Es war länger still um Joel Silvers Horrorfabrik Dark Castle Entertainment. Dem gruseligen Erstling „House on Haunted Hill” aus dem Jahr 1999 folgten eigentlich nur noch halbgare Horrorschnellschüsse, die auch nicht so überzeugend am amerikanischen Boxoffice liefen. Wohl auch deswegen entschieden die Macher sich dazu, das Konzept der Filmschmiede zu variieren. Die Grundidee, klassischen Stoff zeitgemäß aufzubereiten, wird mit „House of Wax“ zum ersten Mal verworfen. Man folgt plötzlich wieder der Tradition der Achtziger – leider auch mit allen ihren Fehlern.
Genützt hat es letztlich nichts. Auch „House of Wax“ wurde nicht mit Begeisterungsstürmen in den Kinos empfangen. Dabei kann man sich zumindest in der zweiten Hälfte ganz passabel gruseln.
Regiedebütant Jaume Collet-Serra, vormals für Musikvideos und TV-Spots zuständig, verfrachtet hier eine Meute Teens in einen später sehr rabiaten und an expliziten Goreeffekten überraschend freizügigen, Horrorflick, der leider zunächst seine erste Dreiviertelstunde überstehen muss. Das Problem ist nämlich schlicht, dass „House of Wax“ mit rund 108 Minuten eigentlich etwas zu lang läuft und sich in den ersten 45 Minute so kurz hätte fassen können, dass daraus ein kurzweiliger 90minütiger, unterhaltsamer Horror entstehen hätte können – wohlgemerkt können...
Doch es sollte nun mal nicht sein und deswegen erfahren wir die klassischen Regeln des Genres. Die als natürlich bald Opferstamm dienende Clique, unter anderem bestehend aus Elisha Cuthbert (Huch, ist die lütsch!) und Paris Hilton (Ja, genau die!), verfährt sich nachts auf dem Weg zu einem Football-Spiel und campiert mitten in der Pampa. Als des Nachts ein ungebetener Jeep vorbei schaut, bewirft man ihn mit einer Bierflasche. Hinzu gesellen sich lauter zwischenmenschliche Konflikte (der komplizierte Bruder mit den kriminellen Genen, die wahrscheinlich schwangere Freundin, die es ihrem Macker sagen willl..., etc), Sex und Alkohol – eben das übliche Programm. Als dann am nächsten Morgen nicht nur ein Keilriemen hin, sondern die auch im Vorfeld exzessiv eingesetzte Kamera (Na, da wollten wir wohl doch keinen Dokustil vortäuschen...) verschwunden ist und Collet-Serra die Kamera gern als versteckter Beobachter einsetzt, beginnt die Kacke an zu dampfen. Ein freundlicher Semi-Hillbillie, der totgefahrene Tiere von der Autobahn kratzt, auf einem Privatfriedhof stapelt und, wenn sie frisch sind, auch mal in den Kochtopf wirft, schlägt vor, das problembehaftete Pärchen bis zur nächsten Tankstelle mitzunehmen, während der Rest mit der zweiten Karre zum Spiel fährt. Dort angekommen finden die beiden eine ganze Menge, aber garantiert nicht den richtigen Keilriemen...
Ganz klar, bis zu diesem Punkt gleicht „House of Wax“ einer Geduldsprobe. Ich finde es ganz putzig, dass man hier, ich hoffe beabsichtigt, die ganzen Fehler etlicher Horrorprojekte der Achtziger rekapituliert, indem man in einer zu langen Einführung die Klischees nur so stapelt, lediglich allzu typische Charaktere vom Reißbrett vorstellt, ihnen dümmliche Dialoge in den Mund legt und sie stets so handeln lässt, wie der gesunde Menschenverstand es verbietet, aber die Regeln des Genres es nun mal vorschreiben. Speziell Paris Hilton, die sich überraschend ordentlich und scheinbar auch mit Talent verkauft, ist als sexhungriges Blondchen nahezu ideal in diesem Film untergebracht. Von Elisha Cuthbert kann man das hingegen weniger behaupten. Bei „24“ gefällt sie schauspielerisch besser, wobei sie hier auch oft nur ihren Körper zur Schau stellen muss.
