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Auf einem Basar kauft Frank einen geheimnisvollen Würfel, den er neugierig zu öffnen versucht. Als es endlich funktioniert, geschieht das Unfaßbare: Er wird mit Ketten durchlöchert und in den Würfel, in das Reich der Zenobiten, gezogen. Jahre später zieht sein Bruder Larry mit Ehefrau Julia in Franks leerstehendes Haus ein. Beim Schranktransportieren reißt er sich die Hand an einem Nagel auf, Blut tropft auf die Dielen. Dieser besondere Saft ist genau das, was Frank für seine Rückkehr in die Realität benötigt. Er steht stark entstellt als Knochengerüst von den Toten auf. Um wieder ganz der Alte zu sein, benötigt er dringend das Blut weiterer Menschenopfer. Tatkräftige Unterstützung erhält er dabei von Julia, die einst eine Affäre mit ihm einging und diesem nun hörig ist...
Das Regiedebüt des hauptberuflichen Gruselschriftstellers Clive Barker erwies sich als sehr ansprechend und erfolgreich. Abgesehen davon, daß die Handlung - zugegeben kreativ -, aber reichlich kindisch, abgedreht und wenig intelligent klingt und auch so daherkommt, schaffte er etwas, was nicht vielen Inszenatoren des Genres gelingt: „Hellraiser“ hält geschickt die Balance zwischen scheußlich-blutigen Effekten und bedrohlich-finsterer Atmosphäre. Er verstand es, seinen eigenen Roman in stilsichere Bilder zu verpacken, die zugleich faszinieren und ein großes Unbehagen hervorrufen. Gerade die nur wenige Minuten langen Auftritte der vier grauenerregenden Kreaturen aus der Hölle, der sogenannten Zenobiten, allen voran Doug Bradley als Pinhead (der übrigens genauso aussieht wie er klingt) mit seiner charismatischen Stimme, verursachen Gänsehaut und lassen Haare zu Berge stehen. Die Atmosphäre erinnert in jenen surrealen Momenten eindeutig an „Nightmare - Mörderische Träume“ von Wes Craven.
Die drastischen, zahlreich eingesetzten Spezialeffekte, die hierzulande für eine Indizierung sorgten, erstaunen noch heute (man denke bloß an Franks abscheuliche Regeneration), vor allem, wenn man die relativ frühe Entstehungszeit (1987) berücksichtigt. Allein aufgrund dieser Aspekte hat er inzwischen ein Klassiker- sowie ein Kultsiegel aufgedrückt bekommen.
Zum Schluß wartet dann noch ein wunderschön schauriger Showdown, der spannend und aufregend in Szene gesetzt wurde und mit einem Schlußbild endet, das die Möglichkeit für eine Fortsetzung aufrecht erhielt (was auch geschah, und damit nicht genug, es folgten bisher noch fünf weitere). Hinzu kommt ein wunderbar altmodisch klingender Soundtrack.
Nichtsdestotrotz dürfen nicht die Mängel außen vor gelassen werden, denn in Barkers Erstlingswerk tummeln sich einige davon: Ein weiterer wäre neben der bereits genannten naiven Story der undosierte Einsatz der Spezialeffekte. Durch die relativ intensive Eingangssequenz, in der Franks „Hinrichtung“ in relativ brutaler Weise zur Schau gestellt wird, kann sich der Zuschauer schnell auf den Härtegrad dieses Films einstellen, so daß die noch folgenden Schocks längst nicht mehr eine solch hohe Wirkung erzielen. Eine langsame Steigerung der Gewalt wäre wahrscheinlich angebrachter gewesen.
Andrew Robinson (Sohn des großen Edward G., hier Larry spielend), Clare Higgins (Julia), Ashley Laurence (Kristy, Larrys Tochter) - die drei Hauptdarsteller von „Hellraiser“. Wenig klangvolle Namen also, die Barker hier auftreten läßt. Man kann nicht wirklich sagen, daß das Trio schlecht spielen würde, nein, Frau Higgins bietet eine gute, die anderen zwei eine solide Leistung, aber es fehlt die entscheidende Person, mit der der Betrachter über die gesamte Distanz mitfiebern kann. Julia stellt das bösartige Miststück dar, das eindeutig eins auf den Deckel verdient; Larry ist ein ausdrucksloses, nicht einmal sonderlich sympathisches Milchgesicht, während Kristy viel zu spät die Rolle der Sympathieträgerin übernimmt, um dem Zuschauer noch die Gelegenheit zu geben, sich in sie einfühlen zu können. Somit lassen einen die Akteure allesamt ziemlich kalt, woran das ungemein einseitige, kaum abwechslungsreiche zweite Drittel, in dem lediglich geschildert wird, wie Julia mit ihren weiblichen Reizen einen Mann nach dem anderen in ihr Haus lockt, um sie dort zu erschlagen und Frank seine Blutnahrung zu geben, seinen Anteil haben dürfte. In dieser Zeit herrscht zu viel Monotonie vor, den beiden „Guten“ Kristy und Larry wird zu wenig Platz eingeräumt.

Fazit: Der Brite Clive Barker verstand es, seine eigene Kurzgeschichte in großartigen Bildern auszudrücken. Effekte und Atmosphäre überzeugen gleichermaßen, die Geschichte hingegen wirkt - objektiv gesehen - stark an den Haaren herbeigezogen und naiv konstruiert, wenn auch unkonventionell. Insgesamt ein sehenswerter Horrorfilm, der sich von dem Einheitsbrei abhebt und immerhin vielerorts Kultstatus genießt.
GESAMT: 7/10 (Unterhaltungswert: 8 - Handlung: 5 - Schauspielerische Leistungen: 6 - Kameraführung/Atmosphäre: 9 - Musik: 7)

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