Französische Thriller der letzten Jahre kann man größtenteils als gelungen bezeichnen. Hervorstechend ist dabei natürlich der grandiose "Die purpurnen Flüsse". Der Autor der für die Romanvorlage zu diesem Film verantwortlich zeichnete liefert auch die Geschichte zu diesem Film. Zudem konnte man erneut Jean Reno als Hauptdarsteller verpflichten, was dem Film eine gewisse positive Erwartungshaltung seitens des Zuschauers verleiht.
Nach Ansicht des Films wird einem allerdings schlagartig bewußt welch wichtige Komponente man in seiner freudigen Erwartung vergessen hat, den Regisseur. So scheint es im Nachhinein vor allem der Verdienst von Mathieu Kassovitz, der die Buchvorlage zu "Die purpurnen Flüsse" erfolgreich auf die Leinwand bannte. Das es auch ganz anders geht beweist Chris Nahon mit "Das Imperium der Wölfe".
Was der Regisseur hier abliefert kann über weite Strecken als desaströs bezeichnen.
Während die Polizisten Schiffer (Reno) und Nertaux eine Mordserie an illegalen, rothaarigen!!!, türkischen Frauen aufklären sollen wird in einem anderen Handlungsstrang die Polizistengattin Ana Aimes von unerklärlichen Gedächtnislücken geplagt. Ihre Untersuchungen bei der türkischen Mafia bringen die Polizisten auf die Spur eines Geheimbundes und von Ana. Diese versucht mit Hilfe einer Psychologin ihr Rätsel zu lösen und erfährt mehr als ihr lieb ist. Schiffer entpuppt sich als undurchsichtiger Begleiter für Nertaux, der mit dem Fall bald überfordert scheint. Am Ende scheint klar, das Geheimnis ist nicht in Frankreich lösbar sondern in den türkischen Bergen Anatoliens.
Die Vorlage von Autor Grange bietet spannenden Thrillerstoff und kann durch ihr an sich vorhandenes Potenzial Teile des Films, vor allem am Anfang, retten, ist aber nicht in der Lage die gravierenden dramaturgischen Defizite des Regisseurs auszugleichen.
Der dramaturgische Aufbau ist bestenfalls mißlungen. Startet der Film durchaus spannend hat er schnell sein Pulver verschossen und verstrickt sich in immer unglaubwürdigeren, hektischen, aufgesetzten Wendungen, die einem gegen Ende nur noch ein müdes Lächeln entlocken. Damit einher geht eine vollkommen chaotische und oft fehlende Charakterzeichnung, bei der kaum ein Akteur einmal glaubhaft reagiert.
Beispielsweise Ana's Polizeigatte will diese von ihrer Flucht mit gutem, besorgtem Zureden abhalten und befiehlt in der nächsten Sekunde Ana zu erschießen. Ja, was nun?? Noch verwirrender ist, das er sie nur kurz später wieder besorgt zur Rückkehr nach Hause überreden will. Aber hallo!!
Auch Ana entwickelt recht merkwürdige Fähigkeiten, kann sie doch als Näherin auf einmal kämpfen wie ein alter Martial - Arts Experte! Und über die realistische Behandlung von Frauen in der Türkei sollte sich der Regisseur vielleicht mal informieren. Die haben nämlich nichts zu lachen.
Ein weiterer zunächst wichtig scheinender Plotpunkt wird einfach unter den Tisch fallen gelassen. Ana sieht mehrfach die Gesichter ihres Gatten und seiner Freunde völlig entstellt als eine Art Vampire. Warum ?? Diese und viele weitere Antworten bleibt der Film schuldig.
Auch Renos Charakter macht keine Ausnahme. Wie es dem Regisseur gerade in den Kram passt, wird dessen Charakter anders gezeichnet. Vom brutalen, korrupten Polizisten über den Supergangster zum französischen Actionheld. Das er eigentlich mitten im Film sicher und ohne Rettungschance stirbt macht auch nichts. Ein paar Minuten später taucht er ohne Erklärung wieder auf.
Ich könnte über die Schwächen ewig weiter schreiben, etwa über einen unerträglich schlechten Score, dilettantische Actionszenen mit antiquierter Wackeloptik, fehlendes Timing bei Höhepunkten!?! und und und. Allein der Aufwand ist zu schade.
Positiv ins Auge fallen allein die überzeugenden Darstellerleistungen von Jean Reno und Arly Jover, die sich alle Mühe geben ihre Szenen zu retten.
Fazit: Ein Film mit einer starken Vorlage, starken Schauspielern aber einem ganz schwachen Regisseur, der durch sein Unvermögen den Film in allen Belangen scheitern lässt.