Einmal Hölle und zurück mit Rob Zombie
Der Weg vom Musiker zum Regiesseur war nicht ganz einfach für Rob Zombie, wie er bei seinem Regie-Debüt feststellen musste. Erst nach einigen Querelen kam "Das Haus der 1000 Leichen" in die Kinos, nachdem es zuerst Probleme gegeben hatte wegen wegen der graphischen Gewalt und der kranken Atmosphäre, mit der der Streifen nicht geizte.
Der Erfolg von "Das Haus der 1000 Leichen" fiel dann aber doch mehr als überzeugend aus. Auch wenn Zombie als Regiesseur in seinem Erstling noch ein wenig dazu neigte, seinen Film mit allerlei skurrilen Details und grimmighartem Humor zu überladen, konnte er sich auf der Landkarte des modernen Horrorfilms einen Platz sichern, eine Nische zwischen dem Remake von "The Texas Chainsaw Massacre" und Backwoods-Horror à la "Cabin Fever" war ihm sicher.
In "The Devi's Rejects" kehren wir wieder zurück in die Welt von "Das Haus der 1000 Leichen", doch Rob Zombie legt großen Wert darauf, den Film nicht als reines Sequel verstanden zu wissen. Vielmehr kam es ihm darauf an, einen eigenständigen Film zu schaffen, der nicht einfach die Story weiterführen sollte, auch wenn diverse Charaktere wie der kultige Captain Spaulding (Sid Haig) natürlich mit von der Partie sind.
Ausgangspunkt der Geschichte ist die Jagd von Sheriff John Wydell (William Forsythe), der den Tod seines Bruders rächen will, den die durchgeknallte Familie Firefly auf dem Gewissen hat. Dabei geht der Gute nicht zimperlich vor, doch auch der Firefly-Clan hinterlässt eine Blutspur, wenn er mordend durch durch die Lande zieht. Wydell bevorzugt, obwohl Gesetzeshüter, bei seiner Verfolgung unorthodoxe Methoden und begnügt sich nicht damit, Otis (Bill Moseley), Baby (Firefly (Sheri Moon) und Spaulding (Sid Haig) zu verhaften - er hat sich für sie etwas anderes ausgedacht!
Was die Schauplätze seiner Story betrifft, hat Regiesseur und Autor Rob Zombie den Charakteren dieses Mal mehr Raum gegeben als noch im Vorgänger, der sich mehr oder weniger nur im Haus der Familie Firefly und dessen näherer Umgebung abspielte. In "The Devil's Rejects führt uns die Reise auch quer durch die Wüste, so kommt etwas vom Flair eines "Natural Born Killers" oder "From Dusk Till Dawn" zum Tragen, wenn auch bei Zombie in einer etwas abgedrehteren Art und Weise, obwohl er in diesem Film um mehr Realismus bemüht ist, als es noch im comichaften Erstling der Fall war.
Da wundert er auch nicht, dass Zombie seinem neuesten Streich sogar Züge eines Westerns gab, und wie in den von ihm geliebten Italowestern eines Sergio Leone gibt es auch in "The Devil's Rejects" keine klare Trennung zwischen den Guten und den Bösen, im Gegenteil: Je mehr die drei Flüchtenden in die Bredouille geraten, desto stärker werden sie trotz ihrer Untaten selbst auch zu Opfern, mit denen man am Ende sogar noch Mitleid hat...
Rob Zombies filmisches Weltbild ist nicht nur bewusst düster ("Alle meine Charaktere sind böse"), es gründet auch auf der Tatsache, dass es gerade die Fieslinge im Kino sind, denen unser besonders Interesse gilt und auch unser Mitgefühl, wenn es ihnen dann doch (oftmals ja verdientermaßen) an den Kragen geht. Dieser Kunstgriff ist auch dadurch zu begründen, dass die Horrorfilmfiguren wie Freddy Krueger oder Jason Vorhees zwar Ikonen des Splatterkinos sind, ihnen aber auch auf seltsame Art ein menschliches Charisma abgeht - wo hier allerdings keine strikte Trennlinie zu erkennen ist, denn auch Freddy, Schlitzer mit Schlapphut und Krallenhand, wurde ja in den "A Nightmare On Elm Street"-Streifen durch seine Sprüche und Gags durchaus zu einem Sympathieträger aufgebaut, nur trauerte man um ihn nicht unbedingt als menschliche Figur, wenn er am Ende eines Films wieder mal das Zeitliche segnete.
