„Ich hab‘ genug von dieser ganzen Bonanza-Scheiße!“
Einst machte sich US-Regisseur Tony Randel mit „Hellbound - Hellraiser II“ einen Namen. Im Anschluss aber dümpelte sein Œuvre mit unterschiedlicher Genre-Ware mehr oder weniger vor sich hin. Der 1993 von Horror-Filmemacher Brian Yuzna produzierte Tierhorror-Streifen „Infested“ ließ jedoch aufmerken. Und das nicht nur, weil der deutsche Verleih dämlicherweise aus dem Originaltitel den pseudoenglischen, vermeintlich aussagekräftigeren Titel „C2 – Killerinsect“ gemacht hat, dabei offenbar nicht wissend, dass Zecken keine Insekten sind, sondern zur Klasse der Spinnentiere zählen.
Ein paar verhaltensauffällige Jugendliche verschlägt es aus der Urbanität aus pädagogischem Anlass aufs Land: Sie sollen sozialverträglicheres Zusammenleben lernen und Verständnis für die Natur entwickeln. Wenig Naturverständnis offenbaren auch die örtlichen Marihuana-Züchter, die mit hochtoxischen Chemikalien experimentieren, die eine besonders fiese Nebenwirkung mit sich bringen: Sie lassen den gemeinen Holzbock, auch Zecke genannt, zu ungeahnter Größe mutieren. Und während der Leiter des Jugendlagers sich noch in Sozialpädagogik versucht, argwöhnisch beobachtet von den hinterwäldlerischen Drogenbauern, denen deren Eindringen in ihr Territorium alles andere als geheuer ist, nimmt das Unheil seinen Lauf, denn die blutgierigen Krabbelviecher gehen mit Vorliebe auf Menschen los…
Niemand mag Zecken und so haben sich Randel und Konsorten einen dankbaren Antagonisten für ihr Tierhorror-Vehikel ausgesucht. Und obwohl das zunächst möglicherweise nach Subgenre-Kost nach Schema F klingt, das alibihaft eine Pestizid-kritische Öko-Aussage mitbringt und sich außerdem am ebenso beliebten wie wenig originellen Jugendlager-Ambiente bedient, weiß „Infested“ zu überraschen: Zum einen wäre da der subtile Humor, der im Prinzip schon beginnt, wenn „Der Prinz von Bel-Air“-Carlton (Alfonso Ribeiro) als Basketball-Rowdy-Gangster „Panic“ einen „respekteinflößenden“ Familienhund statt einer Bulldogge o.ä. Gassi führt, Randel aber darauf achtet, seine ironische Distanzierung nicht allzu laut herauszuschreien, wie es ab den 1990ern irgendwie en vogue wurde. Die Vorstellung der Gurkentruppe, zu der neben „Panic“ noch ein Nerd (Seth Green, „Es“), ein Mexikaner und ein paar Mädels gehören, wird indes mit reichlich Augenzwinkern vollzogen, die Präsentation der Achtbeiner – zunächst in Larvenform – jedoch hübsch schleimig.
Und es dauert auch gar nicht allzu lange, bis die teils arg stumpfsinnigen Dialoge durch die Attacken der Mutantenzecken unterbrochen werden. Hier wird dann auch deutlich, worauf man das Hauptaugenmerk richtete: deftige Spezialeffekte, krudes Creature Design, blutige Resultate. Pulsierende Horrorviecher erklimmen auf bedrohliche Weise zarte Mädchenrücken, graben sich gar unter die menschliche Haut, brechen aus Gesichtern hervor und werden sogar mit eigenen Point-of-View-Szenen dafür belohnt! Die Opfer, wenn es sie nicht sofort zerreißt, fallen nach den Bissen Wahnvorstellungen anheim und finden sich schließlich in einer Belagerungssituation wieder, der Feind lauert überall, fällt von der Raumdecke. Aus einem Toten schießen Zeckenbeine hervor, ein Monstrum von Killerzecke bricht durch, die Effektkunst erreicht ihren Höhepunkt und erinnert an Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“. Zwischendurch wird ein ganzer Wald in Brand gesetzt und nehmen überzeichnete Drogenzüchter die Kids als Geiseln, Geballer, Feuer, Wahnsinn, Geschrei, Explosionen! Eine sehr dynamische Kameraarbeit, die sich auch für anspruchsvolle Fahrten etc. nicht zu schade ist, bereitet die Chose zusätzlich höchst angenehm fürs Auge auf und die temporeiche Inszenierung sorgt für Kurzweil.
Fazit: Kleiner, aber sehr feiner Spezialeffekt-Overkill der alten Schule im Tierhorror-Gewand, der dem geneigten Fan das bietet, was er sich erhofft, technisch auf der Höhe ist und mit einem genrekennenden Augenzwinkern seinen Charme ausspielt, während er sich genüsslich in Klischees, Latex und Kunstblut suhlt.