Hellraiser (1987) von Clive Barker
Hellraiser (2022) von David Bruckner
Clive Barker, Jahrgang 1952, begann [Achtung: Spoiler!] 1967 mit der Schauspielerei auf der Bühne, begann mit Anfang/Mitte 20 damit, erste Stücke zu schreiben, sammelte im Rahmen seiner Theaterarbeit auch gleich erste Erfahrungen als (Kurz-)Film-Regisseur und veröffentlichte ab "Books of Blood, Vol. 1" (1984) in rascher Folge Erzählungen und Romane bei größeren Verlagen, die ihn in kürzester Zeit immense Bekanntheit unter den Aficionados des Phantastischen und der Horror-Literatur verschafften.
Als er die Erzählung "The Hellbound Heart" (1986) veröffentlicht, da waren bereits zwei Barker-Verfilmungen herausgekommen: George Pavlous oberflächlichen, wenig überzeugenden Streifen "Underworld" (1985) und "Rawhead Rex" (1986). Es war an Barker, mit der Verfilmung seines jungen "The Hellbound Heart" unter dem Titel "Hellraiser" (1987) einen modernen Klassiker des Horrorfilms abzuliefern, der sich letztlich auch zum Franchise auswachsen sollte, das noch literarische Fortsetzungen, Comics, Kurz- und Fanfilme und allerlei Merchandise-Artikel umfasst.
Neun Sequels und ein Reboot folgten bis heute und ergaben eine Reihe, die spätestens nach "Hellraiser III: Hell on Earth" (1992) die Protagonistin Kirsty Cotton aus den Augen verlor (um sie in Teil 6 noch einmal lieblos aufzugreifen), die nach Scott Derricksons Frühwerk "Hellraiser: Inferno" (2000) jegliche Ambitionen und nach "Hellraiser: Hellworld" (2005) gänzlich Routine, Geschick und Qualität verlor. Bekanntermaßen ging es bloß noch um einen Output, welcher der Sicherung der Rechte dienen sollte.
David Bruckner ließ dann ein Reboot folgen, das aufgrund der eigenen Mythologie des Franchise genauso gut ein Sequel oder gar – sieht man von Mode und Technologie ab – ein Prequel sein könnte; und das mit erheblichen Anleihen an den ersten Teilen, an Christopher Youngs Soundtrack sowie an den erzählerischen Ambitionen und Hintergedanken des ersten Films an die Qualitäten der frühen Filme anzuknüpfen gedachte. Eingebaute inhaltliche Verschiebungen erweisen trotz hohen Niveaus dabei allerdings als Sollbruchstellen...
"Hellraiser" folgte in weiten Teilen der Vorlage "The Hellbound Heart". Nicht in Düsseldorf treibt Frank Cotton allerdings eine verhängnisvolle Puzzlebox auf, die Gelüste der ganz besonderen Art befriedigt, sondern irgendwo im Maghreb. Das Resultat bleibt aber dasselbe: Er beschwört mit ihr den Cenobiten herbei – "demons to some, angels to others" –, die ihn in ihr Reich überführen, wo Lust und Leid unterschiedslos verschmelzen. Als Franks Bruder Larry mit seiner Partnerin Julia das Haus bezieht, in dem Frank die irdischen Gefilde gewaltsam verlassen hat, leitet er bei einem Unfall mit seinem Blut unwillent- und -wissentlich eine Wiederauferstehung des verschwundenen Bruders in die Wege: nicht Reste des brüderlichen Spermas mischen sich mit Larrys Blut wie in der Erzählung, aber die sexuelle Komponente ist dennoch gegeben: Julia, die wie im Buch eine Affäre mit Frank hatte, erinnert sich während des Unfalls an einen Geschlechtsakt mit Frank, wobei dessen rhythmische Stöße von Barker recht elegant zur pathetischen Musik Youngs mit dem rhythmischen Gezurre von Larrys Hand an der gemeinsamen Matratze, die gerade von ihm und den Möbelpacker die Treppe hinausgetragen wird, in eine Parallelmontage überführt werden, die auch Orgasmus und das Aufreißen der Daumenwurzel an einem aus dem Holz herausstehenden Nagel ineinanderfallen lässt.
