Review

SPOILER

2. Story

Der abgehalfterte Ex-Polizist und Ex-Rennfahrer Kowalski arbeitet für eine Firma, die legal Autos überführt. Er wird beauftragt, einen weißen, hochgetunten Dodge Challenger innerhalb von 3 Tagen von Denver nach Frisco in Kalifornien zu bringen. Nachdem er sich bei seinem Dealer mit Speed versorgt hat, wettet er mit dem diesem, dass er die Fahrt in der halben Zeit schafft.

Im Drogenrausch ignoriert Kowalski sämtliche Verkehrsvorschriften. Das hat zur Folge, dass sich bald ein großes Aufgebot an Polizisten an seine Fersen heftet. Es kommt zu einer Verfolgungsjagd, quer durch mehrere Staaten. In deren Verlauf trifft Kowalski, der allen Polizeifallen entgehen kann, auf eine Reihe von skurrilen Figuren. Zunächst begegnet er in der Wüste einem Schlangenfänger. Dieser führt ihn zu einer religiösen Kommune, die in der Wüste lebt und von einem Mann geführt wird, der eine große Abneigung gegen Fremde hegt. Danach wird Kowalski von zwei homosexuellen Anhaltern überfallen, weiß sich aber zu wehren.

Währenddessen zieht die Polizei das Netz um ihn immer enger. Nur durch einen Hippie, der Kowalski erneut mit Speed versorgt und die Freundin des Hippies gelingt es Kowalski, nach Kalifornien zu kommen. In einem kleinen Ort kurz hinter der Grenze Kaliforniens kommt es zur Konfrontation mit der Polizei. Diese hat mit zwei Planierraupen den Highway gesperrt. Nach einem missglückten Versuch von Kowalski dieser Falle aus dem Weg zu gehen, fährt er mit Höchstgeschwindigkeit in die Barriere und stirbt.

Während seiner Flucht vor der Polizei wird Kowalski von dem blinden, schwarzen Radiomoderator Supersoul über dessen Ansagen mit Informationen über seine Verfolger informiert. Er hört den Polizeifunk ab und kann Kowalski so über die Aktivitäten der Polizisten informieren. Immer wieder gelingt es ihm, Kowalski zu warnen. Diese Aktivitäten führen unter den Polizisten zu einer immer erhitzteren Atmosphäre. Sie entlädt sich in einem von einem Polizisten angeführten Angriff auf den Radiosender. Super Soul und seine ebenfalls schwarzen Mitarbeiter werden gnadenlos von der Gruppe um den Polizisten misshandelt. Super Soul wird danach benutzt, um Kowalski in eine Falle zu locken, was aber nicht gelingt.

3. Themen

Das Thema von Vanashing Point, ist der Verlust.

Vordergründig ist der Film ein Abgesang auf das Ende der Hippie-Ära, die von "Love, Peace and Drugs" geprägt war. Deren Anhänger haben zu diesem Zeitpunkt bereits ihre "Unschuld" und Naivität verloren, sie sind gezwungen sich mit der Wirklichkeit auseinander zu setzen. Aber nicht nur die Hippies haben verloren, auch Kowalski erkennt, dass er keine persönliche Freiheit und Unabhängigkeit mehr hat. Er hat die Herrschaft über sein Leben und seine persönliche Situation in andere Hände gegeben. Die Polizei, Supersoul, selbst der Dealer mit dem er wettet, bestimmen sein Tun und Handeln. Erst der Verlust seines Lebens befreit ihn.

