Richard Mathesons 1970 erschienender Horrorroman „Hell House“ dürfte einer der besten Vertreter seiner Art sein, vor allem wenn man das Genre „Geisterhäuser“ mag.
In ihm unternehmen ein Wissenschaftler, seine Frau und zwei Medien eine Reise in ein übel beleumundetes Haus irgendwo in Neu England, das seit 30 Jahren nicht mehr betreten wurde, nachdem die bisherigen Untersuchungen in todbringenden Fiasken endeten.
Der ehemalige Besitzer hatte mit einer Schar Anhänger dort der Sinnlichkeit gefröhnt, war dann aber zu Dekadenz, Niedertracht und totaler Kontrolle übergegangen, was zu bizarren Ritualen, schwarzen Messen und Kannibalismus geführt hatte.
Tatsächlich zeigen die PSI-Experimente der vier Besucher einiges und die Erscheinungen führen sie auf die Spur einer Familientragödie, ohne zu wissen, dass die dabei einem perfiden und tödlichen Spiel ausgesetzt werden.
Mathesons Buch besticht in erster Linie durch seine Location, ein abgelegenes, nebliges Monstrum von einem Haus, dessen Fenster zugemauert wurden. Eine erlesen-dekadente Atmosphäre des Bösen liegt über den Hallen, die u.a. ein Schwimmbad, eine satanische Kapelle und ein großes Theaterauditorium enthält. In dieser morbiden Atmosphäre herrscht die totale Unsicherheit, denn niemand kann hier wissen was als nächstes passiert und der Autor enttäuscht seine Leser nicht. Niemand ist sicher, die Auflösung ist vielleicht nicht sonderlich spektakulär, aber dafür kann sie so gut wie nicht vorausgesehen werden.
Die Story wurde schon drei Jahre später verfilmt, von einer unabhängigen britischen Produktion und gilt auch heute noch als einer der atmosphärischsten britischen Filme der 70er Jahre. Matheson, der auch das Skript schrieb, blieb dabei seinem eigenen Roman treu, straffte zwar ein wenig, blieb aber sonst fast silbengleich bei seiner Vorlage.
Und dennoch kann die Verfilmung dem Roman nicht das Wasser reichen, leider wirkt der Film heute ein bisschen angestaubt und statisch, was vielleicht auch an der teils intensiven, teils verwaschenen Farbfotografie liegt (kaum zu schätzen, wie der Film in s/w gewirkt hätte).
Ich wage mal, diese Schwächen zwei Gründen anzulasten: zunächst einmal scheint das Budget höchstens angemessen gewesen zu sein, denn die erzählerische Pracht des Romans erreicht das Filmanwesen leider nie. Es ist gut ausgesucht, die Szenerie ist düster und beunruhigend, von außen ist das Haus sogar trefflich, aber die dekadente Höllenatmosphäre und sexuelle Aufgeladenheit erreicht der Film leider an keiner Stelle. Vor allem in der Kapelle (der Jesus am Kreuz mit dem erigierten Penis!) fehlt es immer wieder an Ausstrahlung. Wirkt der Film auch nicht bieder, so überlegt man doch, was mit größerem Set Design noch alles möglich gewesen wäre. Man hetzt geradezu durch das Haus und kann die Atmosphäre nicht auf sich wirken lassen.
Das ist meiner Ansicht nach wohl am ehesten auch John Hough anzulasten, der wohl mit 95 Minuten einigermaßen in der Mindestzeit bleiben wollte, anstatt dem Film einen noch erleseneren Anstrich zu geben.
Hough war ein brauchbarer TV-Regisseur, der in seinen Kinoarbeiten zwar erinnerungswürdige Genreware ablieferte (er war für die beiden Witch-Mountain-Filme zuständig und drehte den vom Unglück verfolgten „Watcher in the Woods, ist aber durch „Draculas Hexenjagd“ und „Der Biggels-Effekt“ bekannt), aber nie ganz große Klasse erreichte. Er tat hier sein Möglichstes, aber eine Vision hatte er wohl leider nicht.
Das ist schade, denn er hatte einen brauchbaren Cast mit viel Erfahrung: Roddy McDowell gab das vorsichtige Medium Ben Fisher, der schon einmal einen Aufenthalt in dem Haus überlebte; Pamela Franklin, die bereits als Mädchen in „The Innocents“ reüssierte, ehe sie mit „The Nanny“, „And Soon the Darkness“ ein paar Knaller produzierte, seine religiöse Kollegin. Den Wissenschaftler Barrett gab Clive Revill, dessen Film- und TV-Liste schier endlos ist und Gayle Hunnicutt als seine Frau kann da durchaus mithalten.
Die spielen allesamt hervorragend, was aber nichts bringt, da der Spannungsaufbau dann doch zu sehr von alten Hammerfilmen beeinflusst ist und die visuelle Komponente der häuslichen Bedrohung nie ganz aufbauen kann. Immerhin ist man um den sexuellen Anteil bemüht, der kommt jedoch auch nicht zum Tragen (Matheson reduzierte den Teil etwas ein).
Besonders schade ist es, dass die Enthüllung am Ende (und die ist wirklich originell) so schlecht rüberkommt, das viele den Film beim ersten Mal gar nicht erst verstehen. Anstatt mittels Rückblenden die abschließende Erklärung aufzuwerten, sinkt der Film dort auf TV-Niveau, da heult der Sturm, da schwingen die Leute und allerlei Mobiliar fällt um, ehe der überlebende Darsteller seiner Kollegin erklärt, was denn nun eigentlich vorgefallen ist. Der Plot-Knaller verkommt langweiligen Fußnotiz.
Dabei hat der Film durchaus so seine Momente, die besten sicherlich in den Seance-Sequenzen, in denen Pamela Franklin Teleplasma entstehen lässt und mit veränderter Stimme spricht. Ansonsten bleibt es bei einem ordentlichem Geisterhausfilm, der erzählerisch originell wirkt, es aber visuell bei bereits Bekanntem belässt. Einen gewissen Reiz kann ich ihm trotzdem nicht absprechen.
Definitiv meine Kandidatenwahl für den nächsten Film, den man mal neu verfilmen sollte.
(7/10)