Um es gleich einmal vorwegzunehmen: Bruce Hunt, ehemaliger Second Unit Director der „Matrix“ – Trilogie, hat bei seinem Regiedebüt gleich zwei nahezu unüberwindbare Probleme, nämlich die Vorgabe einen familiengerechten PG-13-Film zu drehen und Neil Marshall, der mit „The Descent“ im selben Jahr zeigte, wie man so eine Prämisse effektiv bis in die letzte Einstellung ausquetscht.
Ich will den Amis auch deswegen ja kein schnell geschossenes Plagiat vorwerfen, aber dass „The Cave“ bereits so flugs nach seinem britischen Konkurrenten in die Kinosäle entlassen wurde, mutet zumindest nicht ganz zufällig an. Dafür sind die beiden Filme sich nämlich zu ähnlich, auch wenn „The Cave“ hinter dem natürlich wesentlich mehr Budget steckt, vom amerikanischen Publikum kaum beachtet wurde und auch deshalb hierzulande noch immer auf einen Starttermin wartet.
Gemäß Hollywoods Maxime „Nicht kleckern, sondern klotzen“ sieht „The Cave“ natürlich wesentlich teurer als sein Genrekollege aus, hat ein paar spektakulärere Momente mehr, aber nie die klaustrophobische, bedrohliche Atmosphäre. „The Cave“ ist, wenn man so will, die Light-Version von „The Descent“. Als solche fährt sie aber noch relativ gut.
Hier verschlägt es dann auch nicht eine Gruppe von Frauen in unterirdische Katakomben, sondern eine Gruppe Höhlentaucher in die Karpaten nach Rumänien, wo sie auftragsgemäß ein sich über Kilometer erstreckendes, teils unter Wasser liegendes Höhlenlabyrinth mit ihrer Hightech-Ausrüstung erforschen sollen. Das Tauchen in den eigentlich viel zu hellen Gewässern, die dort unten hausenden, von Patrick Tatopoulos („Pitch Black“, „Underworld: Evolution“) leider einfallslos kreierten CGI-Viecher und der blödsinnige Cliffhanger zum Schluss, den solche Filme wohl immer haben müssen, sind dann auch schon der größte Unterschied zu „The Descent“.
Immerhin fackelt Hunt nicht lange, schickt nach dem obligatorischen Opener seinen Hollywood-B-Cast, bestehend aus Typen wie Cole Hauser („Pitch Black“, „Paparazzi“), Morris Chestnut („Under Siege 2: Dark Territory“, „Half Past Dead“) oder One-Hit-Star Piper Perabo („Coyote Ugly“, „Cheaper by the Dozen“) in die viel zu geräumigen, zu gut ausgeleuchteten Schächte und gibt ihnen ein paar zwischenmenschliche Probleme mit auf den Weg, damit sie was zu tun haben, bis die Monster zum ersten Mal angreifen und die Stereotypen genregemäß grob abgedeckt worden sind. Ein erster, ernster Vorfall schneidet sie dann auch vom Ausgang ab, im erstbesten Organismus entdeckt man sogleich einen bakteriellen Parasiten und los geht die wilde Luzie, denn ein neuer Weg ans Tageslicht muss gefunden werden.
Im Rahmen seiner Möglichkeiten macht Hunt seine Sache dann auch ganz gut, dezimiert seine Gruppe nach gewohntem Prinzip, darf dabei aber natürlich nie mehr zeigen als wilde Kamerawackeleien und schnelle Schnitte, damit man auch ja nichts erkennt, was R-Rating würdig sein könnte. Dabei sind die Herrscher dieses lange Zeit isolierten Ökosystems wahre Wunder der Natur, die fliegen, tauchen, schwimmen, über ein Echolot „sehen“ und klettern können, was alsbald auch den Höhlenkraxlern dämmert.
