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Ein Film wie ein (schöner) Kindheitstraum, über den soviel geschrieben und gesprochen wurde, dass es unmöglich sein dürfte, noch nie etwas von ihm mitbekommen zu haben, selbst unbewusst. Entstanden auf Drängen des MGM-Studios, das dem Publikum etwas mindestens Ebenbürtiges zu den Disney-Erfolgen bieten wollte, gilt „Das zauberhafte Land“ heute als einer DER Kinderfilmklassiker schlechthin.
Obwohl ich den Film jetzt erst mit zwanzig Jahren zum ersten Mal gesehen habe und es mich dementsprechend nicht unbedingt von den Socken gehauen hat, so kann man diese Verfilmung eines Kinderbuches erst mit zunehmender Reife richtig schätzen lernen.

Das gilt zum einen für die seinerzeit absolut herausragenden Effekte, die richtig fein in, vor Detailreichtum strotzende, Studiokulissen hineingearbeitet wurden. Wenn die gute Hexe mehrmals aus einer heranschwebenden Blase erscheint oder das Haus Dorothys von einem Wirbelsturm weggefegt wird, sieht das so gut aus, dass man kaum glauben mag, einen Film von 1939 zu sehen. Das Erscheinungsbild mehrerer märchenhafter Elemente (dunkler Wald, Smaragdschloss, Hexenturm etc.) setzte Maßstäbe, nach denen sich noch heute Fantasyfilme richten. Profitiert hat die Umsetzung sicherlich vom damals neuartigen Technicolor-Verfahren, welches in diesem Fall wirklich Gold wert war. Der Unterschied von tristem Kansas-Alltag (einheitliche Braun-Töne) und knallbuntem Märchenland (bei Dorothys Landung in Oz weiß man gar nicht, wohin man zuerst gucken soll). Bemerkenswert dabei, dass es kaum stört, dass der Hintergrund stets als Studiokulisse zu erkennen ist, weil selbst da sehr viel Wert auf kleinste Details gelegt wurde.
Zum anderen ist es die für alle Altersklassen geeignete Geschichte, welche „Das zauberhafte Land“ einfach für jeden konsumierbar macht. Sicher, die kleineren Zuschauer werden lediglich manch putzige Figuren, schön gestaltete Landschaften und die ein oder andere Holzhammer-Message („Zuhause ist’s am schönsten“ etc.) mitnehmen, etwas Ältere dürfen dann auch manche Charakterentwicklung wahrnehmen (die drei Attribute Verstand, Herz und Mut die am Ende an Dorothys Begleitern verliehen werden). Obwohl der Autor der Romanvorlage, L. Frank Baum, stets betonte, sein Märchen sei keinesfalls allegorisch gedacht, so lassen sich zumindest bei der Verfilmung anhand bestimmter Personen und Handlungsumstände immer wieder Parallelen zur realen Welt in den 30ern ziehen, sei es jetzt der triste Alltag in Kansas (Depressionszeit) oder die Machtausübung einiger Figuren, die auf die Handlungsweise mancher Großunternehmen oder Politiker schließen lassen. „Das zauberhafte Land“ steckt auf jeden Fall so voller Details, dass man als Kind bzw. bei Erstansicht kaum alles wahrnehmen kann, was da auf einen hereinprasselt.

Sicherlich bewegen sich einige Szenen haarscharf an der Grenze zum Kitsch, natürlich ist das Ganze teilweise so kindlich-naiv, dass man schon einmal das Kind aus einem herauslassen muss, um nicht angewidert auszuschalten. Vielleicht sollte man, um dieses Musterbeispiel an überbordender Fröhlichkeit und Naivität in knallbunter Kulisse schätzen zu können, nur mal die Querverweise auf später entstandene Filme in der imdb überprüfen. Es gibt nämlich kaum einen Fantasy/Musik/Märchenfilm danach, in dem nicht, ob bewusst oder unbewusst, bestimmte Muster aus dem „Zauberer von Oz“ übernommen wurden. Deshalb natürlich Pflichtprogramm für jeden, der sich filmhistorisch ein wenig weiterbilden möchte. Ob man mit der knackebunten Inszenierung und der Heile-Welt-Message klar kommt, ist natürlich eine andere Frage.

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