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Spiel ohne Sieger?

Nachdem The Hunt for Red October etwa 120 Millionen US-$ sowie einen Oscar für sich verbuchen konnte, war es nur eine Frage der Zeit, bis man sich in Hollywood der nächsten Verfilmung eines Tom-Clancy-Romans um den CIA-Analyseexperten Jack Ryan widmen würde. Die Nachfolge von Alec Baldwin trat dabei Harrison Ford an, der sich kurz darauf noch in einem zweiten Abenteuer versuchen durfte. Danach blieb weiterer Ryan-Stoff ein knappes Jahrzehnt dem Kino fern, ehe Ben Affleck sich als dritter Ryan-Mime Anfang des neuen Jahrtausends in The Sum of all Fears versuchen durfte. Danach herrschte wiederum Ruhe, die jedoch in diesem Jahr zum Weihnachtsfest wieder vorbei ist. Denn dann schlüpft Chris Pine erstmals in die Rolle. Und dies sogar ohne konkrete literarische Vorlage.
Im zweiten Ryan-Film geht es für Harrison Ford jedoch erstmal um die Patriot Games. Und damit ist klar: Es gibt Regeln. Doch noch viel wichtiger bei einem Spiel: Es gibt Gewinner und Verlierer! Aber wer wird seine Spielrunde wie beenden?

Zu Beginn scheint Ryan ein klarer Gewinner zu sein. Er hat den CIA-Dienst hinter sich gelassen und genießt mit Frau und Kind London. Wie im vergangenen Jahr die Olympischen beginnen nun eben in der britischen Hauptstadt die Spiele. Maskierte Iren um Sean Bean attackieren dabei einen Verwandten des Königshauses. Aber Schiedsrichter Ryan kann rettenderweise eingreifen, tötet jedoch unter anderem Seans jüngeren Bruder.
Um den Konflikt Mann-gegen-Mann zu etablieren, wird in der Folge eine Gerichtsverhandlung inklusive Seans Verurteilung gezeigt, der Ryan noch ganz klar die Meinung sagt, ehe er abgeführt wird. Während des Gefängnistransports wird er jedoch von seinen Freunden, die sich offenbar nicht alle völlig mit dem Kurs der IRA identifizieren, befreit und kann fliehen. Und während die Gruppe versucht, einen neuen Anschlag auf das Mitglied der royalen Familie zu unternehmen, brennt in Sean die Flamme der Rache für den Mord an seinem Bruder. Da interessieren ihn auch keine Regeln mehr.
Mit der Verpflichtung von Sean Bean und Harrison Ford konnte man zwei Hochkaräter gewinnen, auch wenn Bean zu diesem Zeitpunkt noch nicht an der Spitze seines Erfolges angekommen war. Dennoch kann er mit seiner eindringlichen Mimik punkten - und britisches (bzw. irisches) Englisch ist stets ein Genuss fürs Ohr. Ford hingegen hatte mit Han Solo und Indiana Jones natürlich schon genug Meriten verdient. Seine beste Darstellung zeigt er hier zwar nicht, ist aber selbst damit noch in der Spitzenklasse unterwegs. Als Familienvater, der sich aus Sorge um seine Familie wieder zu seinem Job begibt, drängen sich bei mir unweigerlich Parallelen zu Manhunter auf. Dort kehrt Ermittler Will Graham ebenfalls aus dem Vorruhestand zurück, um sich der Gefahr zu stellen. Die Intensität Petersens erreicht Ford mit seiner Darstellung dabei meines Erachtens nicht.
Eine weitere Parallele zu einer Harris-Verfilmung ist, vor allem durch die zeitliche Nähe bedingt, nur schwer von der Hand zu weisen. Wie auch in The Silence of the Lambs setzt man im Finale des Films auf Nachtsichtgeräte. Davon ausgehend, dass Clancys Roman vor Harris' erschienen ist, die Verfilmungen jedoch in umgekehrter Reihenfolge, ist es müßig, die Frage zu diskutieren, wer die Idee nun zuerst hatte. Fakt ist, dass sie durchaus zu den Höhepunkten des Films zählt. Dieser setzt nämlich trotz eine Laufzeit von knapp zwei Stunden auf Tempo. Viele Charaktere werden dabei nur angerissen, selten ist Zeit für die Persönlichkeit der Handelnden. Dadurch wird zwar eine Grundspannung erzeugt, doch wenn die Akteure reißbrettartig bleiben, hilft auch ein Charisma-Garant wie Ford wenig, um wirklich mit Jack Ryan, geschweige denn seiner Familie, mitzufiebern und mitzuzittern. Das Rätseln um den Maulwurf in den britischen Reihen ist dabei nur ein mäßiger Trost.
Die Bedeutung des Filmtitels bleibt meines Erachtens recht offen für Auslegungen. Denn wer ist hier eigentlich ein Patriot? Soll etwa Ryans Eingreifen als ausländischer Tourist bei einem Attentat als Vaterlandsliebe verstanden werden? Er selbst beschreibt sein Handeln ja eher als unbewusst, ohne nachgedacht zu haben. Sind die Iren um Sean Bean aus Vaterlandsliebe unterwegs, wenn sie mehrmals die Ermordung des Mitglieds der Königsfamilie planen, weil sie sich von den Briten in ihrer Heimat unterdrückt fühlen? Sollte dem so sein, wird dieser Sichtweise im Film kaum nennenswerte Bedeutung zugemessen. Oder ist etwa der Royale selbst ein Patriot, weil er sich in seinem politischen Vorgehen nicht von vermeintlichen Terroristen den Terminplan diktieren lassen will? Ebenso verhält es sich mit der Auslegung des Spiels. Ist die Gewalt ein Spiel, bei dem Tote die Verlierer und (Über)Lebende die Gewinner sind? Ist die Gewalt nur Teil des Spiels, bei dem der Glaube an eine Sache (wie Patriotismus) bzw. die Sache selbst das Ziel darstellen?

Wie auch immer man die Fragen für sich selbst als Zuschauer beantworten mag, als Sieger geht man wohl am ehesten daraus hervor, wenn man sich auf die Leistungen Fords und Beans sowie die Inszenierung der Actionszenen konzentriert. Denn darüber hinaus hat das Spielfeld kaum noch Unterhaltungswert zu bieten.

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