"Und die Stadt, diese große miese Nutte, liegt flach auf dem Rücken und bettelt darum, dass ich es ihr besorge. Und ich nehme sie mir richtig vor, und dann noch mal, und sie fleht immer noch. Verdammt. Es ist gut, am Leben zu sein". - Willkommen in Frank Millers "Sin City"!
Denn mit solchen Sätzen wie diesen sorgte der Comic-Autor und Zeichner damals für Aufregung in der Sprechblasen-Branche und ging mit seinen bluttriefenden Geschichten hart zu Werke. Und nun wurde diese Comicadaption von Robert Rodriguez und Frank Miller verfilmt, verdammt, und wie es verfilmt wurde!
Geh um die richtige Ecke in Sin City, und du kannst alles finden. Manchmal sogar Zärtlichkeit. Meistens aber brutale Gewalt, kalte Gier, paranoide Gemeinheit.
Sin City ist ein Sündenbabel, eine dunkle Stadt, die direkt aus einem Film der Schwarzen Serie stammen könnte, wenn nicht modernste Effekte auf unsere Zeit als Ursprungsort verweisen würden.
Es gibt jede Menge Powerfrauen in dieser Stadt, aber auch Unschuldsengel und arme Opfer. Es gibt korrupte und ehrenhafte Cops. Menschen am Rande der Gesellschaft gibt es mit deformierten Gesichtern, die innen drin strahlend sind, aber auch hässlicher, als jede Visage sein könnte. Es gibt Rächer und Beschützer, Auftragskiller und Triebtäter.
Es sind drei Geschichten, die "Sin City" zu bieten hat, die wenig Bezugspunkte haben und hier genial erzählt werden.
The Hard Goodbye: Für deine Freunde einzustehen, bedeutet manchmal, einen Haufen Leute zu töten. Der Straßenkämpfer Marv (Mickey Rourke) ist ein Krieger. Ein Bär von einem Mann. Ein muskulöses Ungetüm, das keiner Schlägerei aus dem Weg geht. Er lernt Goldie (Jaime King), eine Göttin kennen, die für eine Nacht Marvs Seele gestreichelt hat, und am nächsten Morgen tot ist. Marv weiß wie Sin City funktioniert: Irgendein Freak will ihm den Mord in die Schuhe schieben. Und Marv hat nur ein Ziel: Rache – denn ein anderes Gesetz kennt man in der Stadt der Sünde nicht.
The Big Fat Kill: Der Privatdetektiv Dwight (Clive Owen) ist nach dem Mord an einem Polizisten bereit, alles zu tun, um seine Freundinnen unter den Damen der Nacht aus der Patsche zu helfen. Jacky Boy (Benicio Del Toro) wollte seinen Spaß haben. Doch er hätte wissen sollen, dass die Prostituierten, angeführt von Gail (Rosario Dawson), jeden bitter büßen lassen, der ihnen mit der harten Tour kommt. Nun ist es zu spät. Aber ein toter Polizist, so durchgeknallt er auch gewesen sein mag, könnte den fragilen Frieden gefährden, den sich Prostituierte und Cops ausgehandelt haben.
The Yellow Bastard: John Hartigan (Bruce Willis) ist der einzige aufrechte und ehrliche Cop in Sin City. In seiner allerletzten Dienststunde rettet er die elfjährige Nancy (Mackenzie Vega) aus den Klauen von Junior Roark (Nick Stahl), dem Sohn von Senator Roark. Er schießt dem völlig abgedrehten Psychopathen zwischen die Beine und muss dafür ins Gefängnis. Hartigan hat einen gemeinen Verbrecher unschädlich gemacht, nun muss er dafür zahlen, dass er einem mächtigen Mann in die Quere gekommen ist. Senator Roark lässt Sin City glauben das Hartigan der Verbrecher ist. Doch nur Juniors letztes Opfer kennt die Wahrheit. Der Gedanke an Nancy (jetzt dargestellt von Jessica Alba), die inzwischen erwachsen ist, hält John Hartigan am Leben. Junior allerdings auch.
Was Robert Rodriguez ("From Dusk till Dawn", "Desperado") und Comic-Ikone Frank Miller ("Elektra") hier auf die Beine gestellt haben ist einfach unbeschreiblich. Denn beide haben mit "Sin City" ihren Traum wahr gemacht, eine Stadt, die nur in düsterem und beklemmenden schwarz-weiß existiert. Ein Film bei der die Welt dreidimensional wird, bei denen die Figuren zu Menschen aus Fleisch und Blut werden.
Die Geschichte wurde von Robert Rodriguez und Frank Miller von dessen drei grandios erzählten Stories zu einer verschmolzen, wobei das vielleicht der falsche Ausdruck ist, denn wie in einem Episodenfilm folgen die Geschichten nacheinander. Lediglich "The Yellow Bastard" wird geteilt, dessen Anfang nach den Credits kommt und sich erst dann "The Hard Goodbye" abspult, gefolgt von "The Big Fat Kill", um am Ende mit dem Rest des "Yellow Bastard" zu vollenden.
Den beiden Regisseuren gelingt es hier absolut perfekt die visuellen Reize von "Sin City" mit einem Spagat zwischen klassischem Erzählkino von brutaler und kompromissloser Härte (bei der durch das Schwarz-Weiß hauptsächlich weißes Blut fließt, mit Ausnahme von den drei Helden die rot bluten) und einem optischen Rausch, der seines gleichen sucht. Zudem hatte es sich Quentin Tarantino nicht nehmen lassen als Gastregisseur für nur einen Dollar Gage eine rasante Autoverfolgungsjagd zu drehen, das ebenfalls ein filmisches Kabinettstückchen darstellt.
Desweiteren ist "Sin City" mit einer Riege von Spitzendarstellern ausgestattet. Denn selten hat man so viele grandiose Top-Darsteller wie hier gesehen. Drei Männer, drei Helden, die im Leben versagt haben, die eine neue Chance suchen, die sich sich für eine gefallene Lady einsetzen und bereit sind, bis zum äußersten zu gehen. Drei Männer mit Seelen die sich in explosiver Gewalttätigkeit entladen. Es ist das triumphale und grandiose Comeback von Mickey Rourke ("Angel Heart") als Marv, verunstaltet, verstörend und amüsant. Die Feuertaufe von Clive Owen ("King Arthur") als Dwight, dem einzigen Mann dem die Huren von "Old Town" vertrauen, cool und smart, sowie der Action-Schwanengesang von Bruce Willis ("Armageddon", "Stirb langsam") als Hartigan, der Mann in Sin City, der einem reinen Helden am nächsten kommt, abgekämpft und väterlich. Aber natürlich sind auch die anderen Darsteller mit Jessica Alba, Benicio Del Toro, Rosario Dawson, Devon Aoki bis hin zu Jaime King, Elijah Wood, Michael Clark Duncan und vielen mehr, ebenfalls in absoluter Höchstform.
Fazit: Robert Rodriguez und Frank Miller haben mit "Sin City" einen Film geschaffen bei dem hier der Begriff "Kultfilm" bedenkenlos verliehen werden kann. Dieser Streifen hat einen einzigartigen Stil, eine düster-bedrohliche Stimmung, eine unglaublich intensive Atmosphäre, aber auch fantastischen Humor, und ohne Zweifel ist er einer der gewalttätigsten Filme aller Zeiten – aber auch eines der besten und größten zugleich!