4. Die Personen, ihre Konflikte und Bedeutung

Kowalski

Der eigentlich anständige Ex-Polizist Kowalski kommt mit den Veränderungen, die in seinem Leben stattgefunden haben, nicht zurecht. Seine Freiheit beschränkt sich darauf die endlos scheinenden Highways mit Autos zu befahren, die ihm nicht gehören. Als diese Freiheit durch den Staat, die Polizisten, beeinträchtigt werden soll, beschließt er, sich dem zu widersetzen. Aus der Wette mit seinem Dealer, die Strecke von Denver nach Frisco in der halben Zeit zurückzulegen, wird ein Kampf um Leben und Tod, der Kowalski in seine eigene Vergangenheit führt, was dem Zuschauer durch Rückblenden verdeutlicht wird. Die Entscheidung, sich zu widersetzen und sich nicht der Übermacht der Polizei zu beugen, mag für ihn in diesem Moment die einzig wahre sein. Die Menschen, die ihn verfolgen, als auch die Zuschauer des Films, haben ihre Schwierigkeiten mit dieser Entscheidung. Ein weiter wichtiger Punkt in Kowalskis Leben ist die Einsamkeit, die durch die trostlose unendliche Wüstenlandschaft versinnbildlicht wird. Kowalski begreift auf seinem drogenverhangenen Trip durch die Staaten, dass er nie frei sein wird, dass die Vergangenheit nie wieder kommen wird. Als er dies versteht, gibt es für ihn nur eine Lösung, er bringt sich in einem letzten Akt der Freiheit und freien Entscheidung selbst um. Kurz bevor der Challenger die Baumaschinen rammt, sieht man Kowalski zum ersten Mal nicht mit einem verbissenen und gehetzten Gesichtsausdruck. Er sieht glücklich aus.

Supersoul

Auch der Radio DJ Supersoul ist ein gebrochener Mann. Seine Blindheit bindet ihn an seinen Platz vor dem Mikrofon einer kleinen Radioanstalt. Seine Freiheit ist durch die fehlende Fähigkeit des Sehens und seine Hautfarbe eingeschränkt. Für ihn ist Kowalski ein Held, ein Mann der für seine Freiheit kämpft, sich nicht unterwirft. Er versteht zwar die Gründe für das Handeln Kowalskis auch nicht, kann sich aber mit dem Gedanken nach Freiheit und Unabhängigkeit identifizieren. Für ihn macht dieser Wille nach Freiheit Kowalski zu einem Helden, zum "letzten großen amerikanischen Helden". Super Soul wird zum Helfer Kowalskis, um ihm so zu seinem Traum von Freiheit zu verhelfen. Er ahnt am Ende des Films, dass Kowalski sich nie ergeben wird, aber seine Worte haben keine Wirkung auf Kowalski.

Der Schlangefänger

Der Schlangenfänger, den Kowalski in der Wüste trifft, und der ihm hilft, sich vor einem Polizeihubschrauber zu verstecken, ist ebenso wie Kowalski einsam und abhängig von Anderen. Sein Lebensinhalt ist das Fangen von Schlangen, die er bei dem Religiösen Führer J. Hovah gegen Lebensmittel tauscht. Er rettet Kowalski vor einer Klapperschlange, die er in einen Korb mit anderen teilweise seltenen Schlangen steckt, um sie zu tauschen. Kowalski begleitet ihn zu der Kommune, hält sich dort aber im Hintergrund.

Der Schlangenfänger bekommt von J. Hovah zwar Benzin für den Challenger, als er aber seine Schlangen tauschen möchte, bekommt er zu hören, das die Kommune keine mehr benötigt, und statt dessen die Musik gefunden hat. J. Hovah lässt die Schlangen, für die der Alte Mann sein Leben riskiert hat frei, und schickt den Schlangenfänger fort. Er ist nun, ebenso wie die meisten anderen Personen im Film, um seinen Lebensinhalt gebracht worden, seine bisherige Tätigkeit, ist sinnlos geworden.

Weitere Darsteller

J. Hovah und das schwule Pärchen, das versucht Kowalski zu überfallen, sind weitere Sinnbilder für den Abschied eines Zeitalters.

Ebenso wie das Hippie-Pärchen, das Kowalski fast am Ende seiner Reise trifft und das eine letzte Bastion der Flower-Power Bewegung darstellt. Ohne Zögern versorgt Angel Kowalski mit Speed, und bietet ihm an, zu helfen. Angels Freundin, die namenlos bleibt, verkörpert die freie Liebe und Freiheit der damaligen Zeit. Sie bietet Kowalski ohne Zögern ihren Körper an, was dieser aber ablehnt. Die beiden glauben an Kowalski und an das wo für er steht bzw. an das wozu er durch Supersoul gemacht wurde.

5. Die Gestaltung

Der Film wird von einem kurzen Abschnitt eingeleitet und ist in 3 große Teile aufgeteilt, wobei die einzelnen Abschnitte zeitlich getrennt sind. Der Film beginnt am Sonntag, dem Tag an dem die Jagd auf Kowalski ihren Höhepunkt erreicht und Kowalski sich umbringen wird. Der zweite Abschnitt ist der Freitagabend zuvor, an dem Kowalski das Auto übernimmt und die Wette mit seinem Dealer eingeht. Der dritte und gleichzeitig größte Abschnitt ist der Samstag, an dem Kowalski das Interesse der Polizei auf sich zieht, und seine Flucht ihn in die Wüste führt, wo er die Bekanntschaft des Schlangensammlers macht.