Julia wird infolgedessen auf den einstigen Liebhaber stoßen, der als blutiger, fleischiger, schleimiger Klumpen auf der Dachkammer umherkriecht, und ihn fortan als femme fatale mit Männern versorgen, die auf eine Affäre hoffen, aber bloß den grausamen Tod finden, derweil Frank sich wie ein Vampir an ihrem Blut labt und zu neuen Kräften kommt und sich nach und nach vervollständigt.[1] Auch hier werden wieder Lust und Leid in einen Zusammenhang gebracht. Und so kühl und mitleidlos Julia hier auch agiert, die "Hellraiser" anders als "The Hellbound Heart" auch zur mythischen Figur der bösen Stiefmutter überhöht: Mit der Besetzung Larrys durch Andrew Robinson, der als so feiger und jämmerlicher wie sadistischer Serienmörder in Don Siegels "Dirty Harry" (1971) eine einprägsame Leistung hingelegt hatte, kann sie doch ein Minimum an Verständnis auf sich ziehen. Denn Larry mag ein liebevoller Vater und mit seinen Underdog-Zügen auch recht sympathisch erscheinen; aber er ist alles andere als souverän, treibt damit zwar in manchen Momenten auch sympathisch selbstironische Scherze, erweist sich in anderen Momenten aber auch wieder als großmäulig und lachhaft. An der Seite dieses Mannes scheint die selbstbewusste, fordernde, charismatische Art des maskulinen Frank einen ganz besonderen erotischen Reizzu besitzen. Er verkörpert die erotische Fantasie, die Julia begehrt, deren Verwirklichung ihr aber sichtlich nicht leicht fällt: So berechnend und unterkühlt sie auch fremde Männer bzw. Opfer aufliest, so konsequent sie auch die blutigen Hammerattacken auf dem Dachboden durchzieht – die Notwendigkeit von Wiederholungen des ersten Mordes bereitet ihr doch Unbehagen, der erste Mord bringt die ansonsten so gefasste Frau doch aus der Fassung, die Überreste des ersten von Frank ausgesogenen Mannes kratzen doch erheblich an ihrer beherrschten Fassade; und selbst um Larry, den Partner, der kaum noch Anziehungskraft auf sie ausübt, sorgt sie sich vor dessen Abtreten. Allerdings setzt nicht nur recht schnell ein Gewöhnungseffekt bei den offenkundig doch eher kaltblütigen Frau ein: auch ihr erste Mord löst bereits gemischte Gefühle in ihr aus; denn so sehr sie bei der Säuberung danach auch ins Zittern kommt, so sehr lassen Entschlossenheit und Befriedigung während des Tötens auch eine heimliche Erregung erkennen, zu der sie im Anschluss freilicht nicht steht. Was wiederum eine Entsprechung in Frank findet, der zwar problemlos anderen Männern ihre Energie aus dem Hals saugt, aber dabei nicht von Julia beobachtet werden will.[2]
Wie gesagt etabliert "Hellraiser" Larrys Partnerin als böse Stiefmutter: Kirsty ist keine Freundin Larrys, sondern die Tochter von ihm und seiner verstorbenen ersten Frau – um die er bloß noch trauert, wenn er getrunken hat, wie er infolge eines Missverständnis nach der Verarztung seiner Handverletzung verlauten lässt. Noch bevor sie überhaupt an Frank oder die Puzzlebox gerät, scheint sie bereits in die Ereignisse hineingezogen zu werden; zum einen träumt sie nach einem geselligen Treffen bei Larry und Julia sowie nach ihrer Zusammenkunft mit ihrem love interest schlecht: von einem mit Säuglingsgeschrei untermalten aufgebahrten Leichnam, dessen Bedeckung sich von weiß in blutrot färben wird und der sich nicht als tote Mutter, sondern toter Vater entpuppt; zum anderen begegnet ihr schon früh ein unheimlicher, schweigsamer, ungepflegter, bärtiger Typ, der sich am Ende als teuflisches Geschöpf erweisen und die Puzzlebox mit sich nehmen wird. Macht letztgenannter Umstand sie zum Spielball übermenschlicher Wesen oder eines verhängnisvollen Schicksals, so lässt sich erstgenannter Umstand auch als Ausdruck eines psychic link lesen, der die Tochter an ihren Vater bindet. Eine feinfühlige, empathische, bis vor Kurzem noch unschuldige Frau also; die zwar mit einem Blick auf die (erst von Julia, bereits von Frank?) entsorgten Madonnen- und Christi-Statuen vor dem Haus des Onkels bzw. Vaters wie auch während des Flirtes mit ihrem Freund erkennen lässt, dass sie nicht unbedingt eine fromme Figur im christlichen Verständnis ist, aber doch eine fürsorgliche, nächstenliebende Figur. Sie ist der Gegenpart zu Julia: eine anteilnehmende, liebende Tochter, die der Lust der untreuen Frau, die für ihr Verlangen über Leichen geht und insgeheim Befriedigung im Töten findet. Als sie dann erstmals Frank begegnet und ihn mit Hilfe der Puzzlebox zurückdrängt, um mit selbiger aus dem Haus zu fliehen und wie ein Junkie etwas verstörrt durch die Straßen zu irren, lässt Barker zwischen zwei entgegenkommenden Nonnen hindurchschreiten: womögliche eine Visualisierung dafür, dass diese anständige, aus offenbar reiligiöser Familie stammende Frau keineswegs mit der Kirche geht, keineswegs für eine christliche Frömmigkeit einsteht, die den Cenobiten gegenübergestellt werden würde – derweil es ausgerechnet die Cenobiten sind, die über die Koinobiten, über die Engel bzw. Dämonen, an das Christentum geknöpft werden (derweil womöglich der Teufel selbst am Schluss die Puzzlebox mit sich nimmt). Ohne diesen Punkt weiter vertiefen zu wollen, sei hier angemerkt, dass Kirsty eher pragmatisch moralisch handelt, derweil die lustfeindliche Kirche (wie ein satanischer Egoismus) nicht pragmatisch, sondern fanatisch erscheint.