Jaume Collet-Serra bleibt visuell bodenständig, knüppelt einen fetzig-modernen Rocksoundtrack dazu und hat bei Ankunft in dieser seltsamen, menschenleeren Kleinstadt auch alsbald kein Problem mehr, den Film am Leben zu erhalten. Es wird tatsächlich endlich spannender und gruseliger, auch wenn dabei kein Highlight entsteht.
Der Kampf ums Überleben gegen mörderische Zwillinge, die eine ganze Stadt mit Wachsfiguren errichtet haben und jeden Neuling feuchtfröhlich dazugießt, hat jedenfalls etwas Originelles im jüngeren Horrorsektor. Auch wenn ein Großteil der Faszination natürlich aus den rein plakativen, blutrünstigen Kills hervorgeht. Von durchschnittenen Achillessehnen, über abgehackte und durchbohrte Köpfe bis hin zu abgeschnittenen Fingern serviert „House of Wax“ eine überaus reichhaltige Schlachtplatte mit guten Make Up-Effekten. CGI ist hier eher eine dezente Seltenheit und wenn dann, wie im zähflüssigen Finale, gut programmiert.
Natürlich ist die Handlung, wenn man davon überhaupt sprechen kann, reichlich stupide. Regelmäßig entkommt man in diesem menschenleeren Kaff dem mörderischen Duo in Panik und letzter Sekunde. Bevor es zu gewöhnlich wird, muss einer blutig dran glauben und schon beginnt die Chose wieder von vorn, bis man sich endlich renitent zur Wehr setzt. So prickelnd ist das alles nicht, aber Jaume Collet-Serra weiß es passabel zu inszenieren, weswegen aus dem Streifen dann kein kompletter Langweiler wird. Das Problem ist hier einfach, dass dem Hobby der Brüder nie die nötige Morbidität abgerungen wird. Es bleibt ein Mittel zum Zweck, zum Töten. Ihr Kindheitskomplex wird zu stiefmütterlich behandelt, als dass er wirklich gruselt.
Das Wachshaus mitsamt Warenlager und maschineller Fertigungsanlage im Keller genießt dabei sein Horrorambiente grundsätzlich, denn jeder, der dort unten landet, kommt wächsern ins Kabinett. Etwas weniger effektiv ist dabei die Umgebung selbst, weil sie außer ihrer Leere und der Tatsache, dass sie nur Fassade ist, wenig in Bezug auf die Spannung zu bieten hat. Der Besuch im Kino war diesbezüglich allerdings ein kleines Highlight.
Auf das Finale zulaufend, wird der anfangs so langweilig und dröge „House of Wax“ schließlich immer besser. Das hohe Tempo wird konstant gehalten, das panische Rennen ums pure Überleben immer unmittelbarer und die Mörder entschlossener. Was anfangs noch so zerfahren rüberkam, wird immer konzentrierter und effektiver. Die Adrenalinproduktion wird angeregt und die Hände feucht. Ja, in den letzten 20 Minuten macht es Spaß dem feurigen Treiben zuzuschauen.
Letztlich macht es auch die Mischung hier aus. Etwas Backwoodhorror mixt sich mit Slasher und klassischen Motiven, die erfreulich humorlos zu boshaftem Horror kulminiert. Man ist, und das sehe ich als Pluspunkt, hier als Zuschauer zu Beginn wirklich noch aufgeschmissen und rätselt, wohin das nun führen wird. Jedenfalls, wenn man, wie ich, relativ uninformiert an den Streifen geht.
Freilich macht dieser kunterbunte Eintopf daraus dann keinen in irgendeiner Weise wichtigen und guten Genrefilm, aber einige Schockmomente sind nun mal vorhanden. Vor allem innerhalb des Wachshauses geht es einige Male mörderisch zur Sache...
Fazit:
Angesichts einer äußerst trägen ersten Dreiviertelstunde, die darum bemüht ist, möglichst jedes klassische Klischee des Horrorfilms aufzugreifen, springt nur der Durchschnitt heraus. Die spannende zweite Hälfte mit seinem mörderischen Duo, vielen bös’ derben Morden, atmosphärisch und phantasievoll gestalteten Locations, sowie einem toll getricksten Ende entspricht da schon eher den Erwartungen des Zuschauers. Anfangs eher lahm, später einladend grausam. Gibt Schlimmeres auf dem Gebiet, Besseres aber auch.