Es stimmt ein wenig traurig, dass die Querelen während der Produktion von „Tango & Cash“ den Film nicht erlauben mehr als nur eine gute, späte Actionkomödie der Achtziger zu sein, hätte doch daraus der Abschlussfilm einer für das Genre überragenden Dekade werden können. 1989 waren die „Rambo“ – Filme bereits abgedreht und auch „Cobra“, „Commando“ oder „Predator“ gehörten der Vergangenheit an. Das Konzept des rassigen Testosteron-Kinos war ausgereizt, wenn auch noch nicht aufgebraucht. Für die beiden prägenden Ikonen Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone war es damit an der Zeit sich unter anderem im Komödiensektor neu zu orientieren.
Deswegen kam speziell für Sly „Tango & Cash“ gerade recht. Ein Buddymovie, das noch die Luft der Achtziger atmete, es zitierte und gleichzeitig zu parodieren begann, wäre für ihn wie auch für das Genre selbst ein idealer Abschluss gewesen und in der Tat hat man ihn abseits von „Demolition Man“ nie wieder mit so hervorragend funktionierender Selbstironie ausgestattet gesehen. Doch es sollte nicht sein.
Auch wenn dem fertigen Film seine Probleme nicht auf den ersten Blick anzusehen sind, so wird doch bei näherer Betrachtung deutlich, dass man hier nur einen Kompromiss sieht, denn der nur wenige Jahre in Hollywood beschäftigte, russische Filmemacher Andrei Konchalovsky („Runaway Train“, „The Inner Circle“) warf noch während der Dreharbeiten hin und verlies das Set. Das Budget war überzogen, man hinkte dem Zeitplan hinterher und den Produzenten bliebt nichts anderes übrig, als sich Ersatz zu suchen. Albert Magnoli übernahm den Trümmerhaufen schließlich und drehte zuende. Der Film war letztlich ein kommerzieller Erfolg, doch etliche Plotholes und unfertige Actionszenen (u.a. die enttäuschend in lediglich zwei Einstellungen gezeigte, improvisiert ausschauende Schlussexplosion) weisen darauf hin, dass die Cutter sich im Schneideraum arg Mühe geben mussten aus den Zelluloidfetzen einen vorführbaren Film zu machen. Beweise habe ich zwar keine, aber ich vermute doch, dass genau wie bei „Rambo III“ und „Legionnaire“ Peter MacDonald dem entnervten Regisseur zu sehr ins Handwerk pfuschte.
Nichtsdestotrotz ist immerhin noch ein schwer unterhaltsamer Film herausgekommen, der insbesondere von seinen beiden Hauptdarstellern Sylvester Stallone und Kurt Russell („Escape from New York“, „Big Trouble in Little China“) lebt, die hier als Tango und Cash, die beiden besten Cops von Los Angeles, die Leinwand unsicher machen.
Insbesondere für Stallone war diese Imageparodie ein Heidenspaß, denn einen Schlips und Armani-Anzug tragenden, gepflegten Polizisten, der darüber hinaus an der Börse ein Vermögen spekuliert hat und sich lediglich mit kleinen Kalibern ausstattet, war nun mal das komplette Gegenteil von dem, was er bis dahin Jahr für Jahr so unnachahmlich verkörperte. Das sich auf erstklassigen, reichhaltig mit Sarkasmus und Zynismus bestrichenen Wortwitz verstehende Drehbuch von Randy Feldman („Nowhere to Run“, „Metro“) mag rein vom Plot her nur auf Altbewährtes setzen, hält aber speziell für Stallone einige Insidergags („I hate danish“ – Sly hatte sich Monate vor Beginn der Dreharbeiten von Brigitte Nielsen scheiden lassen), Anspielungen („Rambo is a pussy“) und den später zur Regel werdenden Seitenhieb auf Kollege Schwarzenegger parat. Die damit einhergehenden, ständigen homoerotischen Anspielungen, nicht nur zwischen Tango und Cash, sind letztlich das Salz in der Suppe. Sly, die Ausgeburt der Männlichkeit etwa schwul? Der Film beantwortet diese Frage mehrmals nicht eindeutig mit einem Augenzwinkern.
Kurt Russell fungiert dabei als gleichwertiger, wesentlich manierloser, schlampiger Partner im Jeans und speckigen T-Shirts, quasi das genaue Kontrastprogramm. Vorwitzig, aufbrausend und nie um direkte Worte verlegen, nimmt er kein Blatt vor den Mund, bevorzugt größere Wummen und ist damit das genaue Gegenteil des sich eloquenter ausdrückenden, besonnenen Tango. Das um den Titel des besten Cops rangelnde Buddyduo wäre damit komplett und die Chemie zwischen den beiden ist prächtig. Neben dem späteren „Last Boy Scout“ gehört „Tango & Cash“ mit seinen Onelinern und Dialogen in jede Sprüchesammlung. Stallone und Russell hauen sich die Sätze nur so um die Ohren, denn der Film basiert auf diesem Rezept, weil die Action bis zum Finale eine eher sekundäre Rolle spielt. Eine Schlägerei hier und eine kurze Verfolgungsjagd da, sind das Äußerste, was der Film bis zum Schlussshowdown an Schauwerten veräußert.
Wirklich enttäuscht trotzdem nur die Geschichte selbst. Der L.A. – Gangsterboss Yves Perret (Jack Palance, „Young Guns“, „City Slickers“) hockt bis auf wenige Szenen nur in seinem Büro, schmiedet Pläne, küsst seine Mäuse und wartet darauf, dass die beiden endlich in sein Refugium, wohl eine Art Kieswerk, eindringen. Deren Weg dorthin wird dann auch durch eine sehr lose Szenenabfolge geprägt, auf die die Probleme der Produktion und wohl auch die Qualitäten des unerfahrenen Autoren Randy Feldman maßgeblich Einfluss hatten. Insbesondere der nicht weiter erklärte Einbau des Tüftlers, ein schamloses Q-Plagiat, und sein Wunderauto hätten sich problemlos streichen und gegen einen konventionellen Showdown austauschen lassen. Auch der Plan Tango und Cash ins Gefängnis zu schicken und für ein paar Monate unschädlich zu machen, in denen man ihnen den Mord an einem FBI-Agenten in die Schuhe schiebt, gehört nicht zu den besten Einfällen dieser Zeit.
Das soll den Unterhaltungsspaß allerdings nur minimal trüben, denn irgendwie schafft der Film es ständig denkwürdige Szenen zu kreieren: Das Gespräch zwischen den beiden im Gerichtssaal, als sie Pläne schmieden, was sie mit den gekauften Zeugen machen, ihr Dialog unter der Dusche oder Cashs späterer Besuch bei Tangos Schwester Kiki (Teri Hatcher, „Tomorrow Never Dies“, „Jane Doe“), ständig steigern die beiden sich in denkwürdige, witzige Verbalattacken, die auch mal leicht rassistische oder nennen wir sie amerikanisch-patriotische Tendenzen aufweisen. Im Gefängnis, aus dem sie dann auch in einer regnerischen Nacht trotz Verrats ausbrechen, müssen sie mit ganz unterschiedlichen Zellenkollegen plagen (Sly bekommt Clint Howard!) und sich über Hochspannungskabel in die Freiheit abseilen.
Während der deutsche Komponist Harold Faltermeyer („Beverly Hills Cop“, „Top Gun“), im übrigen Jahre bevor Hans Zimmer sich in Hollywood durchsetzte, mit seinem treibenden Score für den musikalischen Unterbau sorgt, darf der Zuschauer sich von echter Eighties-Mucke (u.a. „Don't Go“ von Yazoo) berieseln lassen und als Sahnehäubchen Kurt Russell in einem kultverdächtigen Auftritt in Frauenkleidern begutachten. Als Extra hantiert Brion James („48 Hrs.“, „Steel Dawn“), wie man ihn stets gern sah, als sadistischen Maniac, an der Seite von Perret, um die beiden Cops zu tranchieren und zu foltern. „Maniac Cop“ – Darsteller Robert Z'Dar hat etwas weniger zu tun, darf sich als Primat aber mit Sly messen.
Schon allein wegen dieser schillernden Nebenfiguren entwickelt der Film phasenweise zunehmend übertriebenen Comiccharakter, der dann seinen Höhepunkt findet, als Tango und Cash in Perrets Basis eindringen und es dort mit Baufahrzeugen und Monster-Trucks zu tun bekommen. Die Stunteinlagen mit dicken Explosionen sind spektakulär, aber relativ fix wieder vorbei.
Der Armee von Handlangern entledigt sich man ebenfallsverdächtig schnell, doch dafür dürfen beiden mit großem Kaliber dann noch ein paar Strauchdiebe niederstrecken, jeder in seinem eigenen Kampf die Fäuste sprechen lassen und den Tag retten.
Ach, man kommt als Genrefan eigentlich kaum daran vorbei über so viele Momente zu schwärmen. Die Bad Cop/Worse Cop – Szene mit Brion James auf dem Dach ist auch so eine Geschichte...
Fazit:
Das zwar königlichen Wortwitz bereithaltende, aber gleichzeitig auch nur einen holprigen Plot zum Besten gebende Drehbuch und die daran auch nicht schuldlosen Produktionsprobleme verhindern den als Abschluss der Achtziger angedachten Klassiker-Status. Das Potential war da, die Umstände machten es unmöglich.
Dabei macht „Tango & Cash“ dank seiner sich die Oneliner und Wortgefechte nur so um die Ohren pfeffernden Hauptdarsteller Sylvester Stallone und Kurt Russell 100 Minuten richtig viel Spaß. Die Action kann sich sehen lassen, kurzweilig ist das Szenario allemal und über die inszenatorischen Kompromisse, die ab und an mal auffallen, kann man hinwegblicken. Ein Film der mehr hätte werden können und letztlich gute Unterhaltung blieb. Als später Buddyactioner in der Tradition der unrealistischen Achtziger mit Cops, die sich ihre Gesetze noch selbst stricken und Verbrechern ohne Umschweife ihrer gerechten Strafe zuführen, funktioniert er dennoch allemal.