Dies ist der erste sozialkritische Horrorfilm, den ich gesehen habe und ich kann euch sagen, wenn ihr "Mann beißt Hund" (Belgien 1992) mochtet, werdet ihr "Henry" lieben! Er beruht auf einem Geständniss des Massenmörders Henry Lee Lucas, der angeblich 600 Morde begangen haben soll.
Der sympathische, ruhige Henry wohnt mit seinem Freund Otis in einer heruntergekommenen Chicagoer Wohnung. Ein bisschen Abwechslung in das Leben der beiden bringt da Otis' Schwester, die sich vor kurzem von ihrem Mann getrennt hat, und bei den beiden Unterschlupf sucht. Sofort kommen sich Henry und Otis' Schwester näher. Doch die Idylle trübt etwas. Henry geht nachts seinem Zwang nach, Menschen zu töten. Auch Otis findet schnell Gefallen daran, vor allem Frauen zu töten. Zusammen gehen sie mit einer Videokamera durch Chicago und ziehen eine blutige Spur hinter sich her, alles auf Videokamera gebannt. Bis Henry herausfindet, dass Otis mit seiner Schwester ein bisschen mehr vorhat, als sie nur zu beherbergen....
Mit diesem Film packt Regisseur John Mc Naughton ein heißes Eisen an. Er zeigt das Leben eines Serienkillers mit all seinen Details und den Fantasien des Killers. Gleichzeitig will er eine Gesellschaftskritik mit dem Streifen herüberbringen, die allerdings nur schwer übermittelt wird. Sie will uns sagen, dass in jedem Menschen ein Henry steckt, der,wenn er ausreichend gereizt wird, auch ausbrechen kann. Wer sich nicht richtig mit "Henry" befasst, wird den Film als pervers einstufen. Doch das ist meiner Meinung nach falsch, denn obwohl der Film relativ unbekannt ist, ist er ein Meisterwerk des Genres, das sich nicht hinter anderen Hammerfilmen verstecken braucht. "Henry" hat relativ wenig Splatterszenen, wenn ich richtig gezählt habe, sind es gerade mal 4, in denen es aber sehr zur Sache geht, z.B. zerstückelt Henry in einer Szene einen Menschen. Dies sieht man zwar nicht direkt, aber wenn man den Ton an dieser Stelle mal ein bisschen aufdreht, hört man das Blut durch den Abfluss der Badewanne fließen, und das ist widerlicher als jede bluttriefende Splatterszene, denn wie uns "The Blair Witch Project" zeigte, spielt sich der größte Horror im Kopf ab.
Wenn ihr Henry irgendwo mal finden solltet, egal ob cut oder uncut, das spielt in diesem Fall keine Rolle, schaut ihn euch an, und schmeißt ihn nicht gleich danach mit den Worten "So ein perverser Mist!" in die Ecke, sondern befasst euch mit ihm und gebt dieser "Gesellschaftskritik" eine Chance!