Mit „Das Kartell“ bringt Thrillerspezi Phillip Noyce eine weitere Verfilmung eines Tom Clancy Romans auf die Leinwand.
Jack Ryan (Harrison Ford) arbeitet immer noch für den CIA und bekommt nun noch mehr Arbeit aufgehalst, als sein Freund und Vorgesetzter James Greer (James Earl Jones) mit Krebsdiagnose ins Krankenhaus kommt. Mehr noch als im direkten Vorgänger „Die Stunde der Patrioten“ menschelt es sehr im Hause Ryan, was die beidem Noyce-Filme zumindest auf der Charakterseite zu den stärksten Jack Ryan Filmen macht; ein Aspekt, der bei den anderen ebenfalls gelungenen Verfilmungen etwas zu kurz kam.
Leider lässt Greer den armen Jack in einem ungünstigen Zeitpunkt im Stich: Ein enger Freund des Präsidenten Bennett (Donald Moffat) ist samt Familie von einem kolumbianischen Drogenkartell dahingemetzelt worden und das Staatsoberhaupt will Rache – was nicht auf legalem Wege geht. Ja, Clancy schneidet hier auch Themen an, welche die US-Regierung ganz und gar nicht gut dastehen lassen – brisant angesichts der Tatsache, dass Clancy selbst lange Zeit beim CIA war und seine Szenarien der Realität stets nahe stehen.
So schickt man eine geheime Söldnertruppe los, die einen Guerillakrieg gegen das Cali-Kartell beginnt – freilich ohne Ryan zu informieren. Der findet währenddessen heraus, dass der Getötete vermutlich in Drogengeschäfte verwickelt war, doch steckt ohne es zu wissen bereits mitten im Schlamassel…
„Das Kartell“ ist ein wunderbar wendungsreicher Politthriller, der für Zuschauer wie Figuren ein paar fiese Überraschungen parat hat. Da spielt nahezu jede Figur ein doppelbödiges Spiel und versucht den Rest übers Ohr zu hauen, sodass man sich lediglich bei Jack Ryan sicher sein kann, dass er halbwegs integer bleibt. Durch die zahlreichen Wendungen bleibt die Geschichte spannend und unvorhersehbar, eine Qualität, die vielen anderen Thrillern leider abgeht. Gelegentlich hätte man sich etwas kürzer fassen können, doch ansonsten ist die Geschichte gelungen wie sie ist.
Gleichzeitig lässt Noyce es an den richtigen Stellen aber auch schön krachen. Die Actionszenen sind realistisch gehalten und bieten zahlreiche Militäraktionen, meist von der Guerillatruppe, die trotz des Realismus schön spektakulär sind. Highlights sind sicherlich der Angriff auf die Wagenkolonne und der Showdown, doch stets kann sich über bleihaltige Schusswechsel und ein paar zünftige Explosionen freuen.
Neben Action und Spannung weiß jedoch die Aufbereitung des Themas zu gefallen. Da wäre zum einen der herrlich unangepasste Ton, der auch mit Kritik an den USA und einigen Praktiken (u.a. die Verwicklungen in Drogengeschäfte, Todesschwadrone usw.) nicht geizt. Zum anderen vernachlässigt „Das Kartell“ auch nicht die menschlichen Seiten seiner Charaktere, wobei vor allem Ryan im Mittelpunkt steht. Die Familie kommt zwar auch wieder vor, doch wichtiger ist hier Charakterisierung seiner Freundschaft zu Greer sowie die seiner Wertvorstellungen. Doch auch der Rest der Figuren findet Beachtung, sodass auch die Schurken nicht bloße Prügelmasse, sondern glaubwürdige Gegner bilden.
Harrison Ford gibt zum zweiten Mal Jack Ryan und im Vergleich zu Ben Affleck und Alec Baldwin ist er klar die Idealbesetzung für die Rolle: Man kauft ihm den Actionhelden mit Familiensinn, der gegen Bürokratie und Alterserscheinungen immer wieder gut ab. Donald Moffat glänzt als Präsident, wenn auch nur mit wenigen Szenen, Willem Dafoe hat ein paar starke Auftritte als Söldnerführer und Joaquim de Almeida ist ein sehr charismatischer Schurke. Aufgrund ihrer kleinen Rollen kommen Anne Archer und Thora Birch als Ryans Frau und Tochter leider nicht so recht zur Geltung und auch Benjamin Bratt („Blood In Blood Out“, „Demolition Man“) sowie Raymond Cruz („From Dusk till Dawn 2“, „Mörderischer Tausch“) haben als Soldaten wenig Möglichkeit Aufmerksamkeit zu erregen.
Unterm Strich bleibt ein starker Politthriller mit viel Drive und überzeugenden Actionmomenten. Hätte man stellenweise kürzer fassen können, doch ansonsten tadellos.