Zunächst nur mit Kameraeinstellungen des „heimlichen Beobachters“ aufwartend und nur kurz durch die verzerrte Ego-Optik der Viecher blickend, kann Hunt zwar nicht richtig fest an der Spannungsschraube ziehen, aber dafür das Labyrinth hübsch unübersichtlich wirken lassen, was die Suche nach einem Ausgang für die Gruppe natürlich erschwert. Die sind ohnehin bald erschöpft, verschreckt und tierisch verunsichert, weil der ass-kicking Anführer selbst schon vom Parasiten infiziert ist und sich langsam zu einem solchen Wesen transformiert.
Klettern, rutschen, tauchen und schwimmen. Hunt fährt das volle Programm und stellt wenig einfallsreich eben alles mit seiner Opfertruppe an, was dort unten so möglich ist. Ab und zu wird dann einer fix gefrühstückt und dann geht es auch schon weiter. Magnesiumfackeln und Taschenlampen erleuchten den glitschig-nassen Irrgarten, der auch mal eisig und dann wieder feurig sein kann, ein paar Knochenbrüche gibt es natürlich auch, aber wenigstens wird nicht ellenlang auf den tödlichen Abgängen herumgeritten. Trauer ist hier verpönt.
Auch deswegen kann sich „The Cave“ einen ganz moderaten Unterhaltungsgrad bewahren. Man darf sich eben nur nicht ständig „The Descent“ ins Gedächtnis rufen. Wenn auch kreuzbrav alle bekannten, ausgetretenen Pfaden des Genres folgend, zieht Hunt sein Debüt flott durch ohne großartige Mängel aufzuzeigen, aber auch ohne sich als Filmemacher irgendwie zu beweisen. Es ist eben die übliche Hatz benachteiligter Menschen in einem isolierten Handlungsspielraum gegen einen sich den Umständen angepassten Gegner.
Bis zum Finale funktioniert das auch ganz gut und ich fand den Film für sein Rating auch relativ spannend. Einem Kind würde ich diesen Horrorflick jedenfalls nicht vorsetzen, dafür wird am Ende doch zu fix dezimiert. Wenn es auch nie explizit gezeigt wird, so ist das Grauen doch allgegenwärtig und eine bedrohliche Grundstimmung einer allgegenwärtigen Gefahr oder des Ausgeliefertseins kann man schlecht im nachhinein wegschneiden, wenn man nicht den gesamten Film zerschnippeln will.
Nur am Ende macht sich „The Cave“ dann etwas lächerlich. Das Finale, in einer mit Methangasen durchsetzten Höhle, die optisch ein wenig der Hölle gleicht und damit Bezug zu einer eingangs des Films erläuterten europäischen Legende nimmt, mit dann in aller Ausführlichkeit gezeigten CGI-Monstern ist ein enttäuschend blödsinniger und simpler Abschluss. Ein verbissener Kampf um Leben und Tod und das mit letzten Kraftreserven stattfindende Entrinnen in die Freiheit hätte dem Film besser zu Gesicht gestanden, denn meist erreicht man bei dieser Art von Filmen mehr, wenn man weniger zeigt. Jedenfalls wenn dem Creature-Designer nicht mehr als ein 08/15-Monster einfällt.
Fazit:
Ganz böse bin ich „The Cave“ letztlich nicht. Doch „The Descent“, da gibt es nichts abzuwiegeln, ist schlicht und einfach eine ganze Klasse besser.
Bruce Hunts Abklatsch kratzt das Potential dieser selten optimal genutzten Prämisse nur an, hat aber natürlich mit seinem PG-13-Rating auch ein Riesenproblem, das nie so richtig in die Vollen gegangen werden darf.
Angesichts dessen reicht es letztlich zu einem knapp überdurchschnittlichen B-Movie made in Hollywood, das einen B-Cast durch den Lebensraum gefräßiger Monster jagt und neben den üblichen Dezimierungen keine großartigen Einfälle hat. Weil der Film allerdings schön unübersichtlich mit seiner Umgebung spielt und artig straight zur Sache kommt, kann man soweit zufrieden sein. Mehr hatte ich ohnehin nicht erwartet.