finden, denn schließlich geht es auch hier nicht wirklich um die Darstellung von Charakteren, sondern um die Bedienung von Erwartungshaltungen hinsichtlich altbackener Stereotype.

Wer Spaß an stilisierter Inszenierung von gebrochenen Helden mit eigener Vorstellung von Gerechtigkeit und überraschenden Wendungen ohne das hollywood-typische Happy-End hat, dem wird „Sin City“ garantiert gefallen.

Wer demgegenüber in erster Linie hofft, hier im Minutentakt eine realistische Schlachtplatte serviert zu bekommen, muß sich klarmachen, daß Gewalt in Comics anders aussieht, als in der Realität.

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