Lange hab ich mich vor "Starman" gedrückt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie John Carpenter und eine Liebesromanze zusammenpassen sollen. Dazu kam noch, daß aus meiner persönlichen Perspektive die kontinuierliche Steigerung in seinem Werk mit "The Thing" ihren Höhepunkt gefunden hatte und es danach langsam aber leider stetig zu einem qualitativen Abstieg kam. Jetzt, da er eine seltene Aufführung im Free-TV erfuhr, beschloß ich, diese Lücke zu schließen.
Karen Allen spielt eine jung verwitwete Frau, die abends allein Urlaubsfilme von sich und ihrem verstorbenen Mann ansieht und generell unterbewußt laut "Hilfe!" zu schreien scheint. Da kracht auch schon ein UFO, das von Abfangjägern angeschossen wurde, in ein Wäldchen in der Nähe und die Besatzung in der Gestalt eines blauen Lichtballs entkommt, auf der Suche nach einer temporären Gestalt, die flugs im Photoalbum der Einsamen gefunden wird, wo neben bildlichen Schablonen auch eine Haarlocke ihres Mannes als bequeme Klonungsvorlage vorhanden ist. Jenny Hayden kommt, durch die Vorgänge geweckt, gerade zur eindrucksvollen Zeitraffer-Erwachsenwerdung des extraterrestrischen Klons ihres Mannes zurecht, woraufhin sie natürlich erstmal das Bewußtsein verliert. In der Folge aber nähert man sich an, aber die Tücken menschlichen Benehmens und entsprechender Sprache - die nicht notwendigerweise in der Doppelhelix der DNS gespeichert sind - machen die Kommunikation zur Aufgabe.
Das Jeff Bridges-Alien kann aber vermitteln, daß es zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Meteorkrater in Arizona - die Bruchlandung war in Wisconsin - sein muß, damit es von seinen Gattungsgenossen abgeholt werden kann und somit beginnt ein Roadmovie in dessen Verlauf sich die beiden Wesen klarerweise (zumindest in Hollywood-Schinken) näher kommen und der mittels merkwürdiger Kugeln Wunder wirkende Außerirdische, der aussieht wie der Mann von Jenny, sogar noch ein kleines Geschenk im Bauch der zuvor Unfruchtbaren hinterläßt.
Wie man bereits dieser Mikro-Inhaltsangabe entnehmen kann, wird ziemlich dick aufgetragen. Kaum ein Klischee des Rührkinos wird ausgelassen: junge Witwe, die keine Kinder bekommen kann; ein Alien, das aussieht wie ihr Mann; sie ist unfruchtbar, wird aber, dank Alien-Hokuspokus geschwängert; eine ziemlich unfähige US-Sicherheitstruppe, bestehend aus einem säbelrasselnden Stahlhelm von Militaristen, der am liebsten erstmal alles abschießen würde und dann den Prozeß machen und ein Ufologe mit goldenem Herzen, der die beiden, die knapp vor dem Krater in einem Cafe gestellt werden, letztlich doch entkommen läßt. Zuguterletzt ist auch noch die Polizei ziemlich dumm und korrupt (eine typische Signatur des Althippies John Carpenter).
"Starman" ragt wie ein wunder Daumen aus dem Oeuvre des Horror-, Action- und Scifi-Maestros heraus und wenn auch Humor durchaus zu seinen Stärken gehört, so ist es doch recht ungewöhlich, daß er sich zu einer solchen Kleenex-Romanze bereit erklärt hat - laut IMDB ist dies nämlich eine Auftragsarbeit der Produzenten.
Immerhin muß man konstatieren, daß Genrekönig Carpenter sich auch in dem des Dramas recht gut zurechtfindet und seine nüchterne und routinierte Regie macht auch die überall verteilten Sentimental-Fettnäpfchen erträglich. Dazu kommt eine zwar nicht herausragende, aber durchaus annehmliche schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller, die die Riesenlöcher in der filmimmanenten Logik souverän überspielen - wie, beispielsweise, ein Außerirdischer im Menschenkörper, der mit der ungewohnten Hülle nur sehr grotesk umgehen kann, plötzlich zur Liebesmaschine mutiert und Jenny ein Kind macht, bleibt ein Geheimnis des Drehbuchs.
Insgesamt bekommt man einen zwiespältigen Eindruck. Die Regie ist gut, sie hält das Tempo des mit 110 Minuten nicht gerade kurzen Films, zumal im Verhältnis zum einfachen Plot, aber der Unterhaltungswert, trotz einem gerüttelt Maß Humor, bleibt niedrig. Man kann sich des Eindrucks, eine Auftragsarbeit vor sich zu haben, nur schwer erwehren.
Dennoch ist "Starman" im Rückblick vom Spätwerk Carpenters noch in die bessere Liga einzureihen, denn immerhin bewegt er sich nicht auf angestammtem Action-Terrain, sondern versucht sich in Emotion. Nicht gelungen, aber auch nicht wirklich versiebt.
Erstaunlich übrigens die Tatsache, daß von diesem Film offenbar auch 70mm-Kopien für Kinopaläste (die es damals, 1984, noch gab, *schnüff*) existierten. Man hatte Großes vor. Vermutlich war die Zusammenarbeit mit Lucas' ILM dafür ausschlaggebend, wiewohl die Effekte aber nicht wirklich überwältigend sind, auch nicht für die Mitte der 80er. Einzig die Starman-Transformationseffekte von Rick Baker, der damit an seine durchaus bahnbrechende Arbeit für "American Werewolf" anknüpfte, können überzeugen.