Review

Erklärter Realismus und Authentizität helfen gern dabei einem Film seinen seriösen Anstrich zu verpassen, weiterhelfen tun sie ihm aber nur bedingt.
„Chok Dee“ beruht auf der Wahrheit, jedenfalls zum Teil, und schildert den autobiographischen Werdegang des elfmaligen Muay Thai-Meisters Dida Diafat, der sich auch prompt selbst spielt, aber das lieber gelassen hätte, denn er ist ein denkbar untalentierter Mime ohne Charisma und schauspielerische Grundfertigkeiten.

Die nüchterne Inszenierung des international unbeleckten französischen Filmemachers Xavier Durringer und das einfallslos mit faden Spielfilmelementen ergänzte Drehbuch kulminieren zusammen mit den schwachen schauspielerischen Leistungen der Beteiligten dann zu einer durchgängigen Enttäuschung ohne Emotionen und packende Momente.

Dem akribische Werdegangs von Dida, für den Film in Ryan umgetauft, fehlt leider der notwendige Spielfilmcharakter, so dass die Macher sich letztlich fragen müssen, ob eine Dokumentation mit nachgestellten Szenen an Originalschauplätzen nicht die bessere Lösung gewesen wäre als dieses unzureichend fesselnd wiedergegebene Abenteuer.

Ryans Aufstieg verfolgt man als Zuschauer jedenfalls eher distanziert und halb gelangweilt. Wo Artverwandte wie „Bloodsport“ trotz diverser Klischees, die dieser Klassiker eigentlich erst salonfähig machte, ab den ersten Minuten Unterhaltung boten, kämpft man sich in „Chock Dee“ mühselig durch die Exposition, bis der Hauptcharakter, aufgewachsen in den ärmlichen Pariser Vororten, mangels Zukunftsaussichten kriminell im Gefängnis landet und dort auf den älteren Ex-Kampfsportler Jean (Bernard Giraudeau, „La Boum – Die Fete“, „Der Rammbock“) trifft. Fasziniert von Muay Thai, möchte er, dass Jean ihn trainiert, damit er nach seiner Entlassung nach Thailand gehen und an dort an einer traditionsreichen Boxschule anheuern kann. Dieser Entschluss reift schier über Nacht heran?!

Nun krankt der Film hier bereits katastrophal an Erklärungsnot und nachvollziehbaren Entscheidungen der Figuren, denn zwischen Ryan und Jean existiert quasi keinerlei Beziehung. Warum der Muay Thai – Meister den aggressiven und vorlauten jungen Mann trotz anfänglicher Ablehnung und ellbogenfester Lektionen doch intensiv unter seine Fittiche nimmt, entzieht sich genauso meiner Erkenntnis wie die plötzliche Zuneigung und das Vertrauen, das Jean ihm entgegenbringt. Da fehlen schlicht und einfach Dialoge, um die Entscheidungen und Jeans Sinnenswandel zu untermauern. So wirkt das alles lose ohne Sinn und Verstand erdacht und die Nachvollziehbarkeit verabschiedet sich gänzlich.

Nachdem er, lediglich ausgestattet mit Grundfertigkeiten, aus der Haft entlassen wird, von seiner Großmutter ihr zusammengekratztes Ersparnis in die Hand gedrückt bekommt und sich blindlings in den nächsten Flieger nach Bangkok setzt, folgen zunächst nur noch kreuzbrav die bekannten Vorfälle, die man so auch schon besser in verwandten Genrefilmen gesehen hat.
Mittellos wird er zunächst nicht in der Boxschule aufgenommen, sondern wartet tagelang bei Wind und Wetter vor dem Tor, bis man sich schließlich so von seiner Beharrlichkeit beeindruckt zeigt, dass er Teller waschen und putzen darf. Es dauert ein wenig bis er endlich in sein erstes Training einsteigen darf und erst Recht sich den nötigen Respekt bei den weiteren Schülern erkämpft, da Ausländer dort nicht gern gesehen werden und eine Integration folglich schwer fällt. Insbesondere der Promoter stellt ihn vor die Wahl: Gewinnen oder das Camp verlassen.

