Als ein früher Eurowestern, der weniger eigene Akzente im Sinn hat, sondern sich vornehmlich darum kümmert, nicht allzu sehr von der amerikanischen Verwandtschaft abzurücken, erweist sich der von Giorgio Stegani („Die Letzte Rechnung zahlst Du selbst“, „Gentleman Joe - Der Rächer bin ich“) ins Leben gerufene „Adios Gringo“.
Giuliano Gemma („Ein Loch im Dollar“, „Eine Pistole für Ringo“) der für eine kernige Westernfigur meist ohnehin viel zu brav war und eher der Traum aller Schwiegermütter gleicht, fällt hier als ehemaliger Viehtreiber Brent Landers auf seinen alten Kumpel Gil Clawson (Nello Pazzafini, „Von Angesicht zu Angesicht“, „Ein Halleluja für Camposanto“) herein. Der dreht ihm nämlich geklaute Rinder nebst gefälschten Papieren an, worauf Landers in der nächsten Stadt auf den ursprünglichen, erzürnten Besitzer trifft und ihn in Notwehr erschießen muss. Die Bewohner sehen den Fall, aufgeheizt durch die frisch gebackene Witwe des Viehbarons, aber anders, so dass Landers in letzter Sekunde dem Lynchmob entkommen muss.
Der schon nicht sonderlich viel versprechende Beginn dieses Westerns ist der Auftakt eines über weite Strecken langweiligen und uninteressanten Genrebeitrags, dem seine Dialoglastigkeit, fehlende Höhepunkte und die nicht existente Abgrenzung vom U.S. – Western schwer zu schaffen macht.
Landers Fund, die vergewaltige und nackt in der Wüste angepflockte Lucy Tillson (Ida Galli, „Ein Loch im Dollar“, „Django - Nur der Colt war sein Freund“), hätte man dort drüben so vermutlich nicht gezeigt, bleibt allerdings der einzig nennenswerte Punkt, der „Adios Gringo“ aus dem Genreeinerlei heraushebt.
Denn der Rest ist nur allzu bekannt und lang vorhersehbar. Landers erledigt ein paar ihrer Peiniger, bringt sie in ihre Heimatstadt zum Arzt und muss nun, obwohl eigentlich auf der Flucht und Clawson suchend, erst einmal ein paar Tage entgegen seines Triebs vor Ort bleiben, damit Lucy ihren Schock überwindet. Da passt es sich auch ganz gut, dass Lucy Clawson, der bald darauf in der Stadt eintrifft, als einen der Männer wiedererkennt, der ihre Postkutsche überfiel und sie schändete.
Die ergänzenden Elemente gibt dann der lokale, reiche, fast schon obligatorische Großgrundbesitzer nebst missratenem Sohn, der Dreck am Stecken hat und in dessen Diensten Clawson inzwischen steht, der sympathische, weil Landers unterstützende Doc und der dortige Sheriff, der zwar Landers Steckbrief kennt, aber nicht von dessen Schuld überzeugt ist, ihn deswegen final dann auch unterstützt, obwohl er in finanziellen Engpässen steckt, die das Kopfgeld für Lance beheben könnten. Gegen Landers wird nebenher eine Schmierenkampagne gefahren und ihm ein Mord in die Schuhe geschoben wird.
Der unschuldig verdächtigte und verurteilte Landers versucht natürlich seinerseits ständig seine Unschuld zu beweisen, muss auch ein Kidnapping hinnehmen und zeigt sich als aufopferungsvoller Ehrenmann, bei dem so ziemlich 90 Prozent aller Italoantihelden mit dem Kopf geschüttelt hätten.
Gänzlich ohne Überraschungen, nennenswerte inszenatorische Ideen oder gar spannende Momente trottet „Adios Gringo“ sehr betulich auf sein wenig dramatisches Happy End zu, darf sich kurz vor Schluss dann auch noch mit ein wenig Pathos rühmen und stellt den geneigten Genrefan während dessen mehr als nur einmal vor die Frage, warum man sich so einen ambitionslosen Western überhaupt anschaut.
Kurze Prügeleien und der schnell ziehende Gemma sind in dieser ansonsten sehr drögen Angelegenheit nämlich noch die visuellen Glanzpunkte. Ansonsten herrscht nämlich ein biederer Look, der sich viel zu sehr an das amerikanische Vorbild annähert und auch ansonsten kaum als typischer Eurowestern durchgeht, geschweige denn als Italowestern einzuordnen ist. Dafür fehlen ihm einfach der omnipräsente Pessimismus und die kritischen Grundgedanken.
Fazit:
Eigentlich völlig belangloser Eurowestern, der zwar über das bekannte Gesicht von Giuliano Gemma verfügt, ansonsten aber nur sehr zäh erzählt und schal ohne Schauwerte inszeniert, seinen 08/15.Plot herunterrattert und an seiner Dialoglastigkeit krankt. Erwärmen kann ich mich für „Adios Gringo“ trotz der soweit soliden Umsetzung jedenfalls nicht. Dafür sieht der Film einfach zu sehr bis in die letzte Einstellung nach konventioneller Routine aus.