Im Jahre 1995 begeisterte ein Schwein ein Millionenpublikum und rührte es zu Tränen, mit dem einfachen Satz: "Darf ich Mama zu Dir sagen?". Die Rede ist natürlich von Ferkel Babe, dem wohl niedlichsten und rührseligsten Filmtier aller Zeiten. Und wie das bei Riesenerfolgen nun einmal so üblich ist, sollte Babe, 3 Jahre später, erneut auf die Leinwand kommen. Dieses mal allerdings nicht mit seiner Farm, sondern in einem "Großstadt-Abenteuer"! Und das bringt spürbare Veränderungen mit sich. Denn "Schweinchen Babe in der großen Stadt" ist nun keine niedliche Familienunterhaltung mehr, sondern ein extrem düsterer Vertreter dieses Genres.
Storymäßig ist das ganze Treiben durchaus gelungen. Schweinchen Babe macht sich, zusammen mit "der Frau vom Boss", Esme Hoggett auf in die große Stadt, um dort Geld für die Farm aufzutreiben, nachdem der, durch einen Unfall, arbeitsunfähige Arthur Hogett monatelang kein Geld verdienen konnte. Doch im Gegensatz zur Farm ist die Stadt voller Gefahren und ein Schwein in einer großen Stadt ist auch etwas sehr Auffälliges. Somit ist es kein Wunder, dass unser aller Lieblingsschwein einige gefährliche Abenteuer bestehen muss, bevor es seine Farm retten kann. Unter anderem in einem heruntergekommenen Tier-Hotel. Die Geschichte zum Großstadt-Film hat durchaus Potenzial für allerhand schräge und lustige Vorkommnisse. Sie besitzt einige tolle Figuren und durchaus nette Ideen. Logik- und Drehbuchlücken sollte man dabei großzügig übersehen, denn schließlich haben wir es hier eigentlich(!) hauptsächlich mit einem Kinderfilm zu tun und denen ist so etwas wie Logik doch vollkommen egal. Wirklich störend fällt da eher die ungewohnte Düsternis auf.
Größere Kinder und Erwachsene werden sich daran zwar nicht wirklich ärgern, doch mit Babe verknüpft man eigentlich automatisch niedliche und frohe Familienunterhaltung, die wirklich für alle von 3-99 Jahren wunderbar geeignet ist. "Schweinchen Babe in der großen Stadt" sollte man dagegen frühestens mit ca. 10 Jahren gucken. Denn die große Stadt, in der dieser Film spielt, ist wirklich unglaublich düster und gefährlich geraten. Und vor allem auch sehr trist. Richtigen Spaß machen eigentlich nur die Anfangsequenzen, wenn Babe mal wieder in das ein oder andere Fettnäpfchen tritt oder Esme Hoggetts verflixt komische Versuche, ihr Schweinchen zu retten. Wenn Babe allerdings von Kampfhunden verfolgt wird, alleine durch die dunkle Nacht stolziert oder ein ums andere Mal um sein Leben bangen muss, dann dürften die Kleinen doch eher Heulkrämpfe vor Angst kriegen, als sich gut unterhalten fühlen.
Und nicht nur die Handlung mag nicht sonderlich Kindgerecht sein, auch die Atmosphäre ist es. Das liegt vor allem daran, dass der Film fast durchgängig im Dunkeln spielt und der Score mitunter recht schaurig und furchteinflößend klingt. Zudem sind die tristen Kulissen von dreckigen Hinterhöfen, dunklen Gassen und dem extrem heruntergekommenen Hotel auch nicht jedem Kinds Sache.
Aufgelockert wird das schaurige Treiben allerdings durch die tollen, geradezu irrwitzigen Charaktere. Da hätten wir z. Bsp. eine putzige Affenfamilie oder auch drei schräge Kläffer, von denen zwei wirklich wunderbar träge agieren. Dann noch ein paar durchgeknallte Sing-Katzen, allerhand streunende Köter und natürlich Ferdinand, die genauso nervige wie lustige Ente, sowie die Chanson-singenden Mäuse. Alle Figuren machen wirklich einen Heidenspaß und laden zum Schmunzeln ein.
Und auch ein paar Slapstick-Szenen lenken von der Dunkelheit ab. Da wäre zum einen Arthur Hoggetts schräg lustiger Brunnenunfall, Esme Hoggetts Versuch einen Richter von ihrer Unschuld zu überzeugen oder wenn sie, in einem aufblasbaren Clowns-Kostüm, versucht, ihr Schwein vor dem sicheren Tod im Kochtopf eines Nobelrestaurants zu retten. Auch wenn diese Szenen mitunter etwas arg klamaukig ausgefallen sind, so machen sie doch einen Heidenspaß.
Was die Technik und das Tiertraining angeht, steht "Babe 2" seinem perfekten Vorgänger zudem in nichts nach! Wieder einmal wurden die Tiere perfekt trainiert und agieren allesamt glaubwürdig und so, als würden sie wirklich miteinander komunizieren. Die Technik und die Lippensynchronität der Tiere ist absolut fabelhaft und die Synchro-Sprecher passen allesamt wunderbar zur ihren tierischen Figuren. Wunderbar!
Und auch die menschlichen Darsteller machen ihre Sache gut. Auch wenn sowohl James Cromwell als auch Magda Szubanski dieses mal nur eher selten zu sehen sind, Cromwell hat vielleicht gerade mal eine Screen-Time von insgesamt ca. 5 Minuten, so machen sie ihre Sache doch wieder einmal herausragend gut. Dazu Mary Stein, als schräg-gruselige Hotelchefin und Mickey Rooney als stummer Clown "Fugly Floom". Und auch alle anderen Darsteller können überzeugen.
Fazit: Unglaublich düster ausgefallener 2. Teil, der schweinischen Film-Reihe um Ferkel Babe und seine Abenteuer, der dem Vorgänger aber nicht das Wasser reichen kann. Zu gruselig und zu düster ist diese Kinderunterhaltung ausgefallen und dürfte für Kleinkinder eher ein schwierig verdaubarer Brocken sein, als fröhlich-unbeschwerte Unterhaltung. Der niedliche Charme des tierischen Hauptdarstellers ist aber dennoch weitgehend erhalten geblieben und die wunderbaren Figuren überzeugen durchgehend. Wer sich also vom harmlos-liebenswerten Vorgänger trennen kann und sich Schweinchen Babe auch in einem wesentlich düsteren Streifen vorstellen kann, der darf sich auch diesen Film durchaus anschauen. Die lieben (ganz) Kleinen sollten sich aber eher noch mal den grandiosen Vorgänger anschauen!
Wertung: 6,5+/10 Punkte