Wie in Tobe Hoopers "Blutgericht in Texas" organisiert Rob Zombie seine merkwürdig sympathischen Bösewichte nach einem ähnlichen Prinzip: Die Psychos mögen vielleicht durchgeknallte Spinner sein, aber wenigstens halten sie in ihrer Familie auch dann zusammen, wenn es ihnen einmal schlecht geht. Dass dabei eine Bande von gestörten Serienkillern letzten Endes zu den eigentlichen Identifikationsfiguren wird, ist keine neue Idee, erweist sich durch ihre Ambivalenz aber als wirksam, weil sich der Film so einer konventionellen Rollenverteilung verweigert.
Die verschiedene Effekte und Bildverfremdungen benutzende, visuelle Experimentierfreude des Erstlings hat Rob Zombie in "The Devil's Rejects" sichtbar hinter sich gelassen. Das Sequel (wenn wir es mal als solches bezeichnen wollen) ist ein Roadmovie, das sich vom bunten Mikrokosmos eines "Haus der 1000 Leichen" verabschiedet hat, weshalb der grobkörnige, schlichte Look, für den sich Rob Zombie entschieden hat, auch besser passt als eine übertrieben glatte glatte Hochglanz-Optik.
Doch nicht nur, was die visuelle Seite angeht, hat Rob Zombie dazugelernt und sein Handwerkszeug erweitert. Auch die Entwicklung der Geschichte, die in "Das Haus der 1000 Leichen noch recht sprunghaft war (was dem Charakter des Films entgegenkam), ist in "The Devil's Rejects" deutlich konzentrierter und auf den Punkt organisiert, was nicht bedeutet, dass sich der Regiesseur und Autor in Personalunion nicht wieder seine abgedrehten Feinheiten leisten würde - diese existieren nach wie vor, ohne aber von der jetzt strafferen Dramaturgie abzulenken. Rob Zombie stellt damit unter Beweis, dass er als Regiesseur auf jeden Fall dazugelernt hat, und ein Multitalent ist er ohnehin. Neben Regie und Drehbuch kümmerte er sich auch um die Musik (wie zu erwarten, wurde er doch als Kopf der Bande White Zombie bekannt) und allen anderen wichtigen Details des Films, seien es die Kostüme der Figuren oder das Set-Design, wurden ebenfalls von Zombie selbst entworfen oder mussten nach seinen Ideen gestaltet werden. Selbst wenn man seine Filme nicht mag, muss man immerhin anerkennen, dass hier ein Vollblut-Filmer am Werk ist, der mit Herzblut hinter dem steht was er tut. Da passt es auch ins Bild, dass Zombie altgediente Veteranen wie Ken Foree (er war im legendären 1978er-Original von George A. Romeros "Dawn of the Dead" dabei) oder Michael Berryman (optisch eine Mischung aus Meister Proper und Freddy Krueger) für "The Devil's Rejects" verpflichtete. Berryman war nie der große Star, blieb einem aber durch sein markantes Äußeres und seine Auftritte in Filmen wie Wes Cravens "Hügel der blutigen Augen" oder Ruggero Deodatos "Cut and Run" im Gedächtnis haften - um so netter, seine kultverdächtigen Gesichtszüge in "The Devil's Rejects wiederzusehen.
Fazit: Unterm Strich bleibt ein verdammt unterhaltsames Splatter-Roadmovie, schön skurril, mit gesunder Härte und dabei ausreichend genug von seinem Vorgänger entfernt, so dass der Verdacht der Eigenkopie gar nicht erst entsteht.