Vor drei Jahren noch sorgte Rob Zombie nach etlichen Veröffentlichungsproblematiken, skeptischen Verleihern und Schwierigkeiten mit der MPAA mit seinem sicken, skandalösen Regiedebüt „House of 1000 Corpses“ für Aufsehen. Die Hardcore-Fraktion war von seinem Streifen begeistert und ersann schon ein Revival der tabulosen Exploitation-Welle der Siebziger. In seiner expliziten Gewaltdarstellung und der beängstigend kranken Stimmung maßlos, wurde der Film zwiespältig aufgenommen, fand aber sein Klientel. Grund genug für Rob Zombie nun nach drei Jahren nachzulegen und den Fans des Vorgängers eine Fortsetzung zu spendieren, die sich stilistisch etwas ausgewogener präsentiert und nicht mehr ganz so experimentierfreudige, schrill-aggressive wie kranke Bilder bereithält. Rob Zombie ist nicht zahmer geworden, aber wechselt aus dem phantastischen Bereich in ein realeres Szenario über und zieht seine an den Geschmacksnerven hartnäckig zerrende Orgie der Gewalt lediglich anders auf, hat offensichtlich dazu gelernt, geht mit seiner Umgebung harmonischer um, filmt unmittelbarer und punktet damit letztlich auch in den Kinos. Die Fortsetzung übertrumpfte das Original an den Kinokassen.
Die Zugangsschwierigkeiten sind dennoch die selben geblieben. Auch „The Devil’s Rejects“ ist ein grobkörniger, schmuddeliger, staubiger Trip, ein Roadtrip, geworden, von dem sich zartere Gemüter fern halten sollten, denn so ganz ohne ist die verstörende Atmosphäre erneut nicht. Irgendwo zwischen „The Texas Chainsaw Massacre“ und „The Hills have Eyes“ angesiedelt, verbleibt Rob Zombie hier erneut in den Siebzigern mit markanten Kotletten und getönten Sonnenbrillen.
Er polt nun seine Antagonisten des Vorgängers hierfür zu Hauptakteuren rum. Flohen im Erstling noch verzweifelt die Teens, so sind des diesmal die Fireflys selbst, die auf ihrer Farm von einem Großaufgebot Cops unter der Führung des sadistischen, obsessiven Sheriff Wydell (William Forsythe, „Extreme Prejudice“, „Out for Justice“), der die Jagd auf die Familie zu einer persönlichen Sache gemacht hat, seitdem sein Bruder ihnen zum Opfer fiel, in einem extensiven Shootout dezimiert und geschlagen werden.
Aus der infernalen Schießerei gehen schließlich nur Otis (Bill Moseley, „The Texas Chainsaw Massacre 2“, „Night of the Living Dead”) und Baby (Sheri Moon) flüchtend hervor. Mutter Firefly (Leslie Easterbrook, „Police Academy”, „The Taking of Flight 847: The Uli Derickson Story”) wird verhaftet und Captain Spaulding (Sid Haig, „Foxy Brown”, „Galaxy of Terror”) verläst gewarnt seine Unterkunft, um sich mit seinem Nachwuchs in einem Motel zu treffen.
Um viel mehr geht es bei „The Devil’s Rejects“ auch nicht, wenn man ihn rein inhaltlich betrachtet. Doch Rob Zombie hat einiges mit dieser Prämisse vor, denn mit Wydell hat die Familie einen Verfolger, der ihnen in nichts nachsteht.
Von idyllischer, good feeling Musik der Marke Lynyrd Skynyrd über pseudoauthentisches Dokumentationsmaterial und Nachrichten bis zu Ausblicken auf die unendlichen Straßen der amerikanischen Wüste folgt er seinen Vorbildern und hantiert gleichzeitig gewollt menschenverachtend als harten Kontrast. Die Gleichgültigkeit der Fireflys gegenüber allen Mitmenschen treibt mehrere Oper in ihre Arme (u.a. Geoffrey Lewis, „Double Impact“, „Joshua Tree“), die sogleich zu sadistischen Spielen missbraucht werden und ihrem Schicksal, dem unumgänglichen Tod, in die Augen schauen.
Obszöne Gesten und Dialoge prägen den Wortlaut, dazu nicht in Blut badende, aber detailliert zelebrierte, äußerst rohe Gewaltausbrüche, die die Grenze des guten Geschmacks überschreiten und weitergehen. Ihren Opfern nehmen sie jede Illusion die Begegnung zu überleben. Sie foltern, erniedrigen und töten sie grundlos ohne mit der Wimper zu zucken und haben Spaß dabei. Für sich bleiben sie dabei stets eine funktionierende Familie.