Das Finale läuft dann fast märchenhaft ab: An der Seite der – wie in Grimms Märchen oftmals – bösen Stiefmutter agiert der Feind arglistig in der Gestalt des Freundes: Wie der böse Wolf verstellt sich Frank, schlüpft in die Haut seines Bruders, den er zuvor tötet, und will sich mit Julia dann auch Kirsty vornehmen, um sich vollständig zu generieren. Doch diese hatte zwischenzeitlich nach Einsatz der Puzzlebox Kontakt mit den Cenobiten, denen sie entgehen konnte, indem sie diese auf Franks Spur brachte. Nachdem dieser versehentlich, aber ohne Reue, Julia anstelle von Kirsty ersticht und aufbraucht, versucht Kirsty sich freizukaufen, indem sie Frank den Cenobiten ausliefert. Abermals geht sein neuer, Larry gleichender, Körper in Fetzen, von Metallhaken und -ketten in alle Richtungen auseinandergerissen.
Aber einen Pakt sehen die Cenobiten nicht gegeben, wollen Kirsty dennoch mit sich nehmen, die in einem etwas lärmenden Finale mit Hilfe der Puzzlebox, deren Funktionsweise sie nun erstaunlich gut zu kennen scheint, gegen die Bedrohung zur Wehr setzen kann: interessanterweise ohne die Hilfe des leicht verspätet als Deux ex machina einkehrenden Freundes, der dann doch keine Hilfe ist und es eher Kirsty überlassen muss, sie beide zu retten – die sogar einmal fast genervt reagiert, als er ihre Verteidigung an sich zu reißen versucht, letztlich aber mit dem hilfsbereiten, wenn auch wenig hilfreichen Freund zusammenzubleiben scheint, derweil die Puzzlebox ein neues Opfer findet; erneut im Maghreb, über denselben Verkäufer, was dem Film einen zwar berechtigten, aber nicht automatisch zutreffenden Exotismus- bzw. Rassismus-Vorwurf einbringen kann.
Was "Sadomasochists from Hell" – so ein ursprünglich angedachter Filmtitel – ausmacht, ist unübersehbar die Verzahnung von Religion, Liebe, Lust und Leid.[3] Eher am Rande bietet "Hellraiser" mit Identifikationsfiguren wie Kirsty, die sehr emanzipiert agiert auch nicht als Damsel in distress von ihrem Freund gerettet werden muss, und besagtem Freund eine gute Alternative zum christlich Guten, welche Empathie und Hilfsbereitschaft der traditionellen Frömmigkeit mit ihrer Prüderie entgegensetzt. Eher am Rande wird über die Cenobiten auch die institutionalisierte Religion desavouiert, die mit autoritären Setzungen arbeitet und sich an bizarren Ritualen abarbeitet: der Gekreuzigte, die heiligen Märtyrer und – deutlicher im Reboot – gar noch die Nonnentrachten prägen den Look der Cenobiten immerhin ebenso deutlich wie auch die lustvolle BDSM-Szene oder die subversive Body-Modification-Szene der Modern Primitives.
Zentraler als diese Beziehung zwischen Leid und Religion oder Religion und Liebe ist da schon die Beziehung zwischen Liebe, Lust und Leid, wobei Lust und Leid freilich an vorderster Stelle stehen und im Film selbst auch explizit angesprochen und in Einklang gebracht werden. Für die Liebe steht nicht allein Kirsty ein, sondern auch die vorwiegend negativ konnotierte Julia, die solange liebt, wie sie um Larry bangt, der Franks neues Opfer werden soll. Diese Gefühle, der mitleidigen, reinen Liebe (der pietá), werden indes von ihrer Lust oder einer lüsternen, geilen Liebe überlagert werden. Julia ist die Figur, bei der sich – ausgelöst vom bösen Verführer – die Grenze im Inneren verschiebt; die bei der Entwicklung zur Serientäterin mit sich – vor dem Spiegel – ringt. Sie führt hin zum Identitätsverlust der Lust, die sich selbigen mit dem Leid teilt: Die Lust kann eine(n) dazu bringen, Dinge zu tun, die nur aus der Innenperspektive der Lust heraus befriedigend erscheinen, die aber im Nachhinein schambehaftet sind oder gar bitter bereut werden: Es kann Lust bereiten, sich im Rahmen des erotischen Spiels filmen zu lassen; die Sichtung und vor allem die Gewissheit einer Sichtung des Materials durch andere wird indes seltener als lustvoll erlebt. Andererseits kann man im Moment der Lust Täter(in) werden und begangene Taten im Anschluss mehr oder weniger stark bereuen. Lüstern ist man eben keinesfalls nüchtern. Aber der eigentliche Identitätsverlust zeigt natürlich im petite mort: Im Moment der Ekstase ist man außer sich – wobei "man" hier engdültig jede Bedeutung verliert –, fallen die eigenen Grenzen, auch die zwischen Ich und Außenwelt: Das gilt für die sexuelle Ekstase, das gilt für die religiöse Ekstase, für den ekstatischen Drogenrausch, das gilt für die Ekstase der Qual, für die Agonie. Georges Bataille hat um diesen Gedanken herum seine ganze Transgressionstheorie aufgebaut, laut der das Schrecklichste mit dem Erhabensten übereinfalle, auf der auch ein moderner Klassiker wie "Martyrs" (2008) fußt. Und auch "Hellraiser" kreist um die Ekstase, in der das Erhabenste und das Schrecklichste ihre Schnittstelle finden. War das Orgasmatron, die Lust-Folter-Orgel in "Barbarella" (1968), die unter dem Stöhnen der Delinquentin und Titelheldin qualmend ihren Geist aufgibt, die heitere Aufbereitung dieser Schnittstelle, so ist die Puzzlebox samt ihrer Cenobiten die düstere Aufbereitung, die gerade aus sadomasochistischer Perspektive, in der sich Leid und Lust ohnehin verquirlen, besonders reizvoll ist: Lust und Leid kommen hier mit einer Intensität und "Dauer" oder vielmehr Ewigkeit daher, dass man sich völlig in ihr auflöst.
