Der junge Xiao De [ Chin Siu Ho ] geniesst trotz eingeschränkter Möglichkeiten und Warnungen seines älteren Bruders Da De [ Phillip Ko ] das Leben; vertreibt sich die Zeit mit seiner Freundin Cheung Mei Ling [ Liu Lai-ling ] ebenso wie mit Mutproben und kleineren Rebellionen. Dabei tritt er allerdings einmal dem Triaden Yi Ching [ Wong Ching ] auf den Schlips, der seinerseits Revance will. Während sich dieser persönliche Zweikampf hochstillisiert, muss Mei Ling ihrem Vater, Officer Cheung [ Johnny Wang Lung Wei ] beichten, dass sie schwanger ist. Dieser besteht auf einer Abtreibung ebenso wie auf die Bestrafung von Xiao De und hetzt den eh schon angestachelten Yi Ching los...
Urbanes Drama aus der Shaw – Schmiede, die Anfang der 80er Jahre dem New Wave Trend ebenso folgten und auch Filme mit sozialen Themen ins Programm aufnahmen; als gelungeneres Exemplar ist das Clarence Ford Frühwerk On The Wrong Track [ 1983 ] zu erwähnen.
Brothers from the Walled City besitzt ähnliche Elemente von beizeiten verbauter Zukunft, wenig Hoffnung auf Änderungen in der Lebensperspektive und Stolpersteinen auch von staatlicher Seite in einem eingegrenzten Territorium, kann allerdings weniger Wirkung aus seinem Gerüst beziehen; ganz einfach weil es nicht sorgfältig und überlegt genug aufgebaut ist.
Besass der Ford – Film fast zuviel Depression und zeichnete ein vollständig pessimistisches Bild der damaligen Zeit, dass mehr an eine frühere Form der Apocalpyse erinnerte, so geht Regisseur Nam Nai Choi [ Story of Ricky, The Cat, The Seventh Curse ] in seinem ungewohnten Solodebüt einen etwas anderen Weg. Leider vermischt er allerdings die durchaus vorhandene Atmosphäre mit einigen low brain Pennälerscherzchen, die dann auch noch als Auslöser allen Übels präsentiert werden und vermag so über weite Teile keine einheitliche, griffige Stimmung aufzuzeichnen.
Das macht sich bereits im Prolog bemerkbar, der erstaunliche 20min und damit fast ¼ der Laufzeit in Anspruch nimmt: Xiao De und Da De sind hierbei noch Kinder, die natürlich noch mehr Schabernack als den Ernst des Lebens im Sinn haben, aber ihre Lektion schnell lernen müssen. Dies tun sie aktiv und auch passiv von ihrem Vater Chan Yuan Loong [ Kwan Hoi San ], der sie über das Umfeld Walled City aufklärt und belehrt und dann durch seinen gewalttätigen Tod als abschreckendes Beispiel gelten sollte.
Hierbei wälzt man sich geradezu in der von Überpopulation vollgestopften Lasterhöhle: Nutten, Drogen, Falschspiel und Überfälle sind an der gesetzlosen Tagesordnung und machen eben auch keinen Umweg über die anwesenden Kinder, die ihre tägliche Dosis von Illegalität, Schwarzmarkt und sozialen Elend eben genauso mitkriegen wie alle anderen.
Der Titelbezug der Ummauerten Stadt – das Ghetto ist seit 1991 von der Regierung „entmietet“ und 1993 ganz abgerissen worden – entfaltet hierbei auch seine ganze Wirkung, allerdings wird der Schauplatz des zugebauten, labyrinthischen Slums danach auch nicht mehr genutzt.
Ebenso wie die Möglichkeit, daraus einen Sozialisationseffekt
[ Zusammenhang zwischen sozialer Schichtung und kriminellem Handeln ] herzuleiten und sich mit den Theorien der differentiellen Assoziation oder der Anomie wenigstens ansatzweise zu beschäftigen.
Der Ersatz der Location ist dann auch nur halbwegs gelungen; ähnlich wenig effektiv wie die auf Dauer beibehaltene konkurrierende Mischung aus Spass und Ernst.
Der Scherzchen von Xiao De und einige Goofs in der Besetzung tragen einige Zeit die Alleinlast des Handlungsschwerpunkts und vermeiden so den Aufbau eines geschlossenen Narrationsrahmens. Zwar wird es später deutlich ernster; aber die ewigen Retourkutschen bleiben und damit der Eindruck, dass alles eben aus aggregierten Nichtigkeiten und Banalitäten entstand. Was zur Folge halt, dass das Prinzip von Ursache – Wirkung hierbei trotz der Tit for Tat Strategie weniger schlüssig ist als eben rein der Skriptlogik folgend.
Dazu gehört auch, dass man sich weniger mit den Darstellern identifizieren kann; keiner bekommt so richtig ein Bein auf die Erde und handelt nach verständlichen, nachvollziehbaren Intentionen:
Xiao De lässt sich treiben, als Spielball benutzen.
Da De macht lange Zeit gar nichts, ausser seinem kleinen Bruder mal die Leviten zu lesen; was auch ebenso frustierend ist wie die Tatsache, dass er ausgerechnet dem Bad Guy in der Geschichte die ganze Zeit zuspielt.
Bei Yi Ching fragt man sich, ob er nichts anderes zu tun hat, als sich mit Halbstarken anzulegen und Officer Cheung ist so deutlich negativ gezeichnet, dass es schon fast absurd wirkt, wieso er solange weitermachen kann.
Die lange aufgestauten Aggressionen zwischen den Beteiligten finden auch kaum eine Auflösung, das blink or you‘ll miss Ende ist mehr oder minder ein herber Antiklimax; zumindest in Betracht der Tatsache, dass man sich vorher eine ganze Zeitlang in nicht ganz begreiflicher Tragik suhlen durfte.
Eine Katalisation durch Action findet sowieso kaum statt, hier und da gibt es einige ruppige Ausbrüche, die aber dennoch zu wenig Wirkung besitzen.
„Halbgar“ ist dann auch der hauptsächliche Eindruck; einige gute Ideen und Umsetzungen werden leider mehr zunichte gemacht als genutzt. Schade.