Henry teilt sich mit seinem alten Knastkumpan Otis eine schäbige Wohnung in einem heruntergekommenen Viertel in Chicago. Was Otis weiß: Henry arbeitet tagsüber als Kammerjäger. Was Otis nicht weiß: so wie andere abends fernsehen bringt Henry in seiner Freizeit wahllos Leute um einfach so, aus Langeweile und zum Zeitvertreib. Als Otis Schwester Becky dann aber überraschend einzieht, ist es vorbei mit dem schweigsamen Nebeneinander der beiden Männer. Henry öffnet sich zusehends und findet bald in Otis einen mehr als willigen Schüler.
Dieses zur damaligen Zeit aufsehenerregende Regie-Debüt von John McNaughton (Wild Things) zählt wohl ganz eindeutig zu den Klassikern unter den Serienkiller-Verfilmungen und verfehlt auch in der heutigen Zeit immer noch nicht seine größtenteils verstörende Wirkung auf den Zuschauer. Die Geschichte basiert auf dem Leben des Serienkillers Henry Lee Lucas und offenbart einen tiefen Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. Mit einem geschätzten Budget von ca. 111.000 $ zählt dieses Werk zu den Low Budget Produktionen, was sich in diesem Falle als absoluter Vorteil herausstellt. Es offenbart sich nämlich kein Hochglanz-Werk im typischen Hollywood-Look, sondern vielmehr ein Szenario das mit seiner schmierigen-und dreckigen Optik den Betrachter sofort für sich gewinnen kann und ihm ein authentisches Bild von Henry's Leben aufzeigt, das ganz offensichtlich in vollkommener Tristesse stattfindet. So gibt es im Prinzip auch überhaupt nichts in diesem Film das man auch nur annähernd als schön bezeichnen könnte, eine heruntergekommene und total versiffte Wohnung sowie eine nicht gerade noble Wohngegend sind ganz eindeutige Indizien dafür. Auch ansonsten hat McNaughton sehr wohl darauf geachtet, eine düstere-und extrem beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die einem von der ersten Minute an wie eine bleierne Last auf die Schultern drückt.
Zu Beginn der Story wird man sofort mit Henry konfrontiert, der scheinbar ziellos im Auto durch die Straßen von Chikago fährt und bekommt immer wieder Einblendungen einiger seiner toten Opfer präsentiert. Die Morde an sich werden dabei zunächst nicht ins Bild gesetzt, sondern lediglich die Leichen einiger junger Frauen, wobei die wuchtigen Bilder in akustischer Hinsicht mit den Todesschreien der Opfer untermalt sind. Damit ist sofort der Weg für eine deprimierende und gleichzeitig verstörende Grundstimmung geschaffen, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Geschehen zieht. Die dadurch entstehende Beklemmung beim Zuschauer ist bis zum bitteren Ende unmöglich abzustreifen und verstärkt sich sogar mit zunehmender Laufzeit immer mehr. Man befindet sich phasenweise in einem regelrechten Schockzustand, denn die Ereignisse werden immer intensiver und es hält zudem ein äußerst hoch angesiedelter Härtegrad Einzug in das Szenario. Denn nachdem Henry seinen Kumpel Otis fast wie einen wissbegierigen Schüler unter seine Fittiche genommen hat, gehen die beiden gemeinsam auf die Pirsch, um ziemlich wahllos irgendwelche Menschen zu töten. Nun werden auch die jeweiligen Morde in Szene gesetzt, die dabei von den beiden sadistischen Killern gefilmt werden, um immer eine Erinnerung an ihre kranken Taten zu haben.
Während Henry insbesondere durch eine erschreckende Eiseskälte ins Auge fällt, lässt Otis echte Freude an den Morden erkennen und die Abläufe lassen immer krankere und perverse Züge erkennen. Die Kills wurden knallhart und brutal in Szene gesetzt, dennoch bin ich persönlich der Meinung das die eigentliche Härte sich im Kopf des Betrachters abspielt. Die expliziten Gewaltdarstellungen an sich sind zwar schon ein Tiefschlag in die Magengrube, doch die Selbstverständlichkeit mit der hier 2 Psychphaten andere Menschen töten, steigert das Ganze noch einmal ganz erheblich. Das ist in erster Linie auch dem fantastischen Schauspiel der beiden Hauptdarsteller zu verdanken, denn wenn man es nicht besser wüsste würde man glatt denken, das die beiden sich selbst spielen. Michael Rooker (Henry) und Tom Rowles (Otis) liefern hier eine Performance ab die ihresgleichen sucht, denn besser kann man wohl kaum Serienkiller darstellen. Ganz ehrlich gesagt war für mich persönlich sogar die Figur des Otis das absolute Highlight, denn der gute Mann hat nicht nur sichtliche Freude daran andere Menschen zu töten, gleichzeitig scheinen auch seine sexuellen Vorlieben in mehrere Richtungen zu gehen. Entsteht einerseits in manchen Passagen der Eindruck eines Homosexuellen, so schreckt er auch nicht davor zurück, seine eigene Schwester Becky zu vergewaltigen, was zum Ende der Geschichte die Gewaltspirale ganz extrem noch oben schraubt. Aufgestaute Aggressionen kommen nun endgültig zum Ausdruck und die Geschichte endet in einem furiosen Showdown, der zusätzlich sehr tragische Züge trägt.
John McNaughton hat mit "Henry - Portrait of a Serial Killer" einen absolut zeitlosen Klassiker geschaffen, der auch in der heutigen zeit immer noch genug Gesprächsstoff bietet. Sicherlich gibt es unzählige Filme, in denen Morde noch weitaus blutiger dargestellt sind, doch hier ist es ganz eindeutig die Gesamt-Inszenierung, die an Brutalität kaum zu überbieten ist. Grandios agierende Darsteller, eine düstere Optik und eine herausragend beklemmende Atmosphäre sind die ganz großen Stärken eines Filmes, der einen mit der Wucht eines Keulenschlages regelrecht umhaut. So ist es auch jeder Zeit nachzuvollziehen, das dieses Werk zur damaligen Zeit für sehr viel Aufsehen und kontroverse Diskussionen gesorgt hat, offenbart sich doch ein extrem harter Film, den man letztendlich nicht so leicht verdauen kann. dank "Bildstörung ist dieses fantastische Werk nun endlich auch in einer seiner Qualität entsprechenden Veröffentlichung erhältlich, so das sich eine Anschaffung auf jeden Fall lohnt. Selbst man man die DVD der Red Edition besitzen sollte, rate ich persönlich unbedingt dazu aufzurüsten, denn bei vorliegender VÖ sind wie eigentlich immer jede Menge Extras enthalten.
Fazit:
"Henry - Portrait of a Serial Killer" war-und ist ein absolut schockierender Film, der auch nach über 25 Jahren rein gar nichts von seinem reiz und seiner unglaublichen Faszination eingebüßt hat. Die Mischung aus visueller-und psychischer Härte hinterlässt einen sehr nachhaltigen Eindruck beim Zuschauer, der nach der Sichtung des Filmes nicht sofort wieder zur Tagesordnung übergehen kann, sondern das Gesehene erst einmal verdauen muss.
10/10