Review

Ein Verriss jagt den nächsten und die Presse überbietet sich an Negativschlagzeilen, denn keiner scheint die Jungs von Action Concept verstanden zu haben. Nachdem das Studio sich mit Actionserien bei RTL einen Namen gemacht hat, mal eben in Hollywood 2003 für ihre „Wilde Engel“-Show bei den World Stunt Awards den „Taurus Stunt Award“ erhielten und im Jahr darauf den "World Stunt Award 2004" in der Kategorie "Beste Action in einem ausländischen Film" absahnten, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie endlich ihren ersten Kinofilm abliefern würden.

„Der Clown“, Kinoableger der gleichnamigen Erfolgsserie (2 Filme, 44 Serieneinsätze), wird selbstverständlich wieder von Hermann Joha (Ja, genau der, der auch für „Hai-Alarm auf Mallorca“ verantwortlich war) produziert und stellt einen wunderbaren Beitrag zum europäischen B-Action-Film dar.
Sebastian Viggs („Millennium Mann“, „Die Sitte“) Kinodebüt richtet sich ganz eindeutig an das Publikum, das sich fanatisch jeglichen Ausschuss von Nu Image und Co reinpfeift und trotzdem keine bleibenden Schäden davon trägt (also u.a. auch an mich). Genau deshalb ist es auch fraglich, ob der Weg dieser 8 Millionen teuren, zum Teil mit europäischen Fördergeldern (!) finanzierten Materialschlacht ins Kino wirklich zu rechtfertigen ist. Im Kino meiner Wahl fliegt der Film jedenfalls morgen, nach gerade mal einer Woche wieder aus dem Programm. Der Kinosaal war mit 10 Zuschauern auch nicht gerade voll besetzt und so richtig Spaß schienen auch nur wir zu zweit gehabt zu haben. Für eine DVD-Veröffentlichung wäre der Film jedenfalls eher prädestiniert gewesen.

Ich persönlich habe mir trotzdem einen Ast gefreut, denn erstens bekommt man B-Action nun mal nicht im Kino zu sehen und zweitens kommt die auch nie aus deutschem Lande. Vergesst deshalb großspurig angekündigte deutsche Actionthriller wie Thomas Bohns Rohrkrepierer „Straight Shooter“, beim Clown hat man seinen Spaß und zwar nicht zu knapp, sofern man mit der richtigen Einstellung heran geht. Wenn man einen spektakulären, klischeehaften, furchtbar dummen Actionfilm voller Anschlussfehler und Unmöglichkeiten erwartet, wird man hier so richtig satt gemacht.

„Der Clown“ und damit das Team von Action Concept hat dabei einen großen Vorteil auf seiner Seite: Es nimmt den Film nicht ernst, zeigt sich selbstironisch und übertreibt wo es nur geht. Wenn beispielsweise Götz Otto („Tomorrow Never Dies“, „Der Untergang“) als main villain eigentlich zu seiner Geisel Eva Habermann („Lexx“, „Queen's Messenger II“) sagt, dass sie sich auf die Show konzentrieren soll, weil sie sonst doch das Beste verpasse, dabei aber direkt in die Kamera guckt und das Publikum anspricht, lacht das B-Actionherz in mir, weil nur wenige Sekunden später Handgranaten auf der Straße landen und etwa ein Dutzend Streifenwagen fliegend und sich überschlagend durch eine Staubwand brechen, um dann über unter und neben einem gerade filmenden RTL-Hubschrauber (RTL ist hier überall vertreten *gg*) wieder auf die Straße zu klatschen. Dass die Jungs von Action Concept diese Stunts wie niemand anders in Deutschland zelebriert ist bekannt und hier dürfen sie sich bis zum Ende so richtig austoben.