Nun ist "Hellraiser" allerdings nicht ganz frei von Schwächen: Die phantastischen Wesen neben den Cenobiten sind nicht bloß unnötig für Handlung und Subtext, sondern weisen teils eine an Pavlous "Rawhead Rex" gemahnde Mixtur aus Vordergründigkeit und unfreiwilliger Komik auf; die Figurenzeichnung leidet etwas unter der doch eher kurzen Laufzeit von bloß 93 Minuten, welche Kirsty als Sympathieträgerin lange vernachlässigt und Frank in seinen – für den ganzen Film zentralen – Motivationen und ursprünglichen Erwartungshaltungen fast schon holzschnittartig und zum großen Teil auf einen rekapitulierenden Monolog angewiesen präsentiert; der Aufbau ist daher zwar einerseits bemerkenswert klar und deutlich, andererseits steht einem Horrorfilm solch eine klare und deutliche Komposition weniger gut zu Gesicht als einer Parabel; und so bemerkenswert die drastischen Trickeffekte sind, die in ihrer Materialität und Aktualität die Virtualität heutiger CGI-Effekte weit hinter sich lassen, so sticht doch im Kontext heutiger Sehgewohnheiten hier und dort eine geringe Dynamik und Beweglichkeit dieser Szenen ins Auge. Nicht die schlechtesten Voraussetzungen also für das Reboot eines Genreklassikers...
Bevor es jedoch um David Bruckners "Hellraiser" (2022) gehen soll, sei an dieser Stelle noch auf die hier bisher kaum beachteten Metallketten und -haken eingegangen, die sich durch die "Hellraiser"-Reihe und dutzendweise Körper ziehen und heute aus einer Ikonografie des Horrorfilms kaum wegzudenken sind. In "Hellraiser" gibt es diese Ketten und Haken in jeder Größe: von Angelhakengröße bis hin zum großen Kranhaken, der sich im Finale durch Franks Rücken bohrt.
Eingangs sieht man lediglich die aus der Puzzlebox schnellenden Haken, die sich in Franks Haut Bohren; im großen Finale sieht man dann das gesamte Prozedere: Die Haken kommen aus allen Richtungen, ziehen erst die rechte Hand des Versehrten nach außen, dann die linke Hand. Frank Cotton wird ungefähr in der Position des Gekreuzigten fixiert; zugleich ähnelt der blutende Leib, unbeweglich gemacht und durchbohrt, einem Märtyrer wie dem Heiligen Sebastian – der meist zwar mit den Händen hinter dem Rücken abgebildet wird, bisweilen aber auch auf Abbildungen die Arme abgewinkelt nach außen ragen lässt: Andrea Mantegna präsentiert den Durchbohrten gar mit einem Pfeil im Kopf, der durch die Stirn ausgetreten ist und dicht vor dem Hals in das Kinn eingedrungen ist. Frank Cottons Kopf wird dagegen ganz und gar gespalten, nicht in der Mitte durchdrungen, sondern auseinandergerissen. Die Bilder eines religiösen Martytiums stecken drin in diesem Leidenden – auch weil das Auseinanderreißen ebenfalls zu den vielen Todesarten der christlichen Märtyrer gehört: Thomas Garnet etwa wurde viergeteilt. Natürlich: Frank Cotton ist kein Märtyrer; er hat im Gegenteil alles getan, um den Cenobiten zu entkommen. Aber der Film verschafft ihm ein radikales Martyrium, das an die christliche Ikonografie anknüpft. Und als bräuchte es noch eine Bestätigung dieses Eindrucks, lässt Clive Barker den Delinquenten noch das Johannes-Evangelium zitieren: "Jesus wept." Die Schilderung eines Mitleidens und einer Nächstenliebe, die ja wie die Ekstase die eigenen Grenzen überwinden lässt; vom egoistischen Frank aber eher recht egozentrisch im Hinblick auf den wiedererweckten Lazarus verwendet...
