Und sie haben es schon wieder getan! Manchmal, so zwischen den üblichen Filmen, überkommt ein paar namhafte Schauspieler oder einen Regisseur immer der Wahn, einen französischen Klassiker zu remaken.
Hier geschehen mit Claude Millers „Das Verhör“, in dem sich Lino Ventura, Michel Serrault und Romy Schneider kammerspielartig bekriegten, als es darum ging, den Sexualmörder zweier Kinder zu überführen.
Hier sind es jetzt Morgan Freeman, Gene Hackman und Monica Bellucci, die die Handlung in die Hand nehmen und es wird genau so gemacht, wie es die Franzosen vorgeben. Moment, nein, halt, natürlich kein dröges Kleinstadtpolizeirevier – hier muß es schon was Besonderes sein. Also: ein Inselchen unter amerikanischer Flagge, aber mit Hispano-Bevölkerung, draußen ein riesiges Straßenfest. Gemäß Stephen Hopkins, dem Nachlaßverwalter der hollywoodesken Mittelmäßigkeit, muß man dem Auge was bieten. Etwas wie Monica Bellucci vielleicht? Komme ich noch drauf.
Auf jeden Fall sind es wieder zwei Kinder, Hackman ist der Verdächtige, Freeman der Verhörer. Worauf es in diesen Kammerspielen jedoch ankommt, ist Psychologie, das Driften in die zunehmende Ausweglosigkeit für den Bedrängten, als immer mehr Beweise gegen ihn sprechen. Die Schlinge, die zunächst nur locker sitzt, wird immer enger.
Dabei kann sich der Verdächtige ganz leicht aus der Affäre ziehen (zumindest kurzfristig), indem er seinen Anwalt anruft. Doch der Clou ist, daß Hackman tatsächlich eine Form von Wut und Schuld fühlt, die ihn als Täter in Betracht kommen lassen, nicht zuletzt seine Vorliebe für mädchenhaft junge Frauen.
Das Problem: Hopkins dringt nie tief genug in seine Figuren ein, um wirkliches Interesse zu entwickeln. Freeman gibt sein Bestes, aber Bullen dieser Art kennt man schon an ihm. Hackmans Verhalten dagegen wirkt zunehmend befremdend, die Untiefen dieses Mannes kann er nicht zum Leben erwecken. Und die Bellucci ist zwar wie üblich die pure, nackte Erotik, wie sie die Augen niederschlägt und ein Zigarillo nach dem anderen verhaucht, aber zu mehr wird sie hier auch nicht gebraucht.
Dafür beschäftigt sich Hopkins mit dem Visuellen: viele Rückblenden, das Puzzlespiel des Kriminalfalls in den Vordergrund rücken, bloß keine zu langen Dialogszenen wie in dem französischen Film, der fast komplett in einem Zimmer spielt. Stattdessen Einblendungen, subjektive Kamera und immer wieder tauchen die Verhörenden visuell in den Erinnerungsbildern auf, um Fragen zu stellen und überzuleiten. Interessanter wird es dadurch aber auch nicht.
Kennt man Claude Millers Film nicht, wird einem der Film wohl leidlich interessant vorkommen, nicht so französisch dröge, dabei ist der Film unserer Nachbarn wesentlich intensiver und weniger vordergründig. Natürlich ahnen wir alle, daß da noch eine Pointe kommen muß, aber wo Miller den Zuschauer aufhorchen ließ ob des bitteren Schlußes, scheint „Under Suspicion“ einfach nur langsam auszulaufen wie eine Badewanne ohne Stöpsel.
Es fehlt darüber hinaus an geschliffenen Dialogen, an Brillianz, immer wird man daran erinnert, daß es ein Remake ist, nichts Originäres. So bleibt mal wieder nur Durchschnitt übrig – Hopkins Filme sind nie richtig schlecht, aber auch nie besonders gut – ein bemühter Versuch, der allerdings brüskieren kann, wenn man kein Kammerspiel erwartet hat.
Gesehen – vergessen. Schade eigentlich! (5/10)