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„Ihr Fleisch wird zart sein... und weich!“

Der umtriebige spanische Filmemacher Jess Franco („Die Säge des Todes“) drehte während seiner französischen Phase im Jahre 1973 eine „Graf Zaroff – Genie des Bösen“--Variation, die unter verschiedenen Titeln in unterschiedlichen Schnittfassungen erschien und die Menschenjagd-Thematik in einem Erotik/Sex-Kontext präsentiert. Die Handlung wird im Folgenden grob umrissen und auch auf ihren Ausgang eingegangen.

„Es ist nicht so einfach, einen Kopf abzutrennen... Du musst fest zudrücken!“

Baroness und Baron Zaroff (Alice Arno, „Zorro - Spiel mir das Lied der Wollust“ & Howard Vernon, „Robinson und seine wilden Sklavinnen“) bewohnen eine einsame Insel, auf der sie regelmäßig junge Frauen jagen, um sie anschließend zu schlachten und zu verspeisen. Dafür Sorge, dass sich auch ausreichend Frischfleisch auf das Eiland verirrt, tragen Bob (Robert Woods, „Django - Schwarzer Gott des Todes“) und Moira (Tania Busselier, „Greta – Haus ohne Männer“), die an einer Küste unweit der Insel leben. Dazu gehört auch, dass sie die zukünftigen Kannibalenspeisen zunächst im Rahmen sexueller Spielchen verführen. Mit dem jüngsten Opfer Sylvia (Lina Romay, „Entfesselte Begierde“) ändert sich jedoch so einiges und sie wird zum Schicksal gleich mehrerer Beteiligter…

Sylvia und ihre schriftstellende Freundin Carole (Caroline Rivière, „Exorcisme“) plappern in einem Hotelzimmer miteinander, denn Sylvia hat eine Einladung zu reichen Leuten erhalten. Ihre Freundin ist skeptisch, vielleicht auch etwas neidisch. Bob und Moira entdecken derweil einen nackten Frauenkörper am Strand und nehmen die Unglückliche auf. Diese ist panisch, denn sie hat Schreckliches erlebt, wie Franco in Rückblenden zeigt: Es handelt sich um ein Opfer der Zaroffs, das entkommen konnte. Der Film wechselt nun stets zwischen Rückblenden, Bob und Moira sowie Sylvia und ihrer Freundin. Natürlich war die Einladung, die Sylvia erreicht hatte, eine Falle und so landet sie zunächst bei Bob und Moira, wo sie Teil eines flotten Dreiers wird. Im Anschluss folgt eine minutenlange dialoglose Szenenabfolge der Überfahrt auf die Insel und des FKK-Vergnügens am Strand. Bei den Zaroffs zu Tisch ist Bob schlecht gelaunt, da sich sein Gewissen meldet. Er sagt jedoch nichts und zieht schließlich von dannen. Das Fleisch, das auf dem Speiseplan steht, sieht so richtig schön „anders“ aus, doch Sylvia ahnt natürlich nicht, was sie da verzehrt.

Die Zaroff bearbeitet später zwei nackte gefesselte Damen im Keller nach S/M-Sex-Manier und in einem dialoglosen HC-Insert versucht Sylvia, ein gefesseltes Paar oral und manuell zu befriedigen und legt auch an sich selbst Hand. Sie nimmt den Penis in den Mund, doch dieser wird noch nicht einmal richtig steif. Ob das so beabsichtigt war…? Die sich anschließende Softsex-Szene ist nicht nur ebenfalls dialog-, sondern auch belanglos, jedoch lediglich das Vorspiel für eine Lesben-Softsex-Nummer zwischen Sylvia und der Baroness, die vom Baron beobachtet wird. Was bei diesem Adelsgeschlecht wirklich los ist, wird sich Sylvia erst bewusst, als sie die beiden dabei erwischt, wie sie einer Frauenleiche den Kopf abzutrennen versuchen. Den guten Bob plagen mittlerweile derartige Gewissensbisse, dass er Moira erwürgt – in Francos Welt offenbar ein logischer Schritt. Die Baroness wiederum bläst nun endlich zum Halali, vollzieht die Jagd auf die nackte Sylvia und frönt ebenfalls der Freikörperkultur. Das Tempo legt im Finale nun deutlich einen Zahn zu und handelt recht straff ab, wie Sylvia tödlich von einem Pfeil durchbohrt wird, Bob einschreitet und seinerseits die Gräfin erlegt und Baron Zaroff als stummer Beobachter verweilt. So wird er auch Zeuge, wie der verzweifelte Bob den Freitod im Meer wählt – mit Sylvia auf den Armen. Die zynische Pointe: Zaroff freut sich diebisch darauf, seine Frau zu verspeisen…

Ja, Francos Zaroff ist schon eine ambivalente Angelegenheit. Zu seiner Ehrenrettung muss jedoch angemerkt werden, dass die HC- und zumindest Teile der Softcore-Inserts und die Hotelzimmerszenen 1974 nachgedreht und nachträglich eingefügt wurden, weil der bis dahin unveröffentlichte Film dem Verleih anscheinend zu düster erschien. Die bedrohliche Stimmung des ursprünglich nur 73 Minuten langen Films sollte bewusst aufgeweicht werden. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen der gelungeneren Francos: Die sich stets sehr kultiviert gebenden Zaroffs residieren im architektonisch bemerkenswerten „Xanadu“-Gebäude des Architekten Ricardo Bofill, in dem ausschließlich Franco drehen durfte, was er zuvor bereits für „Sie tötete in Ekstase“ tat und später noch einmal für „Lolita am Scheideweg“ tun sollte. Franco glänzt mit einer durchästhetisierten Kameraführung und fängt überaus sehenswerte Bilder ein. Doch so schön die zeigefreudigen Schauspielerinnen hier auch sind, die Sexszenen fallen dagegen ab. Die vermutlich zu den nachträglich eingefügten zählenden Semi-Hardcore-Szenen offerieren mutmaßlich reale orale Stimulationen, von denen man aber nicht viel zu sehen bekommt: Entweder ist die furchtbar ungetrimmte ‘70er-Schambehaarung im Weg oder der männliche Part liegt eben auf seinem weiblichen Pendant und verdeckt so ebenfalls das Sichtfeld – das ist im wahrsten Sinne des Worte unbefriedigend und alles andere als erotisch gefilmt. Musikalisch gibt sich „Sexy Nature“ alias „La comtesse perverse“ abwechslungsreich, vornehmlich greift Franco indes wieder auf seine favorisierten Jazz-Klänge zurück. Die Musik wird während der finalen Nudistenjagd zwar bedrohlich und kontrastiert das anheimelnde Ambiente mit seinen sonnendurchfluteten Bildern, die Jagd an sich funktioniert aber nur bedingt als Herzstück oder Höhepunkt des Films, da sie nicht wirklich aufregend inszeniert oder ausgereizt wurde und doch ziemlich schnell vorüber ist – kein Vergleich zum Vorbild aus den 1930ern. Freunde des etwas anderen Erotik-Kinos längst vergangener Zeiten und derjenigen Werke, für die Franco offenbar von der Muse geküsst wurde, dürften dennoch auf ihre Kosten kommen, zumal auch schauspielerisch alles im grünen Bereich ist und der voyeuristische Baron Zaroff einmal mehr wie ein Alter Ego des Regisseurs erscheint, der große Freude an dieser Zusammenarbeit mit seiner Lebensgefährtin Lina Romay gehabt haben dürfte.

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