Und natürlich ist das Zerrissenwerden, das hier eher die Folgen einer Explosion nach sich zieht als die Folgen einer Vierteilung, auch ein stimmiges Bild für den Identitätsverlust: Die Explosion gleicht dem Orgasmus, aber erst die Haken und Ketten zeigen das vorangehende Vorspiel, das den Gepeinigten seiner Ekstase entgegentreibt, bis schließlich der Körper von seinem Zentrum aus in alle Richtungen auseinanderfliegt, angefangen beim längs zerreißenden Kopf, dem Sitz der Identität schlechthin.
Seit dem "Hellraiser"-Franchise ziehen sich solche Ketten und Haken durch das Horror-Genre: Sie halten Folteropfer in "Koroshiya 1" (2001) ebenso wie in der "Saw"-Reihe (2003/2004-2023) fest. Jüngst waren "hellraiser"-artige Ketten und Haken in Alexandre Bustillos und Julien Maurys leicht lovecraftschem "The Deep House" (2021) zu sehen und wegen des Unterwasser-Settings schwingt hier die Assoziation des Angelhakens mit, in dem man sich im Horrorfilm spätestens seit "Blood Hook" (1986) über "Storm Warning" (2007) bis heute immer wieder einmal blutig verfangen kann.[4] Im Bild des Angelhakens schwingt der Aspekt der Beute bzw. des Menschen als Beute, die sich verfängt, mit. Man könnte die Metallketten und -haken aber auch zurückführen auf jene Ketten und Haken des Schlachthausfilms à la "Le sang des bêtes" (1949). Was hier am Haken hängt, ist kein Individuum oder auch bloß Lebewesen mehr, sondern verwertbar und bloßes Fleisch. Auch im Kriminalfilm und gerade im Kontext des organisierten Verbrechens hängen mitunter Opfer der Kriminalität an Metallketten und -haken: noch zufällig in "Riso amaro" (1946), späterhin dann – vor allem in den 70er Jahren – in italienischen wie in US-Filmen recht berechnend; über "The Long Good Friday" (1980) bis heute... Und auch der Terrorfilm machte ab "Three on a Meathook" (1972) vom Fleischerhaken Gebrauch: Am Haken hängend ist der Mensch selbst bloß noch verwertbares Fleisch, in Tobe Hoopers Klassiker "Texas Chain Saw Massacre" (1974) ebenso wie in Ryûhei Kitamuras Clive-Barker-Verfilmung "Midnight Meat Train" (2008); oder er ist an sich wertlos bzw. ein Störfaktor und wird von Gangstern aus ökonomischen Erwägungen der ergiebigen Beseitigung in der Stätte des institutionalisierten Tötens und Entsorgens zugeführt.
Gemeinsam ist alledem die Verdinglichung des Menschen, der vom Subjekt zum Objekt wird: als verwertbares Fleisch, als ausmerzbarer Störfaktor ohne zu berücksichtigende eigene Bedrüfnisse oder als Beute. Wer am Haken hängt, dem wurde bereits von außen die Identität als menschliches Subjekt abgesprochen. Reißen einen aber die Haken und Ketten auch noch in Stücke, um einen in ein Reich von "pain and pleasure" zu überführen, dann verliert auch das Subjekt selbst seine Identität, ist außer sich, verliert sich, macht die transgressive Erfahrung par excellence.
David Bruckner kennt [Achtung: Spoiler!] ganz offenbar die Ikonografie des "Hellraiser"-Franchise und ist sich durchaus bewusst, dass auch das Fandom – das immerhin einen nicht geringen Teil der Zielgruppe ausmacht – daran geknüpfte Erwartungshaltungen mit sich bringt. An den Beginn stellt er also ein Ketten- und Haken-Martyrium, das in seiner Explizität über den Beginn von Barkers "Hellraiser" deutlich hinausgeht, aber hinter dem Martyrium am Ende von Barkers Original weit zurückbleibt. Dafür stellt er ans Ende des Films eine beeindruckende Cenobitwerdung, die sich am Finale des generell schon sehr drastischen ersten Sequels "Hellbound: Hellraiser II" (1988) orientiert. Auch den im polarisierenden – im Schnitt aber als sehr mäßig geltenden – "Hellraiser: Bloodline" (1996) verhandelten Ursprung der Puzzlebox Phillip LeMarchands im 18. Jahrhundert greift Bruckner auf und trägt darüber hinaus den letzten, in Rumänien kostengünstig abgedrehten Teilen Rick Botas Rechnung, wenn er seinen Einstieg in Südosteuropa, in Serbien, ansiedelt.
