Verraten (Kurz und schmerzlos Teil 46)
Interessante Charakterstudie über einen Undercovereinsatz im rechtsradikalen Milieu der ländlichen USA. Am unausgegorenen Spagat zwischen menschlichem Melodram, reißerischem Thriller und politischer Anklage scheitert letztlich aber selbst ein ausgewiesener Genre-Profi wie Costa Gavras.
Eine FBI-Agentin (Debra Winger) wird als verdeckte Ermittlerin in den mittleren Westen geschickt um eine dort vermutetet, rechtsradikale Terrorgruppe zu infiltrieren. Schnellt fühlt sie sich in der kleinen Gemeinde aus einfachen aber aufrechten Landarbeitern heimisch und verliebt sich in einen verwitweten Familienvater (Tom Berneger). Der Verdacht ihrer Behörde scheint unbegründet. Als sie von ihrem Freund zu einer nächtlichen Jagd eingeladen wird, zieht ihr die brutale Demaskierung ihres Irrtums beinahe den Boden unter den Füßen weg. Zumal ihr Wunsch nach sofortiger Ablösung mit dem Befehl weiterer Ermittlungen abgelehnt wird.
Der Polithriller-Experte Costa-Gavras war genau der Richtige für diesen Stoff. Den abseits der großen Themen Rechtsextremismus, Fundamentalismus, Separatismus und Antisemitismus ist „Betrayed“ („Verraten“) auch ein intimes Charakterdrama, über Liebe und Hass, Vertrauen und Verrat. Gavras hatte schon zuvor bewiesen, dass er nicht nur politische Missstände, sondern auch emotionale Ausnahmezustände fesselnd zu vermitteln vermag („Die Liebe einer Frau“ (1979) „Vermisst“ (1982)). Auch hier treibt er sein Protagonistenduo Debra Winger und Tom Berenger zu Höchstleistungen. Die sich langsam entwickelnde Liebe zwischen dem einsamen Farmer und der einsamen Agentin, die jeweilige Unsicherheit, dem anderen vertrauen zu können und das Wissen des Zuschauers um die finale Hoffnungslosigkeit ihrer Beziehung machen die erste Filmhälfte zu einem spannenden Charakterdrama.
Leider setzt das von Joe Eszterhas („Basic Instinct“) verfasste Skript im weiteren Verlauf auf eine schrille Ausmalung rechtsradikaler Umtriebe in der amerikanischen Provinz sowie einen actionlastigen Showdown. Jegliche zuvor aufgebaute Subtilität und Spannung implodiert in einem grellen Aufmarsch von Neonazis und Ku-Klux-Klan Knallchargen. Auch Gavras schafft es nicht, diese beiden vor allem tonal auseinander driftenden Filmhälften wenigstens als thematische Einheit zu präsentieren. So laufen menschliche Dramen und politische Abgründe mehr nebeneinander her, als sich gegenseitig zu bedingen und aufzuschaukeln. Am Ende bleibt demnach lediglich eine zwar stark gespielte Charakterstudie, die aber im Plakativitäts-Wettstreit aus knalligem Thriller und politischer Anklage zunehmend auf verlorenem Posten steht.