Xavier Durringer versteht leider nicht ansatzweise die exotischen Kulissen einigermaßen ansprechend und faszinierend darzustellen und muss sich dann auch noch mit einem hemmungslos aus dem Ruder laufenden Skript herumschlagen. Ryan, der vor Ort nach ein paar Schwierigkeiten Jeans Tochter aufsucht, die von ihrem Vater seit dem 5. Lebensjahr nichts mehr gehört hat, muss ein Tagebuch überbringen, verliebt sich auch noch in Kim (das thailändische Model Florence Vanida Faivre), beginnt mit ihr ein Techtelmechtel und als schließlich auch noch Jean nach Thailand zurückkehrt, wird es erst richtig kompliziert, weil er endlich zögerlich seine Tochter kennen lernen möchte, gleichzeitig aber auch in eine Falle tapst und erneut inhaftiert wird. Ryan muss illegale Undergroundkämpfe bestreiten, um die Kaution für ihn zusammenzubekommen und wird darauf aus der Boxschule ausgeschlossen.

Das letzte Drittel des Films ist eine hirnverbrannte Ansammlung großflächig aufgetragener Genreklischees, die sich wohl auch weitab der Wahrheit bewegen und mit Ryan immer weniger zu tun haben. Da dessen zwischenzeitlichen Kämpfe auch keineswegs sonderlich attraktiv choreographiert worden sind, kommen dabei auch Genrefans nicht auf ihre Kosten. Bis auf den Straßenkampf sind diese Fights nicht einmal sonderlich intensiv geführt. Selbst sein finaler Kampf, der dann auch mediales Interesse weckt, überzeugt nicht als mitreißendes Duell zweier Topsportler.

Das unnötig tragische und lächerliche Ende des Films setzt dem dann die Krone auf, denn mit zunehmender Laufzeit interessiert sich „Chok Dee“ immer weniger für den Sport und Ryan und fokussiert die Machtspiele von Jeans altem Kumpel, der auch seine Tochter großzog. Einfallsloser kann man die Handlung kaum vom Sport und seiner Hauptfigur kaum wegverlegen.

In Anbetracht von französischen Produktionen wie dem momentanen Primus „Banlieue 13“ oder dem nur mittelmäßigen „Die Samurai der Moderne – Die dunkle Seite“ muss sich „Chok Dee“ schon einiges an Kritik gefallen lassen, denn für einen Unterhaltungsfilm ist er einfach zu bruchstückhaft und innovationslos erzählt. Weder weckt eine Figur Interesse, noch kann man sich an den thailändischen Kulissen satt sehen, noch überzeugen die Muay Thai – Fights. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, an wen sich der Film richten soll, aber in Anbetracht des Schlussdrittels wohl eher an die Daily-Soap-Fans.


Fazit:
Sehr enttäuschende, semirealistische Darstellung des Werdegangs von Dida Diafat, der nur mit seinem Willen nach Thailand auszog und dort elfmaliger Muay Thai – Meister wurde. Innerlich leer und mit eindimensionalen Figuren gefüllt, kann „Chok Dee“ kaum als gelungener Unterhaltungsfilm durchgehen. Die fade Inszenierung und der hölzern agierende Dida Diafat tragen eine Teilschuld genauso mit wie das mit heißen Nadel geschriebene, einfallslose Drehbuch. Die sich später häufenden Klischees und oberflächlich abgehandelte Figuren, deren Richtungswechsel nie erklärt wird, besorgt den Rest. Auf dem Gebiet gibt es weitaus Besseres und nur weil ein Teil auf der Wahrheit beruht, muss daraus noch kein guter Film entstehen.

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