Es mag – wenn man sich die insgesamt doch sehr geringe Qualität der Sequels berücksichtigt – kein gutes Zeichen sein, dass die Filmreihe selbst mehr Pate zu stehen scheint als Barkers "The Hellbound Heart"; allerdings sind die Ambitionen dann doch an allen Ecken wahrzunehmen. Doch gerade der Versuch, "Hellraiser" treu zu bleiben, den Film sehr ernst zu nehmen – ernster womöglich, als man einen zum Modellfiguren und graphic novels nach sich ziehenden 80er-Jahre-Splatterklassiker nehmen sollte – und ihn dennoch nicht einfach nachzuahmen, sondern eigene Akzente einzubringen, erweist sich als keinesfalls optimale Entscheidung.
Los geht es ganz "Hellraiser"-Franchise-gemäß: Die Handlangerin eines Kunstsammlers und Hedonisten mit ganz exquisiten Vorlieben ersteht in Serbien die verhängnisvolle Puzzlebox für selbigen. Voight, so sein Name, erprobt sie sogleich an einem ahnungslosen Callboy, dem beim Puzzlen ein scharfes Messer aus dem Puzzlebox-Inneren durch den Handteller fährt. Flugs wird er von Ketten und Haken durchbohrt und hinter Voight mit gespreizten Gliedmaßen in die Höhe gehievt und gemartert, derweil Voight, dessen Luxus-Anwesen der – nicht mehr nur würfelförmigen – Puzzlebox insbesondere mit der Gestaltung seiner gläsernen Decke ähnelt, gen Leviathan betet: jenen göttlichen oder teuflischen Oktaeder, der in "Hellbound: Hellraiser II" über dem labyrinthischen Reich der Cenobiten thront und schwarzes Licht entsendet.
Dann wird aber erst einmal di Puzzlebox in die Hände der jungen Riley fallen, deren Lustschreie bei der Kopulation mit ihrem Liebhaber während der Titeleinblendung die abebbenden Schmerzenschreie des gemarterten Callboys überlagern (obwohl bereits sechs Jahre vergangen sein werden). Wie in Berkers "Hellraiser", wo Julias lustvolle Erinnerung an den Koitus mit Frank parallel zu Verletzung Larrys verläuft, verschmelzen hier wieder Lust und Leid – aber davon wird Bruckners Film letztlich gar nicht handeln wollen, weshalb man sich fragen darf, wozu er diesen Hinweis hier überhaupt einstreut.
Rileys Verkehr mit ihrem Liebhaber Trevor läuft hier latent negativ konnotiert ab: Doggy Style verläuft der in Missionarsstellung begonnene Beischlaf sehr schnell, was Trevor nach den gängigen Codes des konventionellen Hollywoodfilms als wahrscheinlich schlechten Partner ausweist. Und ganz offenbar steht Riley auf diesen Typus, denn gerade das "I love you" des Sexualpartners irritiert sie nachhaltig und bringt ihren Akt aus dem Gleichgewicht. Dass Rileys homosexueller Bruder Matt, der seinerseits im Bett mit seinem POC-Partner Colin bloß in Schmusestellung und Gedichtbände lesend – also positiv konnotiert – präsentiert wird, Trevor nicht leiden kann, ist ein weiteres Indiz dafür, dass dieser keine gute Wahl ist und dass Riley ein schlechtes Händchen bei ihrer Partnerwahl hat. Riley ist, das steht schnell fest, eine wesentlich ambitioniertere, weil ambivalentere, Hauptfigur als Kirsty in Barkers "Hellraiser"; näher dran an einer Julia, aber keinesfalls zur Antagonistin geratend.
Alles, was der Film schon in Minuten-, ja Sekundenschnelle angedeutet hat, bestätigt sich bald darauf ein erstes Mal: Riley, die bereits suchtkrank war, wird von Trevor – rauchend und aus seinem Flachmann trinkend – auf die schiefe Bahn gebracht und zu einem Einbruch überredet, bei dem man die Puzzlebox erbeutet. Heimgekehrt in die Wohnung des Bruders beginnt eine heftige Auseinandersetzung, denn Riley, die ebenfalls aus Trevors Flachmann getrunken hat, erweckt den Anschein, dass die rückfällig geworden sein oder werden könnte. Es kommt zum Zerwürfnis, Riley verlässt mit der Puzzlebox die Wohnung, legt sich – nun tatsächlich auch ein paar Pillen einwerfend – auf einem Spielplatz nieder, wobei sie unbedacht die Puzzlebox aktiviert, die auch wieder eine scharfe Klinge ausfährt, Riley aber nicht verwundet; dennoch erscheinen ihr die Cenobiten als noch nicht ganz handfester Spuk.
Es wird der besorgt losziehende Bruder Matt sein, der sich – als er Riley findet – an der Klinge verletzt. Ihr Alptraum wird kurz zuvor auch Matts Alptraum sein: ein psychic link, der ganz handfest über hakenbestückte Metallketten visualisiert wird, die aus Rileys Brustkorb schießen, sich in Matts Fleisch bohren und in aus den Federn reißen. Auch hier wieder: eine deutliche Anleihe beim familiären psychic link zwischen Kirsty und Larry in Barkers Erstling. Matt wird den Cenobiten in kürzester Zeit zum Opfer fallen, wobei sich Bruckner und seine Crew bei den neu entstehenden, übernatürlichen Räumen der Cenobiten ähnlich viel Mühe gibt wie beim Design der Puzzlebox.