Diese Sequenzen, eingefangen von ebenso experimentierfreudigen Steady-Cams, wirken wie ohne Sinn und Verstand, werden von einer schrillen Musikbegleitung noch in ihrer Wirkung verstärkt und treffen insbesondere den unvorbereiteten und längst noch nicht so abgebrühten Zuschauer an der richtigen Stelle. Die erschreckend glaubwürdige Darstellerriege und die allgegenwärtige Unvorhersehbarkeit folgender Reaktionen und Entscheidungen tragen ihren Teil dazu bei.
Die Story ist längst nur noch Mittel zum Zweck, um einen Sinn vorzugaukeln, den der Film eigentlich nicht hat und nie hatte. Wydells Ermittlungen sind eine Farce, sein Umgang mit Mutter Firefly dann wieder pure, verabscheuungswürdige Gewalt. Sympathien verteilt man als Zuschauer gewiss keine, muss man inmitten dieser Psychopathenansammlung auch nicht. Rob Zombie terrorisiert den Zuschauer nahezu ohne Unterlass, gönnt dem Zuschauer nur ganz wenige Momente des Durchatmens und setzt den abgedrehten Marathon sogleich fort.
Den Humor mag er makaber bis pechschwarz. Den braucht der Film auch ständig, um nicht in Horrorgefilde abzudriften, die ihren Reiz ausschließlich aus der Gewalt beziehen. Die damit verbundenen Gewaltexzesse entschärft er mit seiner ganz eigenen Art von Witz und Humor ein wenig, weil der graphische Overkill, nicht ausschließlich auf die Gewalt bezogen, das Fass zum Überkochen bringt. Der Humor ist ein Ventil, das es dann zu nutzen gilt, wenn seine Antagonisten sich ihrem nächsten Höhepunkt nähern.
Zombie beweist dabei als Regisseur und Autor mehr Fingerspitzengefühl als man ihm zutraut und auf den ersten Blick auch erkennt. Immer wieder steigert er sich in eine Art Rauschzustand, nimmt den Ton weg, legt Musik drüber, lässt dann wieder den Ton für sich sprechen, setzt die Kamera möglichst unübersichtlich ein, nur um dann überraschend wieder in den vorherrschenden Rhythmus zu verfallen.
Mit zunehmender Laufzeit fallen die Steigerungen dann schwer, aber „The Devil’s Rejects“ behält sein Tempo bei und erhält dann final noch einmal Aufmerksamkeit, weil er den Spieß umdreht und die Rollen vertauscht. Wydell will unbedingt an sein Ziel und engagiert zwei zwielichtiger Gestalten (Wrestler Dallas Page, Kultfigur Danny Trejo), damit er sie lebendig in die Finger bekommt. Die sind unlängst bei Charlie Altamont, ausgerechnet von Ken Foree („Dawn of the Dead“) gespielt, einem alten Puff-Besitzer untergekommen, der sich letztlich auch am Finale auf der Farm beteiligen soll. Soviel ist sicher eine Fortsetzung ist ungewiss, denn die Geschichte ist hiermit zuende. Oder doch nicht?
Fazit:
Als eine Hommage des anrüchigen Exploitation-Kinos kann man „The Devil’s Rejects“ eigentlich trotz diverser Zitate eigentlich nicht mehr bezeichnen, auch wenn Rob Zombie sich seine Ideen von diesen Vorbildern offensichtlich abgeschaut hat.
Unverfälscht, roh und eindringlich inszeniert er seine ungezügelte Fortsetzung als terrorisierenden Roadtrip. Empfehlenswert wirklich nur für Zuschauer, die sich nicht gleich durch menschenverachtende Szenen, Folter, Sadismus und unverhohlenem Spaß am Töten abschrecken lassen. Mir selbst ging der Film ein Stück zu weit, doch durch seine Andersartigkeit und seinem Bruch mit dem konservativen Mainstreamkino bleibt er willkommenes Kontrastprogramm für zwischendurch. Die Geschichte ist natürlich nur ein Mittel, den Filmfiguren bleibt man durch die Bank möglichst auf Distanz, aber einen Eindruck hinterlässt der Film nicht zuletzt dank der beängstigend intensiv spielenden Darsteller. Das garantiere ich.