Wenn man von den Szenen am Freitagabend absieht, die ausschließlich in der Dunkelheit und des nächtlichen Denver gedreht wurden, spielt sich der gesamte Film in einer öden Wüstenlandschaft ab, die nur von den schnurgeraden Highways durchzogen wird. Diese einsame, öde, trostlose Szenerie spiegelt sehr gut die Verfassung von Kowalski wieder.

Im Gegensatz zu vielen anderen "Verfolgungsjagd-durch-mehrere-Staaten"-Filmen, wird in Vanashing Point weitgehend darauf verzichtet, die Autos mit einer fahrenden Kamera zu verfolgen, und somit das Gefühl der Gefahr und Geschwindigkeit auf den Zuschauer zu übertragen. In diesem Film werden die meisten Szenen, in denen der weiße Challenger zu sehen ist, mit einer feststehenden Kamera gedreht, was den Eindruck der Einsamkeit noch verstärkt. Nur zu Beginn des Films und am Ende sieht man die Landschaft aus Kowalskis Auto heraus, teilweise sogar verschwommen durch seine Augen, wenn er zu Beginn noch sehr unter dem Einfluss des Speed steht. Am Ende sieht man noch einmal aus dem Inneren des Autos die Barriere auf die Kowalski zurast, und die dahinter am Himmel aufsteigende Sonne, die Kowalskis Gang zum Licht, zur Erlösung symbolisiert.

Der Film kommt mit sehr wenigen Dialogen aus, nur Supersouls Radioansagen, durchschneiden die teils sehr bedrückende Stille. Kowalskis Dialoge beschränken sich auf wenige Sätze, die eher notwendiges Übel als Freude an der Konversation ausdrücken. Auch die anderen Personen mit denen Kowalski zu tun hat, beschränken sich in ihren Dialogen auf das wesentliche.

Es wird weitestgehend auf schnelle Schnitte verzichtet, auch während der Verfolgungsszenen. Einzig am Schluss, während Kowalski sich den Baumaschinen nähert, werden sehr viele kurze Schnitte zwischen Kowalski, Supersoul, der verzweifelt versucht, Kowalski zum Anhalten zu bewegen und den Schaulustigen die sich rund um das Hindernis eingefunden haben, gemacht.

Der Soundtrack spielt eine entscheidende Rolle in diesem Film. Es wird komplett auf einen Score verzichtet, womit sich die Musik fast ausschließlich auf Songs konzentriert, die von Super Soul gespielt werden.

6. Die Wirkung auf den Zuschauer

Das dieser Film seine Wirkung auf den Zuschauer nicht verfehlt hat, und auch heutzutage nicht verfehlt, ist allein schon daran zu erkennen, dass er einen ähnlichen Kultstatus genießt wie Easy Rider ( 1969 ), der sich ja mit einem ähnlichen Thema auseinander setzt. Hat man zunächst bei Vanishing Point noch den Eindruck einen 08/15 Autoverfolgungsfilm zusehen, wie sie in den 70ern gang und gebe waren, so wird man schnell eines Besseren belehrt. Die Verfolgungsszenen erhalten, auch durch den sehr gut gewählten Einsatz der Musik, einen teils sehr melancholischen Touch. Sie verdrängen nie die Aussage und die Themen des Films. Die schauspielerische Leistung von Barry Newmann tut ein Übriges dazu. Er verleiht der Verbittertheit und Enttäuschung, unter der Kowalski leidet, eine große Tiefe. Dadurch trägt er bedeutend zur Glaubwürdigkeit der Story bei. Auch der Schluss verfehlt seine Wirkung beim Zuschauer nicht, muss man sich doch unweigerlich fragen, welchen Anteil das Umfeld Kowalskis und die Medien, ins besondere Supersouls Glorifizierung, zu diesem tragischen Ende beigetragen haben.

Alles in allem ist es ein sehr düsterer und stark melancholischer Film, der sich der angesprochenen Themen sehr gut annimmt, und sie bewegend umzusetzen weiß.

Ein Meisterwerk, deshalb 10 von 10 Punkten

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