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„Es ist so einfach, zu sterben…“

Der spanische TV-Serien-Regisseur David Carreras Solè verfilmte für seinen bis dato einzigen Kinofilm „Hypnos“ aus dem Jahre 2004 einen Roman Javier Azpeitias. Beatriz (Cristina Brondo, „Do You Like Hitchcock?“) tritt eine neue Arbeitsstelle als Therapeutin in einer psychiatrischen Klinik an, in der u.a. ein junges Mädchen als Patientin weilt. Als diese sich eines Tages die Pulsadern aufschneidet, beginnt Beatritz die Methoden des Klinikleiters Sánchez Blanch (Féodor Atkine, „Aktion Mutante“) in Frage zu stellen und heimlich Nachforschungen zu diesem und anderen (vermeintlichen?) Selbstmordfällen anzustellen – woraufhin Wirklichkeit und Traumwelt immer mehr miteinander zu verschmelzen scheinen und sich Beatriz unheimlichen Visionen ausgesetzt sieht…

In den jüngeren vergangenen Jahrzehnten kamen eine Menge sehenswerter Horrorfilme und (Mystery-)Thriller von der iberischen Halbinsel und „Hypnos“ ist einer davon. Der gruselige Mystery-Thriller wurde mit Xavi Giménez hinter der Kamera realisiert, der bekannter ist für seine Arbeiten an „The Machinist“ und „The Nameless“ und der auch diesem Film seinen originellen visuellen Stempel aufdrückt. In lebensfremden, widernatürlichen, unbehaglich übersterilen und damit ins Surreale tendierenden Bildern aus dem Klinikinneren wird eine Parallelwelt etabliert, in der Traum und Realität sowie Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft ineinander zerfließen und sich die Hauptrolle auf der Suche nach der Wahrheit und schließlich nach sich selbst befindet. „Hypnos“ ist ein verfilmter Psychotrip, der in keinen kunterbunten LSD-Rausch führt, sondern in Tristesse, Misstrauen und Haltlosigkeit mündet und eine unheimliche Atmosphäre des Realitätsverlusts erzeugt. Der Sound spielt dabei eine große Rolle, verträumte Klaviermusik wechselt sich ab mit einer Klangkulisse aus Stimmen, Geräuschen und akzentuiert eingesetzten Tönen, wobei die gesamte musikalische Untermalung ebenso dynamischen, pointierten, abgehackten Schnitten ausgesetzt ist wie die artifizielle Bilderwelt. Die wenigen Schocks und Gewaltausbrüche des viel erzählenden, wenig verratenden und dabei sogar trotz des beschriebenen Schnitts im Tempo besonnen wirkenden Films sitzen dafür umso heftiger.

Die wunderschöne Cristina Brondo führt als Beatriz sehr offenherzig durch den durchästhetisierten Film und ihre eigene Gefühlswelt bis hin zu ihren tiefsten seelischen Abgründen, zeigt sich immer wieder nackt vor der Kamera und setzt damit einen naturalistischen Kontrast zum Künstlichen, Sterilen. Ihre Darbietung endet in einem wahren Magenschwinger von Ende, den ich trotz des Konsums so mancher sog. „Mindfuck-Filme“ in dieser Konsequenz nicht vorhergesehen habe, wenngleich primäres Thema des Subtexts unschwer erkennbar der Selbstmord ist und zahlreiche Überlegungen dahin tendierten, den Film mit seinen verschiedenen, ineinander verschachtelten Ebenen und Zeitsprüngen puzzleartig zu einem sinnergebenden Ganzen unter Berücksichtigung dieses Aspekts zusammenzusetzen. Auch wenn seinerzeit Filme mit dieser Art Plottwists sich abzunutzen begannen und irgendwann den einen oder anderen Filmfreund nervten, so handelt es sich beim spannenden „Hypnos“ doch um einen positiven, länger nachwirkenden und nachdenklich stimmenden Genre-Beitrag, der zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich als schönes Beispiel für eine stark europäisch bzw. spanisch dominierte Epoche des Films stehen und anerkannt werden wird.

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