Review

Venedig, die romantische Lagunenstadt, wird vom Hauch des Todes umweht! Eine Serie schrecklicher Morde, ausgeführt von einer geheimnisvollen, verschleierten Frau, verwandelt die Stadt in einen Hexenkessel aus Angst, Gewalt und Mord. Der offenbar geistesgestörte Killer ist überall - er (?), sie (?) lauert im Hinterhalt und schlägt erbarmungslos zu! Franco (George Lazenby), ein in Venedig lebender Bildhauer, erhält Besuch von seiner kleinen Tochter (Nicoletta Elmi), die bei ihrer Mutter (Anita Strindberg) lebt. Doch die Freude über den Besuch ist nur von kurzer Dauer: Am nächsten Morgen treibt das Kind tot in einem Kanal. Wie ein Besessener und blind vor Trauer beginnt Franco, sich auf die Suche nach dem Mörder zu machen, der die Lagunenstadt in Angst und Schrecken versetzt...


Venedig ist der Schauplatz dieses Giallo's aus dem Jahre 1972, der einen eher ruhigen Vertreter seiner Zunft darstellt. In der Hauptrolle ist ein überzeugender George Lazenby zu sehen, der auf eigene Faust den Mörder seiner kleinen Tochter suchen will und dabei mehrmals selbst in äußerst brenzlige Situationen gerät. Regisseur Aldo Lado beginnt seine Geschichte mit einem Rückblick in das Jahr 1968, in dem der Zuschauer Zeuge eines Kinder-Mordes wird, der erst im späteren Verlauf der Geschichte eine besondere Gewichtung erfährt, am Anfang jedoch noch keine Zusammenhänge mit den weiteren Ereignissen erkennen lässt. Und so entwickelt sich ein herrliches Puzzle-Spiel, in dem sich dem Zuschauer mit der Zeit immer wieder Verdächtige präsentieren, denn Lado hat es absolut erstklassig verstanden, mehrere mögliche Mörder zu offerieren, die einen immer wieder auf falsche Fährten führen, bevor sich erst kurz vor dem Ende der wahre Täter zu erkennen gibt. Dadurch baut sich von Beginn an ein stetig ansteigender Spannungsbogen auf, der in Kombination mit der exzellenten Grundstimmung des Szenarios für ein erstklassiges Filmerlebnis sorgt.

Eine große Stärke des Filmes ist sicherlich der sehr gelungene Soundtrack von Ennio Morricone, der hauptsächlich aus Kinderliedern besteht. Dadurch erhält das Geschehen einerseits eine kindlich naive Note, entpuppt sich jedoch andererseits durch die Ereignisse gleichzeitig als sehr bedrohlich. Es entsteht ein Gefühl der Beklemmung, das einen selbst wie eine zusätzliche Haut ummantelt, aus der man sich unmöglich befreien kann. Die vielen von Lado gelegten Fährten weisen gar nicht einmal in eine falsche Richtung, denn eigentlich sämtliche Verdächtige haben in irgendeiner Weise mit den Geschehnissen zu tun und sind tief in das dargestellte Puzzle verstrickt, das streckenweise undurchdringlich erscheint. Erst nach und nach löst sich langsam der dichte Knoten und immer mehr Details kommen zum Vorschein, die auch die Motive des Mörders offen legen. Im Gegensatz zu etlichen anderen Genre-Vertretern lebt "The Child" nicht unbedingt von reißerisch dargestellten Passagen, die vorhandenen Kills werden zumeist eher etwas unblutig dargestellt. In erster Linie ist es vielmehr die extrem dichte Atmosphäre, die den Zuschauer hier ganz unweigerlich in ihren Bann zieht.

Dazu trägt auch der mit der Stadt Venedig absolut perfekt ausgewählte Schauplatz bei, denn insbesondere die in der Nacht spielenden Sequenzen in den menschenleeren Gassen entfachen ein Höchstmaß an Intensität, die sich fast zwangsläufig auch auf den Betrachter überträgt. Fast durchgehend ist dabei eine äußerst unheimliche Note zu verspüren die über den Ereignissen schwebt und jederzeit für absoluten Nervenkitzel sorgt. Trotz einer fast schon bedächtigen Erzählweise entfaltet das Szenario stellenweise eine ungeheure Wucht und schreitet immer mehr auf einen furiosen Showdown zu, in dem sich der Täter und der Vater gegenüberstehen. Aldo Lado hat es nahezu perfekt verstanden, seiner Geschichte immer wieder diverse Steigerungs-Momente zu verleihen, wodurch die Konzentration des Zuschauers ganzzeitig aufrecht erhalten wird. Immer tiefer taucht man in die teils mysteriösen Geschehnisse ein und fiebert regelrecht der Auflösung des Rätsels entgegen, das sich einem hier präsentiert.

Insgesamt gesehen kann "The Child - Die Stadt wird zum Alptraum" in wirklich allen Belangen überzeugen, denn hier handelt es sich um einen atmosphärisch äußerst dichten Giallo, der mit einem vollkommen überzeugenden George Lazenby in der Hauptrolle besetzt ist. Ein phasenweise wunderbar ineinander verschachteltes Szenario lädt regelrecht zum mitraten ein und macht den Betrachter zu einem Hobby-Detektiv. Untermalt wird das Ganze von einem brillanten Score, der vor allem in psychischer Hinsicht seine Spuren hinterlässt. Denn aufgrund der vorhandenen Thematik eines Kinder-Mordes erscheinen die eher fröhlichen Kinderlieder sehr beklemmend und erfüllen einen mit dem Gefühl äußerster Beklemmung, die man erst lange nach der Sichtung des Filmes endlich abstreifen kann. Alles zusammen genommen kann man hier nur eine dicke Empfehlung aussprechen, die sich aber längst nicht nur auf die Genre-Liebhaber bezieht, denn dieser Film dürfte im Prinzip für jeden beste Unterhaltung bieten.


Fazit:


Im Gegensatz zu etlichen anderen Genre-Beiträgen präsentiert sich mit "The Child" ein eher ruhiger Vertreter, der jedoch gerade aus diesem Aspekt seine Stärke bezieht. Gutes Schauspiel, eine jederzeit interessante-und spannende Geschichte und ein teils dichtes Verwirr-Spiel lassen die Zeit wie im Flug vergehen und sorgen für einen herrlich atmosphärischen Beitrag des italienischen Kinos, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.


8/10<!-- google_ad_section_end -->

Details
Ähnliche Filme