Matt bleibt verschwunden, Riley kehrt zu Colin und dessen (asiatischstämmigen) Mitbewohnerin Nora zurück – und sodann zu Trevor; Erscheinungen der Cenobiten plagen sie aber noch immer – und so geht sie mit Trevors Hilfe der Puzzlebox und ihrem Geheimnis auf den Grund. Was Riley und auch das (bereits wesentlich misstrauischere) Publikum noch nicht wissen: Trevor weiß mehr, als er zu wissen vorgibt. Er steht in den Diensten von Voight, dem die heraufbeschworenen Cenobiten ein bizarres Uhrwerk in seinen Torso gepflanzt haben, das ihm permanent im wahrsten Sinne des Wortes peinlichst auf die Nerven geht. Ein paar Opfer müssen also den Cenobiten gebracht werden, damit Voight eine Möglichkeit findet, wieder mit diesen zu verhandeln. Und so reißt Riley, die Trevor bald vorwerfen wird, wie er sie nur mit diesem Ding in Kontakt bringen konnte, wo er doch um die Gefahren wusste – was ihm die Position des Dealers zuweist und Rileys Obsession mit der Puzzlebox zwecks Errettung der verschwundenen Bruders der Abhängigkeit von einer Droge ähneln lässt – auch noch ihre wesentlich unwissenderen Mitmenschen ins Verderben: auf Voights ehemalige Handlangerin folgt erst Nora, dann auch Colin – dessen Verschonung Riley immerhin aushandeln kann, indem sie Trevor seinem vermeintlich gerechten Schicksal übergibt.[5]
Am Ende dürfen sie also beide verhandeln, Riley und Voight: Riley tauscht nicht nur Colin gegen Trevor ein, sondern darf auch eine der Würfelkonstellationen und Cenobitengaben in Anspruch nehmen: "Lament - 'Life' [] Lore - 'Knowledge' [] Lauderant - 'Love' [] Luminal - 'Sensation' [] Lazarus - 'Ressurection' [] Leviathan - 'Power'"[6]. Sie hätte normalerweise von der Lazarus-Konstellation Gebrauch machen wollen, aber inzwischen längst erkannt, dass die Gaben der Cenobiten eher einem trojanischen Pferd gleichen. Sie lehnt also dankend ab – und muss, wie die Cenobiten ihr erklären, mit Reue und der Gewissheit, mit den eigenen Fehltritten ihre Nächsten ins Verderben gezogen zu haben, weiterleben, was dann der Lamentum-Konstellation entspräche. Und Voight, der von Luminal auf Leviathan umsteigt, erhält nun seine neue Gabe: im Angesicht pulsierender, weißer Leere werden ihm in Kreuzigungsstellung auf goldener Kreuz- oder Engelsflügel-Bahre allerlei Hautstreifen von seinem Leib gezogen und dicke Nadeln durch Hals- und Schulterbereich getrieben, um sodann verzückt als neuer Cenobit mit besonders christlichem Design über den Dingen durch die Leere zu schweben.
Und obwohl auch jene Cenobitin, die nach – dem nunmehr von der weiblichen Jamie Clayton verkörperten – Pinhead am höchsten in der Hierarchie zu stehen scheint, mit ihrem Design irgendwo zwischen Grace Kirbys Female Cenobite des Originals und Valentina Vargas' Angelique des vierten Teils liegt und dabei mit ihrer abgezogenen und aufgespannten Kopfhaut in die Nähe besonders extravaganter Nonnen(flügel)hauben gerückt wird, nimmt die Religion hier wie die Sexualität doch eine eher randständige Rolle ein. Bruckners "Hellraiser" ist – und das teilt er sich mit Derricksons etwas lyncheskem fünften Teil der Reihe – eine Art Läuterungsgeschichte, in der der Junkie von seinem Begehr ablassen und der Wahrheit ins Gesicht sehen muss, die ihm von seiner Umgebung, die durch ihn unnötig Schaden erlitten hat, im Grunde schon vielfach vorgehalten worden war. Was freilich zum Franchise passt, insofern der ultimative Kick – der Drogenrausch mit seiner Ekstase – der religiösen, sexuellen oder qualvollen Ekstase weitestgehend entspricht.
Aber gerade deshalb hat Bruckners Reboot wenig zu erzählen: Die Verquickbarkeit von Leid und Lust, die ohnehin denselben Fluchtpunkt haben, war zwar 1986/1987 keine neuartige Offenbarung, aber doch – und heute vermutlich noch immer – bizarr und abwegig genug für ein unbedarftes Mainstream-Publikum, das hier in die Gefilde von BDSM, Body Modification, Modern Primitives und bataillescher Transgressionstheorie geführt wird. Und 35 Jahre nach dem Original will einem das Reboot – neben dem 2. und dem 5. Teil immerhin der einzig diskutable Beitrag aller filmischen Weiterführungen – nun die Gemeinsamkeit von Leid und Drogen vor Augen führen: anhand einer sehr pädagogischen Selbsterkenntnis-Fabel, die immerhin eine ambivalente Hauptfigur in ein ambivalentes Happy Ende entlässt, aber eben auch alles Subversive des Originals gegen eine biedere Anti-Drogen-Mär eintauscht, in der die konservativen Stützpfeiler so stämmig ausfallen, dass die Befolgung aller Empfehlungen hinsichtlich POC- und Queerness-Motivik geradezu absurd wirkt.