Wo die over the top Inszenierung aufhört, machen die Darsteller weiter. Da hätten wir zu Beginn beispielsweise gleich Komiker Bernhard Hoëcker als Einbrecher in einem Kaufhaus, der sich zunächst großmäulig aufführt und dann ganz fix vor Max alias Der Clown (Sven Martinek) den Schwanz einzieht. Der Hauptdarsteller selbst nimmt sich ebenfalls auf die Schippe und äußert sich, als er mit Maske vor dem Spiegel steht reichlich skeptisch, warum ihm denn nie jemand gesagt hätte, wie Scheiße er aussehe, worauf sein alter Weggefährte Dobbs (Thomas Anzenhofer) nur meint, er hätte doch eine Maske auf und sein Gesicht sähe niemand. Sehr komisch auch der Rückblick in die schicksalhafte Vergangenheit zu Wolfheims „Kein Zurück“.

Die Frequenz der Actioneinlagen ist erstaunlich und übertrafen meine zugegeben nicht so hohen Erwartungen. Von Verfolgungsjagden mit Hubschraubern, Motorrädern (in einem Kaufhaus) und LKWs bis hin zu furiosen Stunts und schicken Explosionen ist hier einiges los und das verdammt oft. Da der Film klar auf eine FSK 12 angelegt ist, muss man auf die sonst so genreüblichen blutigen Shootouts allerdings verzichten.

Sebastian Viggs Regie ist okay, mehr auch nicht. Er stopft seinen Film mit Slow- und Fastmotion, Splitscreen und Reißschwenks voll, wirbelt auch schon mal mit 180 oder 360 Grad Schwenks um seine Darsteller und reißt den Plot mit einem hohen Tempo herunter. Das hat der auch dringend nötig, denn so hanebüchen, wie hier aneinander gekittet wird, darf auch keine Zeit zum Nachdenken bleiben. Vigg findet bei „Der Clown“ nicht immer das richtige Timing, manchmal sitzen die Oneliner und witzigen Dialoge nicht richtig, weil sie einfach zu spät kommen oder nicht schnell genug weiter geschnitten wird, insgesamt ist ihm hier jedoch eine ausreichende Leistung zu bescheinigen. Mich würde jedoch mal interessieren, in wie fern er auch für die ganzen Actionszenen zuständig war, oder ob er einfach nur die Alibiszenen, die das Ganze dann zu einem Film machen, gedreht hat. Vermute, dass Roland Leyer da doch tatkräftig unterstützt hat.

Schauspielerisch erfüllen die Darsteller soweit die Erwartungen – soll heißen, brillant ist hier niemand, aber es reicht aus. Erstaunlicherweise kommt Hauptdarsteller Sven Martinek am schlechtesten dabei weg. Sein Partner Dobbs prügelt mit sichtlichem Vergnügen den Humor in den Film, was überraschend gut klappt, Götz Otto, mit übrigens vollkommen hirnrissigen Plan, kann sich hier mitunter das Lachen nicht verkneifen (Sein interessierter Auftritt bezüglich Eva Habermanns Manöverkritik am Swimmingpool war einfach köstlich), aber das Xenia Seeberg, übrigens Martineks Frau und Eva Habermanns Nachfolgerin bei „Lexx“, wie vom Playboy großspurig angekündigt, die deutsche Antwort auf Angelina Jolie ist, darf als Marketinggag und Hirngespinst abgetan werden. Die Lippen dafür hat sie zwar, der Rest fehlt aber. Als klischeehafter, mörderischer Vamp mit hochhackigen Stiefeln und komplett in Schwarz schlägt sie sich allerdings brauchbar. Eva Habermann, seit ihrem Auftritt an der Seite von Gary Daniels in „Queen's Messenger II“ auch auf dem B-Action-Sektor nicht ganz unerfahren, schlägt sich als Love Interest und kämpferisches Opfer gut, ohne sich und ihre Rolle selbst zu ernst zu nehmen.
Schade nur (Ich hatte irgendwie heimlich darauf gehofft), dass Ralph Moeller hier keinen Cameo abbekommen hat.

Was haben wir noch? Achja, genau! Jede Menge Action. Es fliegen Autos durch die Luft überschlagen sich und fahren trotzdem weiter, ein Staudamm wird gesprengt und ein deutsches Fort Knox (Wo auch immer das ist?) wird ausgeräumt. Dieser finale Überfall bietet übrigens reichlich Möglichkeiten, um unsere Bundeswehr durch den Kakao zu ziehen. Sie sind nicht nur unrasiert und unfähig, sondern laufen hier auch noch mit den alten Uzis herum.

