Die Italiener hatten ja schon immer ihre ganz eigene Art des Filmemachens, eine Art, in der Anspruch, Budget und technische Fertigkeiten nicht immer den gleichen Stellenwert wie Komposition, Ideenklau und Einfallsreichtum hatten - und dafür lieben wir sie ja eigentlich, die wir uns die billigen, aber irgendwie reizvollen Schundfilme zu Dutzenden eingepfiffen haben.
Die große Zeit des muckibepackten Sandalenfilms ist aber seit den frühen Sechzigern schon lange dahingewesen und was das Untergenre noch an Todeszuckungen übrig hatte, verbrieten Cinecitta und Konsorten in Barbarenfilmen und ähnlichen Lachschlagern rund ums Jahr 1980.
Besonderen Liebreiz gewinnen aber späte Crossover, so wie Luigi Cozzis Herkulesfilme, die sogar erst nach Sangraal und Ator ins Licht der Welt gepreßt wurden und die uns wirklich nur noch staunend zurückblicken lassen, daß so etwas vor fünfundzwanzig Jahren noch möglich war, als immerhin "Star Wars" und "Indiana Jones" schon unglaubliche Standards gesetzt hatten.
Aber Onkel Arnold war überall auf dem Vormarsch und hatte noch dicke Titten...pardon...Muckis herzuzeigen als Barbar, was lag also näher, sich eines B-Sprösslings aus derselben Liga zu versichern, der mittels einer hirnschwachen TV-Serie (The Incredible Hulk) beinahe so etwas wie Bekanntheit erlangt hatte: Lou Ferrigno.
Ferrigno war und ist ein Typ, den man einfach gern haben muß: dicke Oberarme, einen Oberkörper wie gemalt und dazu den Gesichtsausdruck eines leicht naiven Hilfsschülers, der den Wundern der Welt noch unbeleckt gegenüber steht, da hilft auch kein noch so sauber ausrasierter Vollbart.
Der gibt uns nun hier den Göttersohn Herkules, nachdem uns 8 Minuten lang offenbart wurde, wie das mit dem Universum alles so gelaufen ist (Pandoras Büchse macht Bang - und daraus gestalten sich dann die Sterne, die dann doch nur Planeten unseres Sonnensystems sind). Von der zeus-schen Vögelei und so bleibt hier wenig übrig, der Göttervater residiert hier nicht auf dem Olymp, sondern rauft sich seinen dolle angeklebten Weihnachtsmannbart auf dem Mond(!), wo er mit zwei Göttertanten, die offensichtlich in reinweiße Kaffeefilter oder ähnliches gehüllt sind auf den Plan verfällt, der Menschheit mal einen Jüngling aus reinem Licht zu offenbaren.
Von da an gibts dann in diesem Kracher kein Halten mehr, denn wenn etwas monumental an diesem Schinken ist (außer Lous Muckis), dann der Umgang mit der griechischen Mythologie, die in Form eines Selbstbedienungsladens hier dauerhaft vergewaltigt wird, wenn sich die Macher nicht ständig bei Bibelmotiven oder König Artus bedienen. Eine Wundertüte, alles ist drin.
Wir werden also Zeuge zweimaligen Meuchelns von Hercs Eltern, erst die richtigen, dann die Pflegeeltern (nach der Moses-Schifffahrt mit den Gummischlangen...juhaha...). Pflegedaddy beißt übrigens im Fight mit Grizzly Adams ins Gras, wobei man sehr kostensparend vorgegangen ist: die Grölaufnahmen des Bären riechen nach einem Klau aus "Grizzly", im In-Fight übernimmt den Job ein Typ im Zottelkostüm, dessen Farbe leider nicht zu den Archivaufnahmen paßt. Das ist aber noch lange nichts gegen die Märklinbaukastenriesenbiene (Leute, es geht nicht besser, es ist was es ist, ein Baukastenmonster...), die Mutti eintütet.
Auf dem Kieker haben Herkules übrigens ganz viele Leute, wobei keiner weiß, warum eigentlich. Auf jeden Fall ist da Ariadne, der gerade mal ihr Faden verlustig gegangen ist (und die eigentlich doch keine Göttin war), die aber in Sybil Danning zwei gute Gründe in der Bluse hat, dann König Minos (William Berger grimassiert sich einen rund) als der große Böse und als Q-artiges Helferlein Daedalus, der in diesem Fall sinnfreierweise weiblich ist und für die Bausätze sorgt. Dann gibt natürlich an jeder Heldenstation noch etliche Kleinfieslinge, während Herkules den Augiasstall ausspült (immerhin, das paßt!), Kassiopeia mal eben den Schleier abnimmt (hossa!) und später dann so tolle Sachen macht, wie die Kontinente zu trennen (das muß man gesehen haben), eine Auftragsarbeit des Königs von Afrika (weil da ein Neger im Cast war...). An seiner Seite die holde Circe (die haben hier alle dicke Hupen dabei, das muß sein...), die sich in ihn verliebt und daran zugrunde geht, was sicherlich auch daran liegt, daß Big H ihr Liebesgeständnis notgedrungen als zweitrangig für den Moment abtut und sie dies auch sehr konstruktiv unterstützt. Was solls auch...
Daß nebenbei hier noch Troja, Kreta, Olymp und Argonauten wild durcheinander gewürfelt werden, während auf irgendwelchen Sternenplateaus diverse Kostümträger einen weichen Keks zusammenfaseln, ist ja wohl so selbstverständlich wie noch mehr Märklinmonster auf dem Weg nach Kreta, das in der Hafeneinfahrt übrigens mit Pyramiden grüßt...
Meine besonderen Highlights sind übrigens noch der Streitwagen von Prometheus, ein gar schimmernd Ding aus Alufolie und vulkanisiertem Popcorn, das Herc samt sich selbst gleich mal durchs Sonnensystem schleudert und der Koloß von Rhodos, der hier auch mal in Kreta steht.
Am Ende gibts dann das große Finale, wenn Herkules durch das große Labyrinth des Minotaurus (nicht in diesem Film anwesend) ein paar Plastikumhangträger durchs Gehege schleudert und dann Minos und sein Regenbogenflammenschwert klein macht, bevor der Phoenix die Insel platt macht. Letzterer war übrigens wohl zu teuer, darum sehen wir ihn nie oder der Vulkan heißt Phoenix, der hier so still blubbert, auf jeden ist das alles total banane, todernst gespielt und so knackebunt, daß man es um 12 Uhr an Sylvester beim Vorglühen einfach lieb haben muß.
Natürlich hadere ich da ganz dolle mit mir, weil man diesen Schrott natürlich am Boden ansiedeln muß, aber irgendwie hab ich Herk glatt liebgewonnen und die Dreistheit aller beteiligten Farbfilter, Setdesigner und Hintergrundausleuchter muß man schon bewundern.
Definitiv unter Drogen ein absoluter Hammer! (2/10)