Schwache 8/10 für Barker "Hellraiser", der einmal tiefschwarz wirkte und heute mit seinen kleineren Mängeln doch eher nur dunkelblau erscheint, aber noch immer ernsten Erwachsenenhorror ins Teenager-infiltrierte Genre bringt und zu interessanten Gedankengängen einlädt; gute 6/10 für Bruckners ambitioniertesten "Hellraiser"-Film seit über 20 Jahren, der mit viel Respekt vor dem Original und dem Franchise etwas Neues erzählen will, das sich dann aber doch als alter Hut entpuppt.
1.) Vielleicht ließ Barker Frank in der Vorlage die Puzzlebox also deshalb in Düsseldorf auftreiben, weil jene Stadt allen mit einem Interesse am Abgründigen als Heimat von Peter Kürten, des Vampirs von Düsseldorf, bekannt ist: neben Fritz Haarmann, den Werwolf oder Vampir von Hannover, eine der berüchtigtsten Serienmörder-Gestalten Deutschlands, das schon zu Zeiten der gothic novel als Heimat des Schauerlichen galt und nach dem Holocaust auf ganz neue Weise der Horrorliteratur und dem Horrorfilm – von Fritz Leiber über Dario Argento bis heute – als Schauplatz diente. Davon abgesehen: Das Vampirische an Frank wird jedenfalls mehrfach deutlich ins Bild gerückt – über das Saugen am bzw. Öffnen des Halses ebenso wie über seine von Julia erinnerte erste Begegnug mit der Partnerin seines Bruders: Wie ein Vampir bittet er, der ansonsten wenig Rücksicht nimmt, über die Erlaubnis, einzutreten, ehe er das Haus betritt.
2.) Ein populäres Leinwand-Vorbild mag Dennis Hopper als Frank (!) Booth in "Blue Velvet" (1986) abgegeben haben, der seinem Missbrauchsopfer wiederholt verbietet, ihn anzusehen, während er sich ganz und gar von seinen Obsessionen übermann lässt. Innen- und Außenwahrnehmung unterscheiden sich im Fall der eigenen Erregung doch erheblich; insbesodnere dann, wenn die Erscheinungsform der Erregung gesellschaftlich eher weniger akzeptiert wird. Davon lebt nicht zuletzt das Phänomen des asozialen revenge porn.
3.) Vier Eckpunkte eines Quadrats, das – soviel effekthascherische Spielerei sei angesichts einer Puzzlebox-Thematik erlaubt – mit einer um 180° gedrehten Kopie die Vorder- und Rückseite eines Würfels ergibt, bei dem jeder der vier Begriffe über eine Kante mit jedem der drei anderen Begriffe in Verbindung steht, derweil vier Raumdiagonalen jeden der vier Begriffe mit seiner Dopplung verbinden und die Frage aufwerfen, ob selbige identisch ist oder ob es Abstufungen gibt. Nur eine Spielerei natürlich: Aber das sind die Merchandise-Hellraiser-Puzzlebox-Würfel, die man für 20 Euro oder gar 200 Euro erwerben kann, ja auch.
4.) "Hellraiser" und generell Clive Barker, bei dem Splatter Punk und Einflüsse H. P. Lovecrafts minimal mitschwingen, ist für Bustillo und Maury sicher eine naheliegende Inspirationsquelle; ebenso Fulcis "L'aldilà" (1981), in dem lovecraftsche Einflüsse und Splatter ebenso verschwimmen und Ketten in einer drastischen Eingangssequenz ebenfalls ein Opfer zu Tode schinden... was die Frage aufwirft, ob der Fulci-Klassiker nicht auch schon auf Clive Barker und "Hellraiser" ein wenig Eindruck gemacht hat.
5.) Hier holt Bruckner einen ganz traditionellen Aspekt des Martyriums ins Spiel: den der gerechten Strafe, die für Vergehen jedweder Art eine angemessene Leibesstrafe vorsieht – die im "Hellraiser"-Kosmos immerhin ewig währt und höchste Intensität erreicht. Für einen Film, der mit positiv konnotierter Queerness und POC-Figuren um political correctness bemüht ist, erscheint der moralische Kompass bemerkenswert rückständig zu sein.
6.) Das sind die Optionen, die Riley einem der alten Bücher Voights entnimmt, das ein wenig wie das Necronomicon Ex-Mortis im "Evil Dead"-Kosmos so aussieht, wie sich ein Teenager im 21. Jahrhundert ein jahrhundertealtes Buch so vorstellt: also ein bisschen wie der auf alt getrimmte Skizzenband eines zeichenbegabten Schwarze-Szene-Teenagers.