Später gibt es dann auf der Autobahn noch eine Verfolgungsjagd mit einem auf dem Dach eines LKWs landenden Hubschrauber, der gegen eine Brücke kracht (die am Heck hängende Stuntpuppe ist auch so ein Brüller...) und final wird auf einem Flugzeugplatz auch noch eine SEK-Einheit mit eingebunden und ein ganzes Flugzeug gesprengt. Soviel Spoilerei nehme ich mir hier mal heraus, denn wer bisher gelesen hat, will wohl eh nur noch wissen, was „Der Clown“ actionmäßig zu bieten hat. Habe aber nicht alles verraten ;)
Die Zerstörungsorgie betrifft im übrigen vornehmlich BMW, OPEL und VW, die hier einige Fahrzeuge wohl zur Verfügung gestellt haben.

Was „Der Clown“, jedenfalls für mich (ich betone das mal), so liebenswert macht, ist seine Unbeschwertheit, mit der er hier an die Aufgabe geht ein Publikum zufrieden zu stellen, dass von vorn herein mit dem Film auf Kriegsfuß steht. Für den Mainstream ist das hier einfach nichts. Das macht es mit Sicherheit nicht einfacher zahlungswillige Zuschauer zu finden. Viggs stilisiert Szenen teilweise total über und versucht bedeutungsschwangere Szenen zu kreieren, so was funktioniert aber erstens in dem Kontext nicht und zweitens braucht es dafür Hollywood mit seinen Möglichkeiten und Stars, aber er ist zumindest so mutig es zu versuchen und das ist weit mehr, als vom Rest (sofern es denn einen gibt) des deutschen Actionfilms sagen kann.
Der ganze Plot des Films um den auf Rache sinnenden Max und den erst mal wieder seine alte Truppe von vier Jahren zusammentrommelnden Intimfeind Zorbek (Otto), sowie den ewig einen Schritt hinterherhinkenden, obsessiven Cop (der später noch ganz fix von der Gutartigkeit des Clowns überzeugt werden muss) ist allein an Formelhaftigkeit kaum zu überbieten, aber das ist genau das, was ich hier so amüsant finde. Warum für den verständnisvollen Zuschauer nicht einfach mal ganz dick auftragen? Das Team um Viggs kennt alle Klischees, kündigt sie an und bringt sie dann auch noch mutig. So was muss einfach belohnt werden.
Ich jedenfalls freue mich schon auf den exklusiv vor „Der Clown“ angekündigten nächsten Kracher „Kampfansage“ – ein postapokalyptischer Endzeitklopper aus deutschem Lande (sah auch ganz passabel aus).


Fazit:
Ja, „Der Clown“ ist das wohl frechste Stück Film, das dieses Jahr über deutsche Kinoleinwände flimmern wird, doch diese beabsichtigte Intention hier gar nichts Niveauvolles abliefern zu wollen, muss ihn noch nicht zum schlechtesten machen. Mit der richtigen Einstellung hat man hier durchaus seinen Spaß. Als selbstironischer, übertriebener B-Actioner mit unübersehbaren Plotholes (mehr als Alibicharakter ist für die Story wirklich nicht drin), unterirdischen Dialogen, schwachen Darstellerleistungen und witzigen Wortgefechten macht die Chose hier jedenfalls einen Heidenspaß. Viggs Inszenierungsstil ist attraktiv, wenn auch etwas roh und wenig ästhetisch. Die vielen Stilmittel sind nur um ihrer Selbstwillen eingesetzt worden und nicht weil sie künstlerisch passten. Dieses Manko macht den Film nicht schlechter, lässt ihn aber etwas von seiner ehrlichen Schiene abweichen. Ansonsten weiß Action Concept angefangen vom Drehbuch bis zum fertigen Film was für einen Nonsens sie hier verzapft haben. Wer es ernst nimmt, ist selbst schuld. 8 Points, auch wenn ich damit auf weiter Flur allein stehe. Habe ich eben keinen Geschmack :-P

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