Nachdem Sergio Leone mit „Zwei glorreiche Halunken“ seine Dollar-Trilogie abschloss und Lee Van Cleef („Sabata“, „Der Gehetzte der Sierra Madre“) auf zwei souveräne, eindrucksvolle Auftritte zurückblicken konnte, wurde er in kürzester Zeit zu einem gefragten Mimen des Italo-Westerns. Sein erstes Engagement nach der Ära Leone führte ihn in an den Set von Giulio Petroni („Der Eleminator“). Der nicht unbedingt typische Western-Regisseur lieferte mit „Von Mann zu Mann“ allein schon aufgrund der akzentfreien Inszenierung „nur“ einen soliden Genrebeitrag ab, der von Lee Van Cleef jedoch entschlossen veredelt wurde.
Einmal mehr heißt auch hier das Leitmotiv Rache. Bill Meceita (John Phillip Law, „The Red Baron”, „The Golden Voyage of Sinbad”) muss als kleiner Junge mit ansehen, wie in einer stürmischen, von Blitzen erhellten Nacht Banditen die Farm seiner Eltern überfallen, den Vater töten, Mutter und Schwester vergewaltigen und dann ermorden. Als die Gesetzlosen das Gebäude anzünden, rettet ihm Bandenmitglied das Leben und trägt ihn nach draußen.
15 Jahre später wird Ryan (Van Cleef) aus Haft und Zwangsarbeit entlassen und schaut an Bills Farm vorbei. Dieser ist inzwischen zu einem hervorragenden Schützen erwachsen. Als Ryan in der nahe liegenden Stadt nachts zwei Männer überfallen wollen, aber schnell das Zeitliche segnen, wird Bill neugierig, denn einer der beiden Toten trägt einen Hinweis auf die Mörder seines Vaters und so heftet er sich an Ryans Fersen, denn genau darauf hat er sich 15 Jahren vorbereitet und geduldig gewartet. Sein Lebensziel ist es, seine Familie zu rächen. Koste es, was es wolle.
Der Auftakt, zusammen mit dem Ende die besten Minuten des Films, sind sehr herb und hart geraten, verfügen gerade aufgrund der Wetterumstände über eine fiese Atmosphäre und zeigen Schrecken, auch wenn nicht explizit auf die Vergewaltigungen eingegangen wird. Danach aber schlägt der Film einen eher gewöhnlichen Trott ein.
Denn Ryan möchte sich gar nicht mit Bill zusammentun, weil er seine eigenen Pläne mit der Bande hat, nämlich von jedem 15.000 Dollar zu verlangen, weil er wegen ihres Verrats 15 Jahre in den Bau musste. Wer aufmerksam Ryans Reaktionen und Kommentare verfolgt, kann sich dabei auch denken, welche Rolle er in Bills Leben spielt und worauf das letztlich hinauslaufen wird. Umso dramatischer daher die sich entwickelnde Vater/Sohn-Beziehung der beiden, die von Ryan auch sehr direkt und wehmütig später angesprochen wird. Doch trotzdem will erstmal jeder für sich die Verbrecher dingfest machen, so bremsen sie sich immer wieder gegenseitig aus, um dem anderen zuvorzukommen.
Lee Van Cleef schauspielert hier in einer Klasse für sich, da er keinen Clint Eastwood oder Tomas Milian neben sich oder gegenüber hat. John Phillip Law fehlt hier schlicht das Talent seine Emotionen zum Zuschauer zu transportieren und bleibt blass, wird von dem Älteren geradezu an die Wand gespielt.
Die Unterstützung bekannter, in Nebenrollen agierender Gesichter wie, um nur die wichtigsten zu nennen, Mario Brega (in allen drei „Dollar“ – Filmen unverwechselbar), Luigi Pistilli (als Tucos Bruder Pater Pablo Ramirez in „Zwei glorreiche Halunken“) und Anthony Dawson (DER Blofeld) ist ihnen aber gewiss, weswegen Laws relativ schwache Leistung nicht so schrecklich negativ zu Buche schlägt.
Wie erwartet, soll die Reise der beiden nicht ohne Probleme verlaufen, da die Gangster sich inzwischen teilweise getrennt haben und in ihren Städten großen Einfluss erzwungen, erlogen und erkauft haben, indem sie der dort wohnenden Bevölkerung viel versprachen und sich Staatsfördermittel zueigen machten. Beide helfen sich dabei meist gegenseitig aus der Not, denn auch der mit allen Wassern gewaschene Ryan, der Bill im übrigen, und da ist wieder das Vater-Motiv, Lektionen erteilt, kennt nicht alle schmutzigen Tricks.
Giulio Petroni erzählt die Geschichte weitestgehend humorlos und bringt Duelle solide über die Bühne. Ennio Morricone unterstützt ihn mit seinem Score, allerdings nicht nach Kräften. Da hat man von dem man schon ganz ausgefeiltere Kompositionen gehört. Auch ein Grund warum der Film nie über seine soliden Qualitäten hinauskommt. Abseits von Lee Van Cleef und der interessanten Figurenkonstellation macht der Film wenig auf sich aufmerksam.
Die Reise endet schließlich in Mexico auf einer staubigen Farm, wo sich unterdrückte Landesbewohner von den terrorisierenden Verbrechern alles gefallen lassen müssen, bis beide nacheinander eintreffen und zum Gegenangriff blasen, welcher dann sehr ausführlich abläuft, aber auch wenig packende Szenen zu bieten hat.
Von einem anderen Kaliber ist da schon das Ende, als Bill dann auch erkannt hat, wer Ryan in Wirklichkeit ist und sich so vor die Wahl gestellt sieht...
Fazit:
Dank Lee Van Cleefs Performance und die interessant zu verfolgende Beziehung der beiden Hauptfiguren heben „Von Mann zu Mann“ ins gute Mittelfeld. Trotz spannender Momente und eines tollen Abschlusses soll es zu mehr nicht ausreichen, da Petronis Inszenierung nun wirklich nicht über das Prädikat „Solide“ hinauszukommen vermag, bisweilen auch gern schlicht kopiert (Die Szene mit dem Barkeeper, bei dem er sich erkundigt, erinnert beispielsweise sehr stark an einen gewissen Leone-Film mit Clint Eastwood...), Morricone „nur“ Standard abliefert und John Phillip Law blass bleibt. Freunde des Italo-Western machen hier insgesamt aber keinen Fehler und können sorglos den interessierten Blick wagen.