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„Todesstille“ (nach Charles Williams „Dead calm“) ebnete 1989 Regisseur Phillip Noyce, der später die gelungenen Tom Clancy Romanverfilmungen „Die Stunde der Patrioten“ und „Das Kartell“ drehen sollte, und Schauspielerin Nicole Kidman den Weg nach Hollywood und kann nebenbei mit den beiden gut aufgelegten Darstellern Sam Neill und Billy Zane aufwarten.

Das Prinzip ist simpel. Noyce konfrontiert das Ehepaar Rae (Nicole Kidman) und John Ingram (Sam Neill), das gerade den tragischen Tod ihres Kindes zu verdauen hat und den Schmerzen auf hoher See zu entkommen versucht, mit dem psychopathischen Killer Hughie (Billy Zane, selten war er besser). Der scheint der einzige Überlebende auf einem maroden Boot zu sein und erschleicht sich mit einer Lüge die Hilfsbereitschaft des Paares, um, als John auf dem anderen Boot die Wahrheit entdeckt, deren größter Alptraum zu werden.

Der so harmonische, friedliche Beginn schlägt brutal in einen eiskalten Psychothriller um, der von nun an zwei Handlungen haben soll: Hughie kidnappt Rae neben dem Boot und lässt John auf dem sinkenden Boot zurück, der von nun an um sein Überleben kämpft und über dortige Videos den ganzen Wahnsinn des ungebetenen Gasts erahnen kann. Dabei wird der Beziehung zwischen Killer und Opfer aber weit mehr Aufmerksamkeit geschenkt, denn sie ist die klar interessantere Komponente.

Zane ist ein irrer Killer, ein undurchschaubarer Dämon, über dessen Vergangenheit aber leider recht wenig bekannt wird. Mal unbeherrscht und jähzornig, dann wieder freundlich wie gewöhnlich, ist er ein ständig undurchschaubares Individuum mit zwei Gesichtern. Etwas befremdend erscheint dabei aber sein Hang zur Naivität und leichten Dummheit.
Ist Rae anfangs noch sehr verängstigt über diese Gemütswechsel, beginnt sie sich schon bald auf ein gefährliches Spiel mit dem Hughie einzulassen, der stets einen scheinbar recht sorglosen Eindruck macht.

Die Genialität ist nicht im recht simplen Drehbuch, sondern in der andauernden, spannenden Inszenierung zu finden, denn Noyce gelingt es aus gerade mal zwei Sets (2 Boote eben) über die volle Distanz den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten und lässt den in diesem Kammerspiel auf hoher See den Ozean als ein Synonym für die Ausweglosigkeit erscheinen . Die kaum wahrnehmbare, aber stets präsente Musik Graeme Revells und intensive Leistungen der Darsteller machen den Thriller so zu einem absoluten Highlight des Genres. „Todesstille“ versetzt den Zuschauer selbst auf das Boot, der selbst stets um das Schicksal der beiden Opfer bangen muss, selbst aber zum Zuschauen verdammt ist.

Wird Johns Kampf ums Überleben auf dem Boot immer dramatischer, so ist erhöhen sich Raes Bemühungen ihrem Peiniger falsche Gefühle für ihn vorzugaukeln, um riskante Rettungsversuche zu starten, bei denen sie sich das ein oder andere Mal aber ruhig etwas mutiger verhalten hätte können, zum Ende hin dafür aber um so rabiater zur Sache geht. Schade, dass der vermeintliche „Kniff final“ aber zu deutlich vorhersehbar ist und das Originalende (Rae killt Hughie mit einer Harpune und rettet dann ihren Ehemann) auf Druck der Produzenten nicht beibehalten wurde, da das Werk in einem sich ankündigendem Klischeeende mündet.

Fazit:
„Todesstille“ ist ein atmosphärisch dichter Psychothriller, der mit minimalem Aufwand (Boot war privat geliehen!), dank Regie und dem hervorragenden Schauspielertrio (Kidman war in den folgenden Jahren nie mehr so gut, Neill gelang bekanntlich zu Weltruhm und Zane versank mittelfristig im B-Movie-Sumpf)) viel erreicht. Auch wenn es mit der Logik mal hapert (Man beachte die Wetterunterschiede bei den beiden Booten), das Verhalten Hughies ab und zu etwas naiv ist und das Ende nur einen vorhersehbares Bonbon bietet, bleibt ein klaustrophobisches, intensives Szenario der Extraklasse.

Interessant wäre es natürlich, das Werk mit den Vorstellung Orson Welles zu vergleichen, der Ende der 60er selbst eine Verfilmung des Buches, natürlich nach eigenem Drehbuch anging, sie aber aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und dem Tod eines Hauptdarstellers nie vollenden konnte, was im nachhinein für die Produzenten von „Todesstille“ zu einem Problem wurde, da die Rechte an dem Stoff wegen dieses ersten Realisierungsversuchs schwierig zu klären waren. Leider wurden aber nicht mal die fertigen Teile des Films jemals